Gemälde von Friedenberg Wilhelm mit dem Titel "Die Mittagspause der Gänsemagd"

Ein Arzt schickte einer Mitarbeiterin der Kassenärztlichen Vereinigung einen Auszug aus dem Märchen "Die Gänsemagd". Die Frau verstand das zu Recht als vorsätzliche Todesdrohung, wie mehrere Gerichte entschieden.

Eine E-Mail mit dem Auszug aus einem Märchen kann eine strafbare Drohung mit einem Verbrechen sein. Das geht aus einem am Freitag veröffentlichten Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt (OLG) hervor (Aktenzeichen: Az. 7 ORs 10/23).

Ein Arzt für forensische Psychiatrie drohte einer Frau mit Zeilen aus dem Märchen "Die Gänsemagd" der Brüder Grimm demnach vorsätzlich mit dem Tode. Die OLG-Richterin verwarf damit die Revision des Angeklagten gegen ein gleich lautendes Urteil des Amtsgerichts Frankfurt. Dieses hatte den Sender der E-Mail verwarnt und eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen vorbehalten.

Bedrohliche Zitate

Der Angeklagte, selbst Mitglied der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Hessen, schickte Zeilen aus besagtem Grimm-Märchen an eine Mitarbeiterin der KV. In dem Märchen geht es um eine falsche Braut, die "splitternackt ausgezogen und in ein Fass gesteckt" wird, das "inwendig mit spitzen Nägeln ausgeschlagen ist". In dem von Pferden gezogenen Fass soll die Braut zu Tode geschleift werden.

Zitat
„Die falsche Magd, kommt Ihnen da was bekannt vor? In Ihrem Trauerspiel bin ich so etwas wie der "Alte König" und helfe Ihnen gern mal auf die Sprünge: "Welches Urteils ist diese würdig?" Da sprach die falsche Braut: "Die ist nichts Besseres wert, als dass sie splitternackt ausgezogen und in ein Fass gesteckt wird, das inwendig mit spitzen Nägeln geschlagen ist; und zwei weiße Pferde müssen vorgespannt werden, die sie Gasse auf Gasse ab zu Tode schleifen." – "Das bist Du", spart der alte König, "und hast Dein eigen Urteil gefunden, und danach soll Dir widerfahren."“ Auszug aus der Mail Auszug aus der Mail
Zitat Ende

Der Arzt wurde vom Amtsgericht der Bedrohung mit einem Verbrechen schuldig befunden, da er die Empfängerin der Mail - bildlich mit einem Märchen gesprochen - vorsätzlich mit dem Tod bedroht habe. Diese habe die Drohung ernst genommen, auch angesichts vorangegangener Mails des Mannes im Zuge einer geschäftlichen Kommunikation.

Die Revision des Mannes hatte vor dem Oberlandesgericht keinen Erfolg, da die Überprüfung des vorangegangenen Urteils keine Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben habe. Der Beschluss der Richterin ist nicht anfechtbar.