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Weltkulturen Museum setzt sich mit Raubkunst auseinander

Das Bild zeigt sogenannte Benin Bronzen im Weltkulturen Museum in Frankfurt

Jahrzehntelang lagen sie im Museumsarchiv, bis im vergangenen Sommer aktiv zu ihrer Herkunft geforscht wurde. Nun zeigt das Weltkulturen-Museum in Frankfurt erstmals seine gesamte Sammlung an Werken, die vermutlich dem Königreich Benin geraubt wurden.

Es sind kunstvoll gearbeitete Objekte, die das Weltkulturen-Museum in seiner neuen Ausstellung "Benin" zeigt: ein lebensgroßer Hahn, Reliefbilder, ein Zeremonienstab, Glöckchen. Die größtenteils aus Messing gefertigten Objekte geben einen Einblick in das Leben im Königreich Benin vor etwa 500 Jahren, in Zeremonien und Hierarchien am Königshof - und in ein Verbrechen.

Mindestens zwei der 57 Objekte wurden nämlich in einer sogenannten Strafexpedition britischer Soldaten geraubt und nach Europa gebracht. Die Truppen zerstörten 1897 das Königreich, das über Jahrhunderte hinweg als eines der militärisch und politisch einflussreichsten Staatsgebilde an der Küste Westafrikas galt, und verleibten es ihrem Protektorat Nigeria ein. Bei der Plünderung des Königspalasts sollen mehrere tausend Kunstgegenstände erbeutet und an europäische Museen verkauft worden sein.

Erstmals gesamte Sammlung ausgestellt

Das Bild zeigt sogenannte Benin Bronzen im Weltkulturen Museum in Frankfurt

Das Weltkulturen-Museum zeigt nun erstmals alle Objekte der eigenen Sammlung, die dem Königreich Benin zugeordnet werden können. Originale Inventarkarten und Info-Texte erklären, was man über die Herkunft und Bedeutung der Ausstellungsstücke weiß.

Die meisten Werke seien zwischen 1904 und 1911 ins Museum gekommen und damit in den Besitz des Museumsträgers, die Stadt Frankfurt, übergegangen, sagt Kuratorin Julia Friedel. Damals sei man stolz gewesen, derartige Zeugnisse afrikanischer Hochkultur zu besitzen. Wie die sogenannten Benin-Bronzen nach Frankfurt gekommen sind, sei damals nicht so wichtig gewesen.

Bundesregierung: Raubkunst zurückgeben

Das ist mittlerweile anders: Im vergangenen Jahr entschied die Bundesregierung, dass derartige Raubkunst an die Besitzer zurückgegeben werden muss. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock und Kulturstaatsministerin Claudia Roth (beide Grüne) gaben einige Benin-Bronzen höchstpersönlich zurück.

In Nigeria sollte für die Stücke ein spezielles Museum gebaut werden. Im Mai dieses Jahres kündigte der scheidende Staatspräsident allerdings an, das zurückgegebene Raubgut stattdessen an das Oberhaupt der früheren Königsfamilie Benins, den Oba, übergeben zu wollen. Kritiker fürchteten deshalb, die Kunstgegenstände würden in seinem Privatbesitz verschwinden oder nicht adäquat gelagert werden.

"In Nigeria findet man diese Diskussion unehrlich und in Teilen rassistisch", sagt die ARD-Korrespondentin für Westafrika, Dunja Sadaqi. Die Haltung vor Ort sei klar: Bei der Rückgabe von brutal gestohlenen Objekten könne Deutschland nicht bestimmen, was die ursprünglichen Besitzer mit ihrem Eigentum machten.

Nigeria soll Sammlungen überprüfen

Das Frankfurter Kulturdezernat hält trotz der Kritik an der Linie der Bundesregierung fest. "Im Falle der Stücke aus eindeutig belegtem Gewaltkontext soll der Empfehlung von Bund und Auswärtigem Amt gefolgt werden, die das vertragliche Aushandeln einer Eigentumsübertragung an Nigeria vorsieht", teilte das Dezernat auf hr-Anfrage mit.

Das Bild zeigt sogenannte Benin Bronzen im Weltkulturen Museum in Frankfurt

Über den Umgang mit weiteren potenziell geraubten Objekten solle mit den zuständigen nigerianischen Partnern verhandelt werden. Zunächst würden nigerianische Fachleute aber große Benin-Sammlungen etwa in Berlin, Hamburg und Stuttgart begutachten. Die Sammlung des Weltkulturen-Museums soll im Anschluss daran untersucht werden.

Stadt macht Ausstellung kostenlos

Und auch dann, so vermutet das Kulturdezernat, muss womöglich nicht alles zurückgegeben werden. "Eine Eigentumsübertragung würde nicht bedeuten, dass alle Objekte zurückgehen", hieß es in der Mitteilung. Schließlich habe Nigeria bereits "die Möglichkeit verbleibender Dauerleihgaben in Aussicht gestellt".

Sicher ist: Die Benin-Ausstellung im Weltkulturen-Museum gibt noch bis zum 24. September die Möglichkeit, sich mit Raubkunst und dem Königreich Benin auseinanderzusetzen. Und zwar kostenlos - "um die Frankfurter Bürgerschaft, eigentlich Besitzerin der Sammlung, möglichst schwellenlos zu informieren und der afrikanischen Diaspora entgegenzukommen", so das Kulturdezernat.

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