Collage aus einem Buchcover, einer Buchseite und einem freigestellten Portrait vor farbigen Flächen.

Franz Kafka war ein schwächlicher, depressiver Loser mit seltsamen Phantasien? Stimmt nicht, sagt der Limburger Illustrator Alexander Pavlenko. In seinem neuen Buch zeichnet er mit kräftigen Strichen ein ganz neues Bild des Schriftstellers, der vor hundert Jahren gestorben ist.

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Kafka im Comic

Kafka Comic
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In seinem 100. Todesjahr kommt man an Franz Kafka nicht vorbei: Ausstellungen, Lesungen, eine sechsteilige ARD-Serie und zahlreiche Bücher beschäftigen sich mit dem Prager Schriftsteller, mit dem sich wohl jeder in seiner Schulzeit mindestens einmal auseinandersetzen musste.

Seine Erzählungen sind rätselhaft und oft verstörend, wie etwa "Die Verwandlung", in der sich der Protagonist Gregor Samsa über Nacht in ein Insekt verwandelt. Diese Rätselhaftigkeit des Werks hat auch den Ruf des Verfassers beeinflusst: Als "neurotischer, depressiver Schwächling" werde Franz Kafka oft dargestellt, ärgert sich Alexander Pavlenko.

Ein Mann mit vielen Talenten - und Erfolg bei den Frauen

Scherenschnittartige Darstellung eines Schuljungen der Jahrhundertwende.

Er hat aus seiner Beschäftigung mit dem Schriftsteller und seinem Werk einen ganz anderen Eindruck gewonnen: Kafka sei "ein Mann mit vielen Talenten, erfolgreich sowohl im Beruf als auch bei den Frauen". Er habe nur ein gutes Gespür für seine Umgebung, die Unsicherheiten seiner Zeit gehabt und diese in seinem Werk aufgegriffen.

Dieses Bild von Kafka will der in Limburg lebende Grafiker vermitteln: "Verwandelt" heißt das Buch, das Pavlenko zusammen mit dem Historiker Thomas Dahms geschrieben hat.

Weitere Informationen

Verwandelt: Franz Kafka - Leben Lieben Literatur

Von Alexander Pavlenko und Thomas Dahms
Knesebeck-Verlag 2024
24 Euro

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Besondere Kafka-Biografie

Es ist eine Biografie der anderen Art. Pavlenkos Spezialität sind Graphic Novels, grafische Romane, in denen der geschriebene Text hinter die ausdrucksstarken Zeichnungen zurück tritt.

Auffällig ist, dass Pavlenko es mit wenigen Strichen schafft, den Eindruck von Bewegung in die Szenen und Gesichter zu bringen. "Das liegt eventuell an meinen ersten Beruf", sagt er. In Russland, wo er 1963 geboren wurde, war Pavlenko Trickfilm-Zeichner in einem Animations-Studio.

Gelernt vom Film

Er bediene sich gerne an den Tricks verschiedener Filmregisseure, gibt Pavlenko mit einem Augenzwinkern z.: Mal schaut der Leser oder Zuschauer da auf eine Szene von schräg oben, wie bei einer Kamerafahrt im Film.

Mal sind Details so dramatisch in kleinen Bildern hinter- und nebeneinander gesetzt, dass Sequenzen wie bei einer Hitchcock-Dramaturgie entstehen.

Comic-Ausschnitt: Der junge Kafka kaut nachdenklich an einem Bleistift, daneben eine längere Textblase

Zweite Heimat Limburg

Seit 1992 lebt Pavlenko in Deutschland und hat in Limburg seine zweite Heimat gefunden. Hier kann er auch seine große Leidenschaft für Literatur und Film mit seinem Zeichentalent zusammenbringen.

Er illustrierte Werke von Puschkin, de Sade, und E.T.A. Hoffmann und wurde mit einer Graphic Novel über Theodor Herzl, den Begründer des politischen Zionismus, international bekannt.

Herzensprojekt: Der Golem

Das Leben der deutschsprachigen, jüdischen Intellektuellen und Schriftsteller im Prag der Jahrhundertwende fasziniert Alexander Pavlenko schon lange. Für ein weiteres Herzensprojekt ist er derzeit auf der Suche nach einem Verlag: Eine Graphic Novel über den Golem, die legendäre, aus Lehm erschaffene Monster-Gestalt.

Bei Alexander Pavlenko ist eines klar: Um eine Reproduktion plumper Klischees wird es dabei nicht gehen.

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