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Barbara Klemm im Historischen Museum in Frankfurt

Eine ältere Frau mit grünem Schal steht vor einem großen schwarz-weiß-Foto

Als Fotografin der FAZ hat Barbara Klemm seit den 1960er Jahren die deutsche Gesellschaft beobachtet. Jetzt zeigt das Historische Museum ihre spannendsten Aufnahmen aus Frankfurt. Hier erzählt sie die Geschichte hinter ihren Bildern.

Sie ist eine der bekanntesten Fotografinnen Deutschlands: Barbara Klemm. Das Historische Museum in Frankfurt widmet ihr jetzt eine Einzelausstellung mit 250 Fotos. Die Schau "Barbara Klemm - Frankfurt Bilder" richtet erstmals einen Fokus auf die Bilder, die in ihrer Heimatstadt entstanden. Untergliedert ist sie in 19 Bereiche, von der "Studentenbewegung" über "Leben auf der Straße" bis hin zu "Bühne und Baustelle".

Karrierebeginn im Fotolabor

Geboren in Karlsruhe, kommt die Tochter des Künstlerpaares Fritz und Antonia Klemm als 19-Jährige nach Frankfurt und arbeitet zunächst im Fotolabor der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Bald beginnt sie, selbst zu fotografieren. Sie ist stets ohne Blitz und Stativ unterwegs und fängt gekonnt Menschen in Interaktion ein, Unbekannte wie auch Prominente.

Ihre Schwarz-Weiß-Fotos von Aufmärschen der NPD im Bundestagswahlkampf 1969, die Aufnahmen von Theodor W. Adorno, Max Horkheimer und der Studentenproteste in Frankfurt machen sie bald international bekannt, die FAZ bietet ihr eine Stelle als Redaktionsfotografin an.

Unterwegs in der Welt, zuhause in Frankfurt

Klemm arbeitet 35 Jahre lang für die Zeitung und ist mit ihrer freundlichen, interessierten Art und ihrer kleinen Kamera in einer weichen Tasche in der ganzen Welt unterwegs. Heute gilt die 83-Jährige als bekannteste deutsche Bildreporterin.

Für hessenschau.de hat sie die Geschichte hinter ihren Bildern erzählt.

Schwarz-weiß-Fotografie: Eine große Gruppe von Menschen steht einer Reihe von behelmten Polizisten gegenüber

Vor der Universität, 1968

Die Zeit, die meinen Mann und mich besonders geprägt hat, war die Studentenbewegung. Das war eine heiße Zeit, von der ich jetzt aber froh bin, dass sie vorbei ist.

Dieses Bild zeigt eine Konfrontation zwischen der Polizei und den Studenten. Die haben dagegen protestiert, den persischen Stundenten Ahmad Taheri auszuweisen, wozu es dann auch nicht gekommen ist.

Ich konnte nur so gut beide Seiten festhalten, weil ich in die Uni rein bin und vom zweiten Stock aus fotografiert habe. Die Studenten haben später noch die Polizei mit einem Wasserschlauch nassgespritzt, die wiederum haben Wasserwerfer eingesetzt.

Ein sehr dicker Mann mit weißem T-Shirt und einem Helm, im Hintergrund weitere Männer mit Helmen

Saalschutz der NPD, Cantate-Saal, 1969

Das Foto zeigt Saalschützer einer NPD-Veranstaltung beim Bundestags-Wahlkampf. Das Bild der Helm tragenden NPD-Ordner erschien am 28. Juli 1969 im Lokalteil der FAZ, wurde dann vom Magazin "Der Spiegel", der französischen Zeitschrift "Paris Match" und der britischen Zeitung "The Observer" gedruckt.

Dadurch wurden Klemms Fotos europaweit bekannt, wenig später erhielt sie eine Festanstellung bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, wo sie für die Bereiche Politik und Feuilleton zuständig war. Der damalige Außenminister Walter Scheel sagte später, Barbara Klemms Fotos seien mit dafür verantwortlich, dass die NPD die Fünfprozent-Hürde nicht erreichte.

Schwarz-weiß-Fotografie: Gruppe von Männern im Wald im Gespräch, am rechten Bildrand liegt eine Leiche

Mord im Stadtwald, 1974

Das Bild ist am ersten Januar entstanden. Es sei ein Mord passiert, ich müsse sofort in den Stadtwald fahren, sagte mir die Redaktion am Telefon. Wir waren noch ein bisschen verkatert vom Silvester feiern.

Auf dem Foto habe ich versucht, nicht nur die Tote zu fotografieren, sondern die ganze Szenerie in den Blick zu nehmen. Wichtig für ein gestaltetes Bild ist, eine gute Komposition zu haben. Fünfzehn Jahre später ist übrigens herausgekommen, dass es der Ehemann war, der seine Frau getötet hat.

Schwarz-weiß-Fotografie: drei bärtige Männer schieben Kinderwägen

Väter im Palmengarten, 1979

Das Bild dieser drei Papas ist das Beiwerk einer Orchideenschau im Palmengarten. Bei so was kann man gar nicht vorher fragen. Ich habe früher vorher nie um Erlaubnis gebeten, ein Foto machen zu dürfen. Ich finde es einen großen Verlust, dass heute sofort jemand kommt und sagt: Sie müssen das Foto löschen, während gleichzeitig im Internet alles Mögliche ungefragt hochgeladen wird.

Schwarz-weiß-Fotografie: Links eine Front von Polizisten mit Helm, rechts Demonstranten

Demonstration gegen die Startbahn West, 1981

Das Bild zeigt die Gegner der Startbahn West auf der einen und die Polizei auf der anderen Seite. An der Komposition des Bildes gefällt mir gut, dass die beiden unterschiedlichen Lager so gut erkennbar sind und dass die Helme der Polizisten eine Schlangenlinie bilden.

Ich wollte nicht zwischen die Fronten geraten und bin schließlich auf das Dach von einem VW-Bus geklettert. Es ist immer gut, ein bisschen erhöht außerhalb des Geschehens zu sein für ein gutes Foto, so hat man einfach einen besseren Blick darauf.

Schwarz-weiß-Fotografie: Ein Mann mit weißem Haarschopf vor dem Ölgemälde "Goethe in der Campagna"

Andy Warhol im Städel Museum, 1981

Das Bild von Andy Warhol konnte ich nur machen, weil ich privat oft ins Museum gegangen bin und immer meine Kamera dabei hatte. Im Städel Museum habe ich eines Tages einen Mann entdeckt, der so aussah wie Andy Warhol. Klaus Gallwitz, der damalige Leiter des Museums, hatte dem amerikanischen Künstler gerade die Bonbons des Städels gezeigt. Sonst war nur ein Kollege von der "Frankfurter Neuen Presse" da, der mich netterweise bei seinem Termin hat mit fotografieren lassen.

Bei Portraitaufnahmen war es mir immer wichtig, sie alleine zu machen. Meistens habe ich wenig gesagt und arrangiert, das Wichtigste war, sich zurückzunehmen. Wobei man nach einer Stunde völlig erschöpft ist davon, sich zurückzunehmen.

Schwarz-weiß-Fotografie: Skyline Frankfurts, im Vordergrund Bahngleise

Skyline mit Hauptbahnhof, 2023

Frankfurt hat mich geprägt, ich lebe mittlerweile seit 65 Jahren hier. Wenn man durch die Ausstellung geht, zeigt sie das Leben von meinem Mann und mir. Was die Gestaltung der Plätze angeht, hat sich die Stadt zum besseren entwickelt. Einer meiner Lieblingsplätze ist der Opernplatz.

Die Neugestaltung der Altstadt hat mich nicht überzeugt. Es gibt ein tolles Kulturangebot in der Stadt. Gleichzeitig schämt man sich, wenn man Teile des Bahnhofsviertels sieht.

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