Fehlende Software-Updates Zum Start der elektronischen Patientenakte läuft noch nicht alles rund

Es ist im Gesundheitswesen eine Revolution: Die elektronische Patientenakte kommt. Ab sofort sollen Arztpraxen, Apotheken und Krankenhäuser darauf Zugriff haben. Tatsächlich läuft die Einführung der Akte allerdings eher schleppend.

Ein Aufsteller auf der Straße mit einem Plakat mit der Aufschrift "Die ePA für alle". Im Hintergrund ein Auto und eine Passantin (unscharf)
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Elektronische Patientenakte am Start – auch in Hessen

Ein Arzt im Gespräch mit einer Patientin.
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Die elektronische Patientenakte funktioniert wie ein digitaler Ordner. Ob Arztbrief, Operationsbericht oder Laborergebnis: Alle gesundheitsrelevanten Dokumente sollen hier gespeichert werden, auch eine Übersicht über die Medikamente, die jemand nimmt. Später sollen etwa noch Röntgenbilder und Impfungen dazu kommen.

Diese digitalen Akten sollten beispielsweise Ärzte ab sofort öffnen und auch füllen können, sobald sie die Gesundheitskarten von Patienten auslesen. Die Akten sind nicht direkt darauf gespeichert, sondern auf Servern in Deutschland. Aber um Einblick in die Akten zu bekommen, braucht es in den Praxen ein Software-Update.

Als erstes nur eine Fehlermeldung

Das Update hatte die bundeseigene Digitalagentur Gematik für Dienstag angekündigt. Der Wiesbadener Hausarzt Christian Sommerbrodt, zugleich Vorsitzender des Hausärzteverbandes Hessen, hat darauf bereits gewartet. "Erst gab es auf meinem Computer nur eine Fehlermeldung, dass die Funktion noch nicht aktiviert ist", berichtet er. Mit einigem Aufwand konnte er das IT-System in seiner Praxis schließlich doch noch entsprechend aktualisieren.

Andere Praxen haben laut Sommerbrodt das Update dagegen noch nicht erhalten. Bis es in allen hessischen Arztpraxen auf den Rechnern installiert sei, werde es Monate dauern, schätzt er. Und da es zahlreiche verschiedene Systeme gebe, sei für jedes eine eigene Lösung entwickelt worden – die mal luxuriös, mal ungenügend sei.

Die Krankengeschichte auf einen Blick

Bisher können die Ärzte die digitalen Akten freiwillig nutzen. Ab Oktober sind sie dazu verpflichtet. Ein klarer Vorteil ist für Sommerbrodt, dass Krankengeschichten so leichter geteilt werden könnten. "Wichtig ist das vor allem für besonders kranke Menschen, die von mehreren Ärzten behandelt werden", sagt der Verbandssprecher. Doppelte Untersuchungen könnten vermieden werden und Wechselwirkungen zwischen Medikamenten.

Einen Einblick in elektronische Patientenakten sollen nicht nur Ärzte haben, sondern auch Apotheken. In der Arnsburg-Apotheke in Frankfurt funktioniert das bereits. Aber man sehe nur die Liste der Medikamente, die Patienten einnehmen, meint die Leiterin Leandra Maier: "Welche Dosierung die Ärzte empfehlen, also die Medikationspläne, fehlen in der Akte." Diese Informationen seien allerdings wichtig.

Die elektronische Patientenakte hat Lücken

Digital auffindbar sind laut Maier auch nur Medikamente, die auf E-Rezepten verschrieben wurden, nicht aber diejenigen auf Papierrezepten. Dazu würden Betäubungsmittel, wie etwa starke Schmerzmittel, zählen. Insofern begrüßt auch der hessische Apothekerverband grundsätzlich die Einführung der digitalen Akte, hält diese aber noch für lückenhaft.

In der Frankfurter Uniklinik steht das Software-Update auch noch aus. Dabei versprechen sich die Ärzte hier von den elektronischen Patientenakten sogar noch mehr, weil sie oft komplexe Fälle, die sich über Jahre hinziehen, zu behandeln haben. "Dann müssen Patienten keine dicken Aktenordner mehr mitbringen", sagt Michael von Wagner, bei der Uniklinik Digitalisierungsexperte: "Und wir müssen uns die Unterlagen nicht mühsam raussuchen und einscannen."

Wie sicher ist die elektronische Patientenakte?

Große Diskussionen gab es vor der Einführung der digitalen Akte um deren Sicherheit, auch angesichts immer neuer Hackerangriffe. So einen hat die Uniklinik Frankfurt bereits erlebt. Trotzdem hält von Wagner die Gesundheitsdaten der Patienten für gut geschützt: "Nur Ärzte und Heilberechtigte sind in der Lage, sich mit ihren Ausweisen überhaupt in dem System anzumelden", so Wagner. Außerdem seien alle Unterlagen verschlüsselt, selbst wenn sie jemand herunterladen würde, sei er nicht in der Lage, sie zu lesen.

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Während viele gesetzlich Versicherte die digitale Akte nützlich finden, sorgen sich manche trotzdem um ihre Daten: "Ich bin der elektronischen Patientenakte skeptisch gegenüber", sagt beispielsweise Steffen Bannert aus Wiesbaden: "Deshalb habe ich bei meiner Krankenkasse Widerspruch eingelegt."

Versicherte können sich die Akte selbst ansehen

Bei der AOK Hessen haben beispielsweise weniger als drei Prozent der gesetzlich Versicherten widersprochen. Bei der Techniker Krankenkasse in Hessen waren es immerhin sieben Prozent. Haben gesetzlich Versicherte bei ihrer Krankenkasse keinen Widerspruch eingelegt, haben sie mittlerweile automatisch eine elektronische Patientenakte bekommen.

In die können sie auch selbst einen Blick werfen, etwa am Computer oder über eine App ihrer jeweiligen Krankenkasse. Allerdings müssen sie sich dafür vorher registrieren. Übrigens können sie auch selbst gerade ältere Dokumente einfügen und damit ihre elektronische Patientenakte nach und nach vervollständigen.

Sendung: hr-fernsehen, hessenschau,

Quelle: hessenschau.de