Die Brücke ins Nichts

Ein Jubiläum, aber kein Grund zum Feiern: In Solms-Oberbiel steht seit zehn Jahren eine Brücke. Anders als geplant ist diese aber noch nicht an die B49 angeschlossen. Stattdessen endet sie mitten auf einem Acker. Das löst bei den Anwohnern Frust aus.

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Seit 10 Jahren: Brücke ins Nichts in Solms-Oberbiel

Die Brücke ins Nichts
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Auf der Albshäuser Brücke in Solms (Lahn-Dill) kann man schön Picknicken, auch Bobbycar-Rennen finden statt. Es sind Spaziergängerinnen und Spaziergänger mit ihren Hunden auf der Brücke unterwegs, nur Autos fahren hier nicht. Ihren eigentlichen Zweck, Autofahrer auf die B49 in Richtung Wetzlar zu führen, erfüllt die Brücke seit jetzt schon zehn Jahren nicht.

Bürgermeister ärgert sich über mangelhafte Busanbindung

Stattdessen verbindet sie das Wohn- und Gewerbegebiet im zweitgrößten Stadtteil Oberbiel und eine grüne Wiese, auf der Kühe weiden. "Es ist schon so, dass es wirklich nervt, diese lange Laufzeit der Baustelle", sagt Solms Bürgermeister Frank Inderthal (SPD).

Sein größter Kritikpunkt: In Oberbiel gebe es seit zehn Jahren keine gute Versorgung mit dem Öffentlichen Nahverkehr. Einige Kinder in Solms wüssten gar nicht, dass normalerweise ein Bus aus Oberbiel direkt nach Wetzlar fährt. Aktuell gebe es nur eine Haltestelle im Ort. Der Schulbus komme häufig erst verspätet an.

Brücke soll 2024 an die B49 angeschlossen werden

Ursprünglich hatte Hessen Mobil den Anschluss der Brücke für dieses Jahr geplant. Aber das wurde kürzlich auf Frühjahr 2024 verschoben. Henning Pötz, Baudezernent Westhessen bei Hessen Mobil, erklärt: "Die Brücke kann erst angeschlossen werden, wenn der vierspurige Ausbau der B49 fertig ist." Darüber hinaus müsse noch die Albshäuser Straße in Oberbiel saniert werden.

Aber warum fängt man überhaupt mit dem Bau einer Brücke an, wenn diese erst im allerletzten Schritt an den Verkehr angeschlossen wird? Pötz verweist darauf, dass zunächst die alte Brücke über die Bundesstraße abgerissen wurde, um Platz für die zusätzlichen Fahrspuren zu schaffen: "Wir mussten sicherstellen, dass die Landwirte danach jederzeit an ihr Gelände drankommen."

Hohe Verkehrsbelastung für Anwohner in Oberbiel

Rund ein Jahrzehnt später wird die Brücke zwar von Landwirten, Fahrradfahrern und Spaziergängern genutzt. Aber das, was die Brücke eigentlich erreichen soll, bleibt bisher aus. Der Durchgangsverkehr in der Stadt wird laut Inderthal aktuell eben nicht entlastet. Denn die Umleitungsstrecke, die durch Solms führt, sei regelmäßig überlastet.

Auch auf der B49 stünden Autofahrer oft im Stau, vor allem in Richtung Wetzlar. "Das ist ein Problem, denn für die meisten Menschen ist das eben der Weg zur Arbeit", betont Inderthal. Auch Pötz kann den Frust der Anwohner verstehen. Er wohnt selbst in Solms und sieht vor seinem eigenen Fenster, dass mehr Autos als sonst durch die Stadt fahren.

Klage habe Bauarbeiten erheblich verzögert

Der Baudezernent bittet aber um Geduld. Hessen Mobil sei den Menschen in Oberbiel bereits entgegengekommen, so Pötz: "Wir haben vor anderthalb Jahren eine provisorische Abfahrt ins Gewerbegebiet aus Richtung Wetzlar geschaffen." In die andere Richtung müssen Autofahrer aber weiter lange Umwege in Kauf nehmen.

Immerhin sollen die vier Fahrbahnen der Bundesstraße schon im Herbst fertiggestellt werden. Anschließend beginnt die Sanierung der Albshäuser Straße. Das hätte allerdings auch vor fünf, sechs Jahren alles fertig sein können, gibt auch Pötz zu. Entscheidend sei aber: Die Oberbieler Firma IBC Wälzlager hatte zu Beginn der Bauarbeiten Klage eingereicht.

Außergerichtliche Einigung mittlerweile fünf Jahre her

Das Unternehmen hatte befürchtet, dass seine Herstellung von Kugellagern durch die Bauarbeiten gestört werde. Sie forderte neue Gutachten ein. 2018 kam es zur außergerichtlichen Einigung. Seitdem erinnert sich Bürgermeister Inderthal an ein Auf und Ab für die Menschen in Solms: "Das haben viele Menschen als Startschuss gesehen. Eine Baustelle war aber erst anderthalb Jahre später eingerichtet."

Dass die Bauarbeiten danach fortgesetzt werden konnten, löste wieder Euphorie und Hoffnung aus. Doch Inderthal merkt an: "Man musste dann beobachten, dass sich das bis heute in einem Schneckentempo dahinzieht." Dass Hessen Mobil nach der Einigung bestimmte Auflagen einhalten muss, könnte laut Inderthal diese lange Verzögerung mittlerweile nicht mehr erklären.

Hessen Mobil: Kein Stillstand auf der Baustelle

Miriam Jupe von Hessen Mobil

Immer wieder beschweren sich Bürger bei Inderthal. Sie sagen demnach, dass sie wenig bis keinen Fortschritt auf der Baustelle in Oberbiel sehen. Miriam Jupe, Sachgebietsleiterin für Straßenbau bei Hessen Mobil, hält dagegen: "Wir haben teilweise Planlaufzeiten, bis etwas genehmigt ist und lange Lieferzeiten." Die aktuellen Arbeiten, am Kanal oder hinter der Lärmschutzwand, seien für Autofahrer zudem nicht einzusehen.

Sie ist aber zuversichtlich, dass der derzeitige Zeitplan eingehalten werden könne. Die Kosten für den Bauabschnitt in Oberbiel würden jedenfalls nicht noch einmal in die Höhe steigen. Ursprünglich sei das Projekt auf rund 24 Millionen Euro gedeckelt gewesen. Nach der Einigung habe man umplanen müssen. Daher laufe es nun auf rund 30 Millionen Euro hinaus, bestätigt Jupe.

Die Einigung mit der Firma IBC sieht übrigens so aus: Neben der Baustelle hängt ein Erschütterungs-Messgerät. Leuchtet es rot, müssen die Bauarbeiten stoppen. Auch deshalb hoffen alle so schnell wie möglich auf grünes Licht für die "Brücke ins Nichts". 

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