Ein Mann in rotem Pullover sitzt in einem Gerichtssal am Tisch, neben ihm steht ein Justizbeamter in Uniform.

Im Prozess um die "NSU 2.0"-Drohschreiben ist der Angeklagte zu einer jahrelangen Haftstrafe verurteilt worden. Die Richter sind überzeugt davon, dass Alexander M. eine Serie hasserfüllter und rassistischer Schreiben an Personen des öffentlichen Lebens versendet hat.

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Urteil im "NSU 2.0"-Prozess

hessenschau vom 17.11.2022
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Er hatte rund 80 mit "NSU 2.0" unterzeichnete Drohschreiben verschickt - nun ist der Verfasser vom Landgericht Frankfurt zu fünf Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt worden.

Nach Auffassung der Richter hatte der aus Berlin stammende Alexander M. die hasserfüllten und rassistischen Drohschreiben per E-Mail, Fax oder SMS an Rechtsanwälte, Politikerinnen, Journalistinnen und Vertreter des öffentlichen Lebens gerichtet und mit "NSU 2.0" unterzeichnet.

Der Absender "NSU 2.0" spielt auf die rechtsextreme Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) an. Die Staatsanwaltschaft hatte M. auch für Bombendrohungen gegen Gerichte verantwortlich gehalten. Die Anklage hatte siebeneinhalb Jahre Haft gefordert, unter anderem wegen Beleidigung und versuchter Nötigung, Störung des öffentlichen Friedens und Volksverhetzung.

Angeklagter bezeichnet sich als "systematisch hereingelegt"

In seinem "letzten Wort" wies der Angeklagte Alexander M. erneut alle Vorwürfe zurück. Die Tatvorwürfe gegen ihn hätten sich in der Beweisaufnahme nicht bestätigt, sagte der 54-Jährige. Er warf der Staatsanwaltschaft Lügen und Manipulationen vor, die keine Grundlage für eine Verurteilung seien. Die Ermittlergruppe wolle ihn mit ihren Ergebnissen "um jeden Preis fertigmachen" und die Polizei entlasten.

Wie bereits in seinem Plädoyer gab der Angeklagte zu, Mitglied einer Chatgruppe im Darknet gewesen zu sein, weshalb auf seinem Computer Teile der Drohschreiben gefunden worden seien. Die Mitglieder der Gruppe hätten ihn aber "systematisch reingelegt". Dass er die Schreiben verfasst habe, sei nicht nachweisbar. Für die Mitgliedschaft entschuldigte sich M. in seinem Schlusswort.

"Die gesamte Drohserie ist wie aus einem Guss"

Die Vorsitzende Richterin Corinna Distler ging in ihrer Urteilsbegründung auf die Angaben des Angeklagten ein. Distler erklärte Schritt für Schritt, wie dessen Aussagen in dem seit Februar laufenden Verfahren widerlegt worden seien.

"Wir sind davon überzeugt, dass Sie die alle allein geschrieben haben", sagte Distler mit Blick auf die Schreiben. "Die gesamte Drohserie ist wie aus einem Guss." Hinweise auf Mittäter hätten sich nicht ergeben. Dies gelte auch für das erste Fax an die Anwältin Basay-Yildiz. Diese habe das große Leid, das die Drohungen gegen ihre Familie verursacht hätten, vor Gericht geschildert – der Autor hatte mit dem "Schlachten" ihrer kleinen Tochter gedroht.

Zweifel bei den Nebenklägerinnen

Seit August 2018 war Basay-Yildiz mit einer Vielzahl von Schreiben bedroht worden. Gemeinsam mit der Bundestagsabgeordneten Martina Renner (Die Linke) forderte Basay-Yildiz als Nebenklägerin weitere Aufklärung.

Zumindest für das erste Schreiben bestünden Zweifel an einer Täterschaft von M. Auch die Verteidigung wies auf einen Polizisten des 1. Polizeireviers in Frankfurt hin, dessen Rolle in dem Verfahren nicht hinreichend aufgeklärt worden sei.

Gefasste Urteilsaufnahme

Der Angeklagte nahm das Urteil gefasst auf, vermied während der Urteilsbegründung aber demonstrativ den Blickkontakt mit der Vorsitzenden Richterin. Internetrecherchen und sprachwissenschaftliche Analysen hatten zur Festnahme des Berliners geführt, seit Mai 2021 sitzt er in Untersuchungshaft.

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