Wegen gemeinschaftlichen Mordes an ihrem Ehemann wurde Salina M. vor zehn Jahren zu lebenslanger Haft verurteilt. Gegen diesen Vorwurf wird sich die Frau aus Südhessen bald wieder verteidigen müssen: Ihr Verteidiger hat sich über Jahre gegen das Urteil gewehrt - und vor einem europäischen Gericht nun Recht bekommen.

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Wiederaufnahme des Falls Salina M. aus Südhessen

JVA in Frankfurt-Preungesheim
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Im Jahr 2014 verurteilte das Landgericht Darmstadt Salina M. wegen gemeinschaftlichen Mordes aus Habgier zu lebenslanger Haft. Sie soll ihren damaligen Lebensgefährten dazu gebracht haben, im Dezember 2009 in Fürth-Ellenbach (Bergstraße) ihren getrennt von ihr lebenden Ehemann zu töten. Insgesamt saß Salina M. rund zwölf Jahre in Haft. Ebenso lang kämpfte ihr Verteidiger gegen das Urteil an. Und tatsächlich: Seit einigen Tagen ist Salina M. frei. Vorerst. Über den Fall hat zuerst die Süddeutsche Zeitung berichtet.

Wie nun öffentlich geworden ist, entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) schon 2021: Der Prozess gegen Salina M. 2014 in Darmstadt sei nicht fair gewesen. Dort sei gegen die Menschenrechtskonventionen verstoßen worden.

Doch bis Salina M., mittlerweile 59 Jahre alt, am vergangenen Donnerstag aus dem Gefängnis in Frankfurt-Preungesheim entlassen wurde, war es noch ein langer Weg.

Gegenseitige Beschuldigungen vor Gericht

Ein Rückblick: 2011 verurteilte das Landgericht Darmstadt den damaligen Lebensgefährten von Salina M. wegen Mordes. Demnach hatte er den Ehemann von Salina M. zunächst betäubt und dann mit einem Holzknüppel erschlagen - offenbar aus Habgier. Der Geschäftsmann, der selbst eine neue Lebensgefährtin hatte und mit ihr in Malaysia lebte, soll sein Vermögen ins Ausland und vor seiner Ehefrau in Sicherheit gebracht haben.

Sowohl der verurteilte ehemalige Geliebte von Salina M. als auch sie selbst bestreiten die Tat bis heute. Mittlerweile bezichtigen sie sich gegenseitig der Lüge. In seinem Prozess warf der ehemalige Geliebte Salina M. vor, sie habe ihm eine Falle gestellt. Schon ins Urteil gegen ihn schrieb das Gericht, die damals gar nicht angeklagte Salina M. und ihr Geliebter hätten den Mordplan gemeinsam geschmiedet.

Für Salina M. und ihren Verteidiger Hans Wolfgang Euler war das eine klare Vorverurteilung. Es begründete ihren Verdacht, das Darmstädter Gericht sei voreingenommen gewesen. Denn: Der Beisitzer im Prozess gegen den Geliebten war später der Vorsitzende im Prozess gegen Salina M.

Die bloße Befürchtung der Befangenheit reicht aus

Ein Befangenheitsantrag brachte allerdings keinen Erfolg. Die Revision, die sich vor allem auf den Vorwurf der Befangenheit stützte, scheiterte beim Bundesgerichtshof. Das Bundesverfassungsgericht nahm die Beschwerde dagegen gar nicht erst an. Aber eine Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg brachte im Februar 2021 den Erfolg aus Sicht von Euler und seiner Mandantin.

Der EGMR sah einen Verstoß gegen die Grundsätze eines fairen Verfahrens. Dabei gehe es nicht darum, ob Salina M. tatsächlich vor voreingenommenen Richtern gestanden habe, sondern es reiche ihre bloße Befürchtung, an ihrem Urteil könnte ein voreingenommener Richter beteiligt gewesen sein.

Fall wanderte von Gericht zu Gericht

Dennoch brachte der Erfolg in Straßburg noch keinen in Hessen. Sowohl das Landgericht als auch das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt lehnten ein Wiederaufnahmeverfahren ab. Es folgte die nächste Beschwerde. Diese ging nach Karlsruhe ans Bundesverfassungsgericht, und das höchste deutsche Gericht hob Anfang des Jahres den Beschluss des OLG auf.

Damit blieb dem OLG keine Wahl mehr. Es eröffnete am vergangenen Donnerstag das Wiederaufnahmeverfahren gegen Salina M. am Landgericht Kassel. Wann der neue Prozess dort beginnen wird, ist noch offen.

In drei Jahren wäre von Amts wegen geprüft worden, ob die heute 59-Jährige vorzeitig und zur Bewährung aus der Haft entlassen werden könnte. Einen Haftbefehl gibt es gegen Salina M. nicht mehr.

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