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Mit VR zurück in die Vergangenheit

Junge Frau Mit VR-Brille und Controller in der Hand auf einem Maisfeld

Das Vonderau-Museum in Fulda will seine Besucher zu einer spektakulären Ausgrabung führen, die so gar nicht mehr existiert. Ein Programmierer lässt das antike Bronzezeit-Grab wieder auferstehen - im Virtuellen.

"Das ist ja der Hammer", entfährt es Jürgen Schneider. Auf einem abgeernteten Feld bei Fulda läuft er mit prüfenden Schritten imaginäre Kreise ab. Auf dem Kopf trägt er eine etwas klobige Apparatur. Es ist eine Hightech-Brille mit kleinen Displays statt der üblichen Brillengläser.

Mann mit VR-Brille auf einem Acker

Was Jürgen Schneider sieht, ist nicht das Feld, sondern das, was hier zuletzt vor 14 Jahren zu sehen war: kreisrunde Mauerreste aus groben Steinen, ineinander verschachtelt. Die Reste einer Grabanlage – an die 3.500 Jahre alt. Inzwischen sind sie wieder mit Erde bedeckt.

Auch Nachwuchs-Archäologin Nina Reith begeistert die Brille. "Das ist ja fast wie eine richtige Ausgrabung hier", sagt sie. "Als würde der Grabhügel gerade vor mir sein."

Fast wie eine richtige Ausgrabung

Schneider und Reith sind Mitglieder im Archäologischen Arbeitskreis Fulda. Schneider hat die Anlage 2009 selbst mit ausgegraben. "Ich fühle mich 13 Jahre zurückversetzt. Das ist ja der Wahnsinn", sagt er.

Computer-Animation einer Ausgrabungsstätte

Diese "Zeitreise" möglich gemacht hat David Krick. Der 31-Jährige ist Technical Artist bei einer Softwarefirma in Fulda. Die Brille ist seine studentische Abschlussarbeit und basiert auf VR-Technologie, wie es sie für jedermann zu kaufen gibt. Fast ein Jahr hat er daran gearbeitet.

Eine digitale Schöpfung für Entdecker 

Das Vonderau-Museum in Fulda hat seine Anwendung für die frühgeschichtliche Dauerausstellung gekauft. Viele archäologische Funde und Erkenntnisse lassen sich ausstellen. Eine Ausgrabung, die inzwischen von einem Mais-Feld überwachsen ist, aber eben nicht.

David Krick soll dieses Ereignis nicht nur einfach wieder zurück in die Gegenwart holen. Die Besucherinnen und Besucher sollen in seiner virtuellen Welt vielmehr wie ein kleiner Gott agieren dürfen.

Programmierer im Interview

Auf ihr Geheiß wachsen die antiken Ruinen zu stattlicher Größe empor und zeigen ihre ursprüngliche Gestalt: einen ummauerten, kreisrunden und mit Erde aufgeschütteten Hügel.

Außerdem können die Besucherinnen und Besucher diesen Hügel anschneiden und sogar den Bestatteten in der Mitte freilegen, mit den eigenen – virtuellen – Händen.  

Wer die Umgebung erkundet, wird belohnt

David Krick hat eine Umgebung entworfen, die erkundet werden will und die das auch belohnt. Wer sucht, findet Karten, Zeichnungen, Fotos und andere Hinweise auf viele kleine Geheimnisse in der 3D-Welt.

Nach einigem Herumprobieren öffnen sich Fundkisten mit den Grabbeigaben, auch Hologramm-Projektoren lassen sich aktiv ein- und ausschalten.

Krick hat sie sich eigens für diese Simulation ausgedacht. Sie lassen den Grabhügel vollständig rekonstruiert erscheinen – etwas, das die Realität nicht hergibt.

Computer-Animation: Eine Hand greift nach dem Schädel einer Mumie in einem Grab.

Oma als Testerin

Einen solchen interaktiven Mehrwehrt würden längst nicht alle VR-Anwendungen dieser Art bieten, sagt Krick – erst recht nicht im Museums-Segment. In Hessen hat zum Beispiel die Keltenwelt am Glauberg in Glauburg (Wetterau) eine VR-Anwendung programmieren lassen.

"Hat man erst mal das Handling mit Controllern verstanden, kann die Anwendung einen echten Mehrweg bieten", sagt David Krick. Wichtige Testerin war für ihn seine Oma. Für sie sei diese Präsentation von Archäologie etwas Neues gewesen, das ihr gefallen habe.  

Spielerisch, aber wissenschaftlich korrekt

Das Vonderau-Museum Fulda legt bei allem interaktiven Spielspaß aber auch großen Wert auf eine wissenschaftlich akkurate Darstellung der Befunde. Die überprüft in der laufenden Entwicklungsphase von Kricks VR-Anwendung die Stadt- und Kreisarchäologin Milena Wingenfeld.

Wichtig sei ihr die glaubwürdige Anmutung der Ausgrabungsfläche. Auch die Größe, der Aufbau und die Anlage der Grabmauer-Reste müssten stimmen, sagt sie.

Zwei Fotos: ein Original Fundstück, daneben die Rekonstruktion im Computer.

Nicht zuletzt sollten auch die Schichten der Hügelaufschüttung und Grabbeigaben, die die VR-Besuchenden einzeln aufnehmen und betrachten können, der Wirklichkeit entsprechen.

Wingenfeld ist bisher sehr zufrieden mit der Ausführung der Bronzezeit-Grabung. Möglich sei das vor allem, weil es aus dieser Kampagne so viele detaillierte Kenntnisse und Daten gebe.

Ein Mann am Schreibtisch, neben ihm greift eine Frau nach einer VR-Brille

Zukunft der Archäologie?

Teilzeit-Archäologe Jürgen Schneider zieht nach seinem Testspiel der von David Krick geschaffenen Virtual Reality ganz eigene Schlüsse. Er ist der Überzeugung: Das könnte die Zukunft der Archäologie sein.

Im Vonderau-Museum wird die virtuelle Ausgrabung aber erst mal nur mit Betreuung und zu passenden Anlässen ausprobiert. Wenn alles nach Plan läuft, soll das Projekt noch in diesem Jahr starten.  

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