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Mittelalterliche Sonnenuhr gefunden

Sonnenuhr Marburg

Sie ist klein wie eine Streichholzschachtel: Archäologie-Studenten der Uni Marburg haben bei Übungsgrabungen eine Taschen-Sonnenuhr entdeckt. Der seltene Fund gilt als sehr aufschlussreich.

Es war - wie so oft in der Archäologie - ein Zufallsfund: Marburger Studierende haben bei Übungsgrabungen an der Kirche St. Johannes in der Oberstadt ein Kästchen gefunden, das sich als kleine Sensation entpuppte. Es ist eine mittelalterliche Sonnenuhr, eine Rarität aus Holz und Bronze, die kaum größer als eine Streichholzschachtel ist.

Ein Sensationsfund ist es, weil in Hessen bislang noch keine solche Uhr ausgegraben wurde, sagt Felix Teichner, Professor am Fachbereich Geschichte und Kulturwissenschaften der Philipps-Universität Marburg. "Es dürfte auch nicht mehr viele davon geben", vermutet er.

Identifiziert wurde das kostbare Stück anhand eines Vergleichs mit einem ähnlichen Fund, den Archäologen in einem Schweizer Kloster machten.

Uhr im Besitz eines Ordens?

Teichner geht davon aus, dass die Uhr einem Angehörigen des spätmittelalterlichen Ordens der "Brüder vom Gemeinsamen Leben" gehörte. Der unterhielt bis ins Jahr 1527 den Klosterbau in der Oberstadt - ein Architekturensemble, das vom Hessischen Landgrafen später der Uni zur Verfügung gestellt wurde. Diese führt hier derzeit Lehrgrabungen durch.

Warum die Uhr an dieser Stelle landete, ist nicht genau nachzuvollziehen, sagt Teichner. "Wir graben hier an der wahrscheinlichen Abfallhalde des Klosters und holen vieles heraus, das wir erst einmal untersuchen müssen, um es zu identifizieren."

Astronomie trifft Handwerkskunst

Die Uhr sei vielleicht aus Versehen weggeworfen worden, denn wenn man sie aufklappe, erkenne man immer noch das Sonnenmaß und eine Lochung für ein Stäbchen.

Sonnenuhr Marburg

Der Fund gebe einen Einblick auf den hohen Wissensstand auf dem Gebiet von Astronomie und Mathematik und auf die spezialisierte Handwerkskunst an der Schwelle vom Mittelalter zur Neuzeit: "Sonnenstunden sind ja schon das Zeitmaß der Moderne."

Hintergrund: Feldforschung für Studierende

In jedem Sommersemester bietet das Vorgeschichtliche Seminar der Philipps-Universität eine Lehrgrabung an, um den Studierenden der Archäologischen Wissenschaften die Grabungspraxis und damit die Grundlage der archäologischen Quellenbeschaffung zu vermitteln. Dafür bietet die Uni Exkursionen etwa nach Afrika oder Anatolien an, Feldforschung wird aber auch in Hessen betrieben.

In diesem Jahr ist Angaben der Uni zufolge erstmals das Marburger Stadtgebiet im Fokus. Mit dabei sind 20 Studierende, die Grabung läuft noch bis Freitag (28. Juli). Am Mittwoch (26. Juli), gibt es eine öffentliche Führung zur Grabungsstätte, Beginn ist 15 Uhr.

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