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NATO-Großübung schränkt zivilen Flugverkehr ein

Vier Transportflugzeuge vom Typ Airbus A400M der Luftwaffe

"Air Defender 23" wird die größte Nato-Übung aller Zeiten. Hunderte Militärflieger werden im deutschen Luftraum unterwegs sein. Das wird erhebliche Folgen für den Betrieb am Frankfurter Flughafen haben.

Es ist ein Manöver der Superlative, das unter Führung der deutschen Luftwaffe ab 12. Juni im deutschen Luftraum starten soll. Zwei Wochen lang üben 25 Nato-Staaten bei der "Air Defender 23" die Verlegung großer Luftstreitkräfte, die größte Übung dieser Art seit Bestehen des Bündnisses. Der Einsatz von mehr als 250 Militärmaschinen vom Transporter bis zum Kampfjet wird dabei nicht ohne Folgen für den zivilen Luftverkehr in Deutschland bleiben - und auch den Betrieb am Frankfurter Flughafen beeinträchtigen.

Noch ist die Planung der Flugzeiten und Routen während der Übung offiziell nicht abgeschlossen, aber klar ist, dass der zivile Luftraum frei sein muss, während dort Militärflugzeuge fliegen. Das Tübinger Analysehaus A3M erwartet für die Flughäfen in Frankfurt und Berlin größere Probleme, weil sie in oder an den Übungsgebieten gelegen sind.

Im Laufe der Tage könnten sich Verspätungen bei einzelnen Flugzeugen addieren und so auch an anderen Einsatzorten für Verspätungen sorgen. Auch Ausfälle und Flugverlegungen hält man für möglich.

Lotsen: "Massive Auswirkungen auf zivile Luftfahrt"

Die Bundeswehr geht dagegen davon aus, dass es nur zu einzelnen Flugverspätungen kommen wird. Experten bezweifeln das. Denn in Bereichen, in denen Militärpiloten auf Sicht fliegen, haben zivile Maschinen aus Sicherheitsgründen nichts verloren. "Die Militärübung 'Air Defender' wird natürlich massive Auswirkungen auf den Ablauf der zivilen Luftfahrt haben", sagt der Chef der Lotsengewerkschaft GdF, Matthias Maas.

Angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine erkenne die Branche die Notwendigkeit des Manövers an, versichert ein Sprecher des Bundesverbands der deutschen Luftverkehrswirtschaft. Gleichwohl wollen die Fluggesellschaften wissen, worauf sie und die Passagiere sich in den reiseintensiven Frühsommerwochen einstellen müssen. So prüft die Lufthansa die konkreten Auswirkungen auf den Flugbetrieb, der so stabil und zuverlässig wie möglich gehalten werden soll.

Bis zu 50.000 Verspätungsminuten je Manövertag?

Kritiker Maas verweist auf ein von der europäischen Flugsicherungsorganisation Eurocontrol errechnetes Szenario, das bis zu 50.000 Verspätungsminuten - oder rund 830 Stunden - je Manövertag ausweist. Das entspricht bei rund 10.000 Flugbewegungen einem Tag mit schweren Gewittern und würde deutlich im roten Bereich liegen.

Bis zu 100 Flugzeuge könnten unter diesen Bedingungen ihr Ziel vor der Nachtruhe an diversen Flughäfen nicht erreichen - mit unangenehmen Folgen für Passagiere und Unternehmen, deren Maschinen dann morgens nicht mehr am richtigen Ort starten könnten. Die bundeseigene Flugsicherung bestreitet das mit ihren Daten gefütterte Szenario nicht, verweist aber auf weitere Eurocontrol-Modelle mit deutlich geringeren Auswirkungen.

Nachtflugverbot wird gelockert

Die Bundesminister für Verteidigung und für Verkehr haben die Länder dennoch sehr kurzfristig gebeten, die Nachtflugbeschränkungen an den Flughäfen zu lockern, um verspätete Passagierjets spätabends noch aufnehmen zu können. Am Frankfurter Flughafen, wo ab 23 Uhr ein Nachtflugverbot gilt, werden Spätstarts bis Mitternacht genehmigt, wenn der Grund für die Verspätung im Manöver bedingt liegt.

Die Übungsflüge sollen in drei eng definierten Lufträumen stattfinden, die wochentags jeweils im Wechsel genutzt werden. Für Tiefflüge wird ausschließlich der "Übungsraum Ost" über Mecklenburg-Vorpommern und der Ostsee reserviert sein - jeweils von 10 bis 14 Uhr. Der "Raum Süd" erstreckt sich von Lechfeld in Bayern nach Rheinland-Pfalz und soll von 13 bis 17 Uhr genutzt werden, bevor an den Raum Nord über der Nordsee von 16 bis 20 Uhr abgegeben wird. Passagiere ziviler Flüge können also vor allem in den frühen Morgenstunden sowie am Wochenende auf pünktliche Starts und Landungen hoffen.

Urlaubssperre für Lotsen verpasst

Die Deutsche Flugsicherung will während der Übung ihr Personal aufstocken, verpasste aber Insidern zufolge im Herbst, eine allgemeine Urlaubssperre für die Lotsen zu verhängen.

Zum eigentlichen Übungsbetrieb kommen noch Transferflüge von und zu außerhalb gelegenen Stützpunkten hinzu. Letztendlich könne das Manöver daher Auswirkungen auf sämtliche zivile Flughäfen in Deutschland haben, sagen die Kritiker. Wo Militärs üben, müssen die zivilen Maschinen umgeleitet werden - in ohnehin eng besetzte Luftsektoren, die nach und nach ebenfalls volllaufen. "Wo reguliert wird, sind Verspätungen unvermeidlich", sagt ein erfahrener Lotse.

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