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DAM-Ausstellung wirbt für Bauen mit Bestand

Bildkombination aus zwei Fotos: links das Gebäude vor und rechts nach dem Umbau

Mit der Ausstellung "Nichts Neues. Besser Bauen mit Bestand" zeigt das Deutsche Architekturmuseum im Frankfurter Ostend 24 gelungene Beispiele für ressourcenschonende Umbauten. Dabei steht das derzeitige Ausstellungsgebäude des DAM selbst vor dem Abriss.

Sehr cool sieht er aus – der Aufbau aus orangenem Wellblech, der ein altes Backsteingebäude im schweizerischen Winterthur um drei Etagen erweitert. Die Fenster haben unterschiedliche Größen und Formen und machen die Fassade lebendig.  

Aufbau mit orangefarbener Fassade auf einem Backstein-Gebäude

Der Clou: Der Großteil der Materialien ist wiederverwertet. Stahlträger, Trapezblech und Aluminium-Fenster waren schon in anderen Gebäuden verbaut. Ergänzt wurde mit natürlichen Baustoffen wie Lehm, Stroh und Holz. Laut den Architektinnen des Züricher Baubüros in situ konnten so rund 60 Prozent CO2-Emissionen vermieden werden.  

Bauen belastet das Klima 

Ein Beispiel, mit dem das Kuratorinnenteam Katharina Böttger, Mathias Schnell und Jonas Malzahn zeigen wollen, dass es oft besser ist, Gebäude umzubauen, zu renovieren oder zu erweitern anstatt sie abzureißen und etwas Neues hinzustellen.  

Denn Bauen erzeugt viele Treibhausgase. Rund 40 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen gehen auf den Bau und Betrieb von Gebäuden zurück. Wenn die Klimawende gelingen soll, dann brauche es auch eine Bauwende, sagt Katharina Böttger, und da müsse auch die Bauindustrie mitspielen: "Es kann nicht sein, dass so viel abgerissen und weggeschmissen wird."

Technologisierung befördert Abriss und Neubau 

Also besser "Nichts Neues" bauen. Der Titel ist doppeldeutig. Denn umgebaut und angebaut wurde in der Architekturgeschichte schon immer, erinnert Mathias Schnell. Aber seit der Industrialisierung und vor allem mit zunehmender Technologisierung in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ging der Trend zu Abriss und Neubau. 

Auch ästhetisch nicht immer die richtige Entscheidung, findet Katharina Böttger: "Es macht was mit der Stadt, wenn wir mit dem Bestand arbeiten. Es ergeben sich interessante Bauten und interessante Collagen, die auch eine Form von Schönheit zeigen."

Gebäude neu interpretieren  

Und es ergeben sich völlig neue Nutzungsmöglichkeiten. Wie beim "SESC 24 de Maio" in Sao Paolo in Brasilien. Eine Non-Profit-Organisation hat das ehemalige Kaufhaus in ein Kulturzentrum umgewandelt.

Luftaufnahme eines Gebäudes mit Schwimmbad auf dem Dach inmitten einer Großstadt

Neben einem Schwimmbecken auf der Dachterrasse gibt es auf den Etagen weitere Sportmöglichkeiten, dazu eine Bibliothek, Theater, medizinische Einrichtungen und Treffpunkte. Ein Haus, das früher Konsumbedürfnisse befriedigte, hat sich an die Bedürfnisse der Gesellschaft angepasst.  

Schwimmbad zu Wohnraum, Stellwerk zu Jugendtreff 

In Barcelona wurde aus dem früheren Versammlungsgebäude einer Arbeitergenossenschaft das Theater "Sala Beckett". Beim Umbau haben die Architekten möglichst viele Details des alten Gebäudes erhalten und damit seine Geschichte bewahrt. 

In einem denkmalgeschützten Schwimmbad in Gouda in den Niederlanden wurden Wohnungen eingebaut. Das eigentliche Schwimmbecken ist jetzt  Gemeinschaftsfläche für die Bewohnerinnen und Bewohner. Und in einem leerstehenden Stellwerk der Deutschen Bahn in Wiesbaden gibt es heute einen Jugendtreff.  

DAM-Ausstellungsgebäude soll abgerissen werden   

Die Exponate in der Ausstellung verdeutlichen, wie Ausbau oder Umbau bestehende  Gebäude neu interpretieren. Wie sie optisch und funktional aufgewertet werden. Und wie dabei viel CO2 einspart wird. Die Ausstellung nimmt auch sieben Objekte in Frankfurt in den Blick, die teils von Abriss bedroht sind, darunter das Interimsquartier des Deutschen Architekturmuseums im Ostend.  

Ein Innenhof, Menschen sitzen auf Bierzelt-Garnituren

Das Gebäude oberhalb des Ostbahnhofs wurde in den 1950er Jahren von Neckermann gebaut und seit den 1960ern von der Telekom genutzt. Zur Zeit ist es von Zwischenmietern bevölkert, eine bunte Mischung aus Kreativen, Kita und Gastronomie ist entstanden. Aber 2025 soll damit Schluss sein, dann wird das Gebäude abgerissen.  

Gemeinschaft im Mittelpunkt 

Die Kuratorinnen und Kuratoren der Ausstellung wünschen sich, dass es nicht dazu kommt. Denn ein Abriss des traditionsreichen Gebäudes würde nicht nur viel Abfall und CO2-Emissionen erzeugen, sondern auch das Frankfurter Ostend weiter verändern, das seit dem Bau der Europäischen Zentralbank einen enormen Wandel erlebt.  

Ein leerstehender Saal mit offener Decke, in der Mitte steht ein grüner Sessel

"Dieses Gebäude kann das gemeinschaftliche Gefüge in den Mittelpunkt stellen. Das zeigt es gerade. Es kommen unterschiedliche Branchen und Menschen zusammen", sagt Katharina Böttger. Für sie wäre eine Mischung aus Wohnraum, Arbeitsstätten und Kultur ideal. Und damit der Erhalt des Gebäudes aus den 1950er Jahren. Mit einer Architektur, die auch für Frankfurt steht und die immer mehr verschwindet. Auch das ist nichts Neues.  

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Nichts Neues. Besser Bauen mit Bestand

Die Ausstellung geht bis zum 15. Januar 2023. Dazu gehört auch ein umfangreiches Begleitprogramm. Unter anderem kann man sich am 18. und 25. September bei Fahrradtouren zu Beispielen Frankfurter Umbaukultur führen lassen.  

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