Haftbefehl auf der Bühne

Rapper Haftbefehl hat mit einem großen Konzert in der Frankfurter Jahrhunderthalle am Freitagabend in seinen 38. Geburtstag reingefeiert. Mit dabei waren weitere Größen aus der Szene wie Marteria oder Farid Bang. Durchweg überzeugen konnte die Show aber nicht.

Zum offiziellen Start des Konzertes um 21 Uhr war die Frankfurter Jahrhunderthalle nur halb gefüllt. Auf der Bühne ein einsamer DJ vor mehreren Videowänden – einer seiner "Brudis", wie er seine Freunde und Kollegen nennt. Ungeduldige Blicke und Fragen aus dem Publikum: "Wo bleibt der denn?"

Geplant war etwas Großes. Der "Haftbefehl Bday Bash. Block 069 & Special Guests" oder – anders ausgedrückt – ein Geburtstagskonzert des in Offenbach geborenen Rappers. Angekündigt waren Überraschungsgäste und ein gemeinsames Reinfeiern in "Haftis" 38. Geburtstag.

Spät, aber er kommt  – und spielt Dr. Dre und Eminem

Dann, eine halbe Stunde später, die große Erleichterung: Haftbefehl tanzt zum Reggaeton-Song "Calm Down" von Rema auf die Bühne – mit weißen Turnschuhen, Jogginghose, grüner Bomberjacke und einer großen schwarzen Umhängetasche. Begleitet zusätzlich von einem Kamera- und Fotografenteam.

Rapper Haftbefehl mit Kameramann auf der Bühne

Direkt wirft Haftbefehl Süßigkeiten in die Menge. "Was geht, Frankfurt? Geht's euch gut? Ich hab' viele Überraschungen für euch!" Die Jahrhunderthalle ist mittlerweile komplett gefüllt, dicht beisammen stehen die überwiegend sehr jungen Fans, die jubelnd antworten.

Aykut Anhan, wie Haftbefehl bürgerlich heißt, lässt auf seine eigenen Werke aber vorerst warten. Für die Stimmung spielt er Hip-Hop-Klassiker wie "Still D.R.E" von Dr. Dre oder "Lose Yourself" von Eminem.

Orga hat den Laden nicht im Griff

Dass sich der Konzertstart verzögert hat, scheint weniger an Haftbefehl selbst als an der Organisation gelegen zu haben. Schon beim Einlass zeigte sich eine verworrene Menschenschlange, die bis weit auf den Parkplatz reichte.

Wer dann drinnen noch Plätze auf den Rängen ergattern wollte, hatte Pech. Kurz nach Konzertbeginn wurden diese gesperrt, alle Plätze seien besetzt. "Meine Gruppe sitzt da aber schon, kann ich jetzt nicht zu denen?", fragt ein blonder Hafti-Fan. Der Securitymann schüttelt den Kopf – und lässt ihn nach kurzer Diskussion doch durch. Denn hinter dem Fan laufen mehr Konzertbesucher mit dem gleichen Problem auf.

"Leute, wie findet ihr meinen Pullover?"

Eine gute Dreiviertelstunde nach offiziellem Konzertbeginn legt Hafti dann mit eigenen Titeln los. Er startet mit "1999, Pt. I" oder "Schmeiß den Gasherd an" – eher unbekanntere Nummern. Die Stimmung im Raum wird ausgelassener, trotz voller Halle wird angefangen zu tanzen.

Zwischendurch animiert Haftbefehl seine Fans immer wieder: "Macht mal alle das Handylicht an, jetzt kommt mal was Ernsteres." Oder er fragt die Fans, wie sie seinen Pullover finden. "Da steht 'Family First' drauf. Weil ich brauche meine Familie, Frankfurt ist meine Familie, ihr seid meine Familie!" Das wirkt authentisch und schafft endlich eine Nähe zu seinem Publikum.

Zu seinem Gesundheitszustand und warum er im vergangenen Jahr seine "Schwarzweisse Tour" ersatzlos absagen musste, sagt er nichts. Für das kommende Jahr kündigt er eine Tour an.

Der Chef hat Bock zu tanzen – auch zu Michael Jackson

Halten konnte Haftbefehl die Stimmung aber bei weitem nicht den ganzen Abend über. Plötzlich wird "Billie Jean" von Michael Jackson gespielt, weitere Pop-Songs folgen, die sein DJ abfeuert. Hafti selbst animiert das teils irritierte Publikum: "Ich hab halt Bock zu tanzen, ich hab doch vorher gesagt, ich will tanzen!" Um ihn herum wirbeln weiterhin Kamerateams und Fotografen.

Ein Fan ist sichtlich wütend. "Ich liebe Hafti, aber was soll das denn jetzt? Wird jetzt eine Netflix-Doku gedreht, oder was? So ein Mist, ich gehe heim."

Die 20-jährige Lilly ist extra aus Berlin für Hafti angereist, sie bewegt lächelnd im Takt ihren Arm, scheint Spaß zu haben. Auf Nachfrage aber erzählt sie: "Ehrlich gesagt bin ich enttäuscht. Ich bin gekommen, um Haftbefehl zu hören! Und vieles, auf das ich mich gefreut habe, kam noch gar nicht."

Happy Hafti to you

Gegen Mitternacht jedoch nimmt die Stimmung wieder Fahrt auf. Bekanntere Titel wie "Sommernacht in Offenbach" werden gespielt, die Bühne füllt sich immer mehr mit Freunden und Rappern aus Haftis Umfeld, teils im Gangsterstyle mit Tuch und Sonnenbrille vor dem Gesicht. Um Mitternacht ist die Stimmung dann wohl auf dem Höhepunkt.

Ein Geburtstagskuchen mit Wunderkerzen wird hereingebracht, alle gemeinsam singen "Happy Birthday". Haftbefehls kleiner Sohn gratuliert auf der Bühne.

Marteria und Farid Bang als Überraschung

Als Special Guests zaubert Haftbefehl mit Materia und Farid Bang noch zwei Stars auf die Bühne. Gemeinsam performen sie mit Haftbefehl, reißen das Publikum in jeder Ecke des Raumes mit.

Und spätestens als dann endlich die großen Klassiker wie "Chabos wissen, wer der Babo ist" oder "069" gespielt werden, scheint die gesamte Jahrhunderthalle mit Gänsehaut bebend den Brudi zu feiern. In diesem Moment sind die schleppenden Passagen des langen Abends eher vergessen.

Feuerfontänen an der Bühne

Starkes Ende, aber keine Zugabe

Gegen halb eins verabschiedet sich Haftbefehl dann von der Bühne, schnell und mit einem dicken Dankeschön an alle "Bühnen-Brudis" und alle Fans. Das Licht geht an. Ungefähr die Hälfte der Gäste macht sich los nach draußen, die andere Hälfte ruft verhalten nach einer Zugabe. Als nach fünf Minuten nichts mehr kommt, leert sich der Saal schnell.

Am Ausgang steht Lilly, die junge Berlinerin. "Ich dachte echt, da kommt noch was! Viele Titel habe ich vermisst." Cool war es für sie trotzdem, weil sie Haftbefehl mal live gesehen hat. Haftbefehl beeindruckt und kann die Menschen mit seiner bodenlosen Ehrlichkeit und Authentizität mitreißen, das hat er bewiesen. Warum er sich damit in der Jahrhunderthalle bis fast zum Schluss Zeit gelassen hat, ist fraglich.