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Projekt "Neue Kaiser" geht in die Verlängerung

Auf einer Bühne sitzen drei verkleidete Menschen, einer hält einen Rettungsring in der Hand.

In die Oper gehen - das ist etwas für ältere Leute in Abendkleidung und eine ziemlich steife Angelegenheit. Dieses Vorurteil will die Oper Frankfurt widerlegen und bespielt deshalb seit einem halben Jahr eine ungewöhnliche Location. Jetzt geht das Projekt in die Verlängerung.

An der Ecke Kaiserstraße/Neue Mainzer Straße in Frankfurt, wo früher Bankschalter, ein Laden für Designermöbel und Büros waren, hört man mittlerweile ganz neue Töne: klassische Musik aus der einen Ecke, aus der anderen Besteck- und Tellerklappern.  

Die Oper Frankfurt und die Agentur peoplegoingplaces haben in dem Gebäudekomplex ein ungewöhnliches Neben- und Miteinander von Gastronomie und Konzerterlebnis umgesetzt. Ein Zwischennutzungskonzept für die eigentlich leerstehende Immobilie, das auf fließende Übergänge statt auf räumliche Trennung setzt.

Zwischen Hippster-Kantine und Opernbühne

In einem Gebäudeteil residiert die "Frankfurter Neue Küche", eine Art hipper Kantine, die von der Grie Soß bis zum Schmorbraten einen abwechslungsreichen Mittagstisch bietet und abends für Events aller Art gebucht werden kann.

Essensausgabe, darüber ein Schild "Eat"

Nur wenige Meter weiter, in einer früheren Schalterhalle der Commerzbank und getrennt durch eine große Flügeltür, hat die Frankfurter Oper einen neuen Spielort eröffnet. Auf der banktypischen Auslegware sorgt ein eigentlich ausrangierten Bühnenboden für bessere Akustik, die Deko besteht aus Kulissen und Utensilien vergangener Opern-Inszenierungen.

Opernangebote für Einsteiger

Rund 100 Veranstaltungen der Reihe "JETZT!" finden hier in dieser Spielzeit statt. Dramaturgin Deborah Einspieler hat sie speziell für Menschen entwickelt, die bisher nichts mit Oper anfangen konnten. Für die ganz Kleinen gibt es sogenannte Babykonzerte, für Schulkinder eigene Inszenierungen am Vormittag.

Eine ganz eigene Herausforderung sind erwachsene Opern-Muffel. Das Kurzformat "Oper to go" und Workshops, bei denen man sich selbst ausprobieren kann, sollen junge Erwachsene ansprechen.

Eine barock verzierte Loge mit rotem Samt

Und eben die Lunchkonzert-Reihe "Intermezzo". Dabei ist in Zusammenarbeit mit Frankfurter Musikhochschulen jeweils eine halbe Stunde Musik von jungen Künstlerinnen und Künstlern zu hören - Musikgenuss in der Mittagspause bei freiem Eintritt.

Unerwartete Musik-Einlagen

Auch abends kann es passieren, dass sich für die Besucher des Restaurants unerwartet die Zwischentür öffnet und Livemusik nach nebenan lockt. Ein besonderer Moment, erzählt Sven Weisbrich: "Da knistert es."

Für den Betreiber des "Neue Kaiser" ist der kurze Weg zum Konzert nebenan ein Alleinstellungsmerkmal, auf das die Macher stolz seien, auch wenn die bemerkenswerte Paarung eher zufällig zustande kam.

Zufällige Paarung

Weisbrichs Agentur peoplegoingplaces bekam im Herbst 2022 von den Eigentümern Commerz Real und Tishman Speyer den Auftrag, die leerstehende Immobilie mit einem kreativen Projekt zwischenzeitlich mit Leben zu füllen, erzählt er: "Das Konzept hatte nur zwei Vorgaben. Es wäre schön, wenn ihr hier etwas macht für die Öffentlichkeit. Und außerdem zieht die Oper mit ein."

Von der Zusammenarbeit schwärmen Gastronom Weisbrich und Opern-Frau Einspieler gleichermaßen, obwohl und gerade weil es durch die lockere und transparente Atmosphäre auch schon mal zu skurrilen Situationen kommen kann.

Eine Frau und ein Mann sitzen am Rand einer dekorierten Bühne

Skurrile Situationen

Deborah Einspieler erinnert sich zum Beispiel an eine Gruppe von Radfahrerinnen, die die Opernmusik angelockt hatte und die mitten in einer laufenden Opernveranstaltung landeten. "Die machten ein Selfie vor der Bühne, haben sich zehn Minuten lang die Show angeschaut, dann ein Radler getrunken und dann waren sie schon wieder weg."

Das Konzept des Kreativ-Projekts "Neue Kaiser" scheint also aufzugehen: Frankfurter Bier, Frankfurter Essen und Frankfurter Oper funktionieren zusammen. Trotzdem, gibt Sven Weisbrich zu, ist es nicht leicht, einen neuen Kultur- und Ausgehort in Frankfurt anzubieten.

Sein Fazit nach rund einem halben Jahr: Bis Menschen einen Ort ausprobieren, ihn in ihre Routine einbinden und nicht nur einmal im Monat hingehen, sondern womöglich regelmäßig, dazu gehört schon einiges. 

Rund 5.000 Opernbesucher in sechs Monaten

Die Oper Frankfurt dagegen ist mit ihrem neuen Spielort rundum zufrieden. Rund 5.000 Besucher hat man in den ersten Monaten dort gezählt. "Das Angebot schließt eine Lücke in Programm-Struktur, erreicht neben Kinder auch junge Erwachsene und bisher Opern-ferne Menschen mit spielerischer Form", lässt die Leitung mitteilen.

Auch Deborah Einspieler wünscht sich noch viel mehr solcher unerwarteten Begegnungen zwischen Kneipenbesuchern und Opernpublikum. "Ich vermisse in Frankfurt ein Miteinander von Wirtschaft, Politik und Kultur", sagt die gebürtige Italienerin.

Die Voraussetzungen, dass es im "Neue Kaiser" weiterhin dazu kommt, stehen gut. Denn das eigentlich bis Juli befristete Projekt geht in die Verlängerung. Oper, Bier und Essen wird es hier also noch ein weiteres Jahr geben.

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