Wegen großer Personalnot lassen Gastronomen jetzt auch Roboter im Service arbeiten. Sieht so die Zukunft aus? Die Branche ist zwiegespalten. Ein Hingucker sind die kleinen Helfer aber allemal.

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Roboter kellnert in Fuldaer Sushi-Restaurant

Service-Roboter Restaurant Fulda
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Pina zieht als flotte Service-Kraft in einem Fuldaer Sushi-Restaurant immer wieder bewundernde Blicke auf sich. Dabei sieht sie nicht mal sonderlich attraktiv aus. Wie ein Regal auf Rollschuhen. Nur etwa einen Meter groß und zweckmäßig gebaut.

"Aber die Gäste sind begeistert", sagt Restaurant-Chefin Sang Lay Hoang. Die Chinesin hat Pina in Hongkong bestellt und rund 18.000 Euro bezahlt. Nun verrichtet Pina - seit der Neueröffnung des Restaurants vor ein paar Wochen - ihren Dienst als Service-Roboter.

Hingucker und Helfer bei Personal-Not

Pina soll ein Hingucker, eine Innovation im auch sonst futuristisch anmutenden Ambiente des Restaurants sein, wie Sang Lay Hoang sagt. Und sie helfe dem Restaurant gegen den in der Branche weitverbreiteten Personalmangel. 60 Prozent der Restaurants, Gaststätten und Beherbergungsbetriebe suchen aktuell ausgebildete Fachleute, wie der Hotel- und Gastronomieverband Dehoga Hessen mitteilt.

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Roboter kellnert in Fuldaer Restaurant

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In Hessen finden vor diesem Hintergrund immer mehr Betriebe Gefallen daran, sich von Robotern unterstützen zu lassen. Erste Restaurants und Gasthäuser hätten schon vor einiger Zeit begonnen, erfolgreich mit Service-Robotern zu arbeiten, bestätigt der Dehoga.

Pina wird im "Takara" von den menschlichen Servicekräften beladen. Auf vier nummerierten, übereinander angeordneten Tabletts an Pinas Rumpf platzieren sie Teller und Schalen. Nach einer Eingabe auf dem Display an Pinas Kopf geht es los zu den Tischen.

Service-Roboter Restaurant Fulda

"Dürfte ich mal durch?"

Dabei huscht Pina keineswegs still und unbemerkt im Restaurant umher, sondern sie ist während ihrer Arbeit ausgesprochen gesprächig. "Hier kommt Pina - nett und smart. Dürfte ich mal durch?", tönt es auf ihren programmierten Fahrten zum Tisch aus einem eingebauten Lautsprecher.

Am Ziel angekommen, verkündet sie: "Hier kommt Ihr Essen. Bitte entnehmen Sie ihr Essen von Ablage eins." Das erledigt der Gast dann auch brav, bestätigt es per Eingabe auf dem Display. Und schon saust Pina zurück zur Theke und flötet: "Ich bin zurück!"

Fahrweg wird gescannt

Restaurant-Chefin Hoang ist weitgehend zufrieden mit Roboter Pina, wie sie ab Werk heißt. Pina habe noch keine Unfälle gebaut oder etwas Peinliches angestellt. Denn sie scannt ihren Fahrweg offenbar sehr aufmerksam. Wer sich ihr in den Weg stellt, wird freundlich gebeten, Platz zu machen. Was auf Dauer nerven könnte, ist die Dudelmusik, die unter ihrem Kunststoffkleid hervortönt.

Madeleine Trier stört das nicht. Die Neunjährige findet Pina "cool". Sie ist mit ihrer Mutter zum Essen gekommen und lässt sich von dem kleinen Roboter lieber bedienen als von einem Menschen. "So etwas erlebt man nicht jeden Tag."

"90 Prozent der Gäste reagieren positiv"

Monatelange Erfahrung hat Daniel Hagen-Wolf mit seinem Service-Roboter namens "Bella Bot" gemacht. Der Inhaber des Landgasthofs Hagen in Grasellenbach (Bergstraße) sagt: "90 Prozent unserer Gäste reagieren positiv auf Bella. Und die Gäste, die wegen Corona so wenige Kontakte wie möglich haben wollen, finden es sogar sehr gut." Bella habe so viel Schauwert, dass ein älteres Ehepaar neulich unbedingt wiederkommen wollte, um sie ihren Enkeln zu zeigen.

Service-Roboter Restaurant Fulda

Fürs eigene Personal solle Bella aber keine Konkurrenz sein, betont Hagen-Wolf. Bella nehme niemandem den Arbeitsplatz weg. Die Mannschaft werde entlastet. "Unsere Service-Kräfte haben durch Bella weniger Geschirr zu schleppen und brauchen am Tisch nur noch zu servieren." Die Service-Qualität verbessere sich durch Roboter, sagt Hagen-Wolf. "Statt das Geschirr zum Spülen zu tragen, können unsere Angestellten noch einen Plausch mit den Gästen halten."

Im Biergarten wird es schwierig

Der Restaurant-Chef ist so begeistert, dass er fürs nächste Jahr zwei Roboter für den Biergarten kaufen will. Den muss er dann aber erst begradigen. Denn die Bellas brauchen einen ebenen Untergrund für ihre kleinen Räder.

Ob mit oder ohne Roboter: Hagen-Wolf ist überzeugt, dass sich die Personalprobleme in der Gastronomie so schnell nicht erledigen. "Gerade auf dem Land ist es schwer, Leute zu finden."

Unsinn? Meinung schnell geändert

Die Personalsorgen treiben auch Mario Riffert um. Der Chef im Restaurant "Die Esse" in Biedenkopf hat sich entschieden, auch einen Service-Roboter anzuschaffen. Anfangs sei er dagegen gewesen. Er habe gedacht, "solch einen Unsinn braucht kein Mensch". Aber dann habe er sich intensiv damit beschäftigt - und seine Meinung geändert.

"Die Digitalisierung und der Roboter-Einsatz können Abläufe beschleunigen und die Mitarbeiter entlasten", glaubt er. "Ich bin aber auch fest davon überzeugt, dass Menschen nicht wegzudenken sind." Die Personalprobleme würden bleiben.

Lieder zum Kindergeburtstag

Ein Roboter mit einem Katzengesicht und Ablagefächern für Tabletts.

Riffert will seinen Roboter auf seinen Bowling-Bahnen einsetzen. Da passe der technische Helfer gut hin. Vor allem bei den jüngeren Gäste werde er gut ankommen: "Bei Kindergeburtstagen kann er passende Lieder spielen", sagt Riffert.

Technisch wäre es auch möglich, dass die Roboter die Gesichter scannen. So könnten sie Stammgäste fragen, ob sie mal wieder ihr Leibgericht und ein Bier dazu möchten. "Doch das wird aus Datenschutzgründen erstmal nicht umsetzbar sein", sagt Riffert mit Blick auf die deutsche Gesetzgebung.

Dehoga: Service-Roboter haben Zukunft - jedenfalls punktuell

Der Hotel- und Gastronomieverband Dehoga Hessen zeigt sich zwiegespalten mit Blick auf die Roboter-Aushilfen. "Persönlichen Service können sie nicht ersetzen", betont Hauptgeschäftsführer Julius Wagner. Sie könnten lediglich Mitarbeiter bei einfachen Tätigkeiten unterstützen, damit diese Zeit für andere Aufgaben haben. Wagner betont: "Beherbergung und Verpflegung, Umsorgung und Service sind alles andere als trivial."

Doch Wagner weiß auch um das Potenzial: Als Ergänzung könnten Roboter Hingucker und auch etwas Spannendes beim Restaurantbesuch sein. In bestimmten Bereichen der Gastronomie sei es in der Zukunft "absolut wahrscheinlich, dass sie an Bedeutung gewinnen werden".

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