Zwei Männer sitzen am Tisch. Links ein Mann in Anwaltsrobe, rechts ein Mann in rotem Pulli, der sein Gesicht in der Armbeuge versteckt und Handschellen trägt.

Alkohol und ein extrem geringer IQ trugen laut dem Landgericht Fulda zu einer brutalen Tat bei: Nach einer eskalierten Privat-Party tötete ein Mann seine Freundin mit einem Schraubenzieher. Warum der geistig eingeschränkte Gewalttäter wegen gefährlicher Körperverletzung und nicht wegen Totschlags verurteilt wurde, versuchte der Richter zu erklären.

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Mann muss nach tödlicher Attacke auf Freundin in Psychiatrie

Zwei Männer sitzen am Tisch. Links ein Mann in Anwaltsrobe, rechts ein Mann in rotem Pulli, der sein Gesicht in der Armbeuge versteckt (verpixelt) und Handschellen trägt. Rechts daneben, vor ihm, ein Justizangestellter, der die Handschellen löst.
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Nachdem er seine Freundin mit 14 Schraubenzieher-Stichen getötet hat, wird ihr Ex-Partner die nächsten Jahre in einem psychiatrischen Krankenhaus verbüßen. Das Landgericht Fulda verurteilte den geständigen Täter am Dienstag zu sieben Jahren Freiheitsstrafe und ordnete dauerhaft die Unterbringung in der Psychiatrie an. Begründung: Der 27-Jährige stelle eine Gefahr für die Allgemeinheit dar.

Das Gericht verurteilte den Angeklagten aber nicht wegen Totschlags, sondern wegen gefährlicher Körperverletzung. "Im Zweifel für den Angeklagten", begründete der Richter. Es sei eine spontane, impulsive Tat aus der Situation heraus und nicht geplant gewesen. Sie hatte sich Ende März in der damaligen gemeinsamen Wohnung des Paares in Neuhof-Giesel (Fulda) zugetragen.

Alkohol und geringer IQ mit fatalen Folgen

Das Gericht erklärte: Der Angeklagte habe die Folgen seines Handelns nicht überblicken können. Er sei alkoholisiert gewesen. Bis zu 2,5 Promille wurden gemessen. Allerdings war der Mann durch regen Konsum alkoholgewöhnt. Stärker bemerkbar machte sich eine bei ihm angeborene Intelligenz-Minderung, wie das Gericht erläuterte.

Laut Gutachten hat der Angeklagte lediglich einen Intelligenzquotienten (IQ) von 50. Damit gehöre er zu einer Minderheit von zwei Prozent der Bevölkerung in Deutschland, die einen ähnlich niedrigen Wert aufweist. Laut Gutachten verfügt der Mann über die Fähigkeiten, die einem neunjährigen Grundschüler entsprechen. Zudem seien zahlreiche geistige Defizite bei ihm festgestellt worden.

Inwiefern sich diese Behinderung, wie es der Richter nannte, auf den Fall auswirkten, galt es vor Gericht zu klären. Der Sachverhalt war dagegen unstrittig. Der Angeklagte hatte die Vorwürfe eingeräumt und Reue gezeigt.

Erst eskalierte die Party, dann setzte es Prügel

Ende März war eine Party in der gemeinsamen Wohnung des zuvor weitgehend harmonisch zusammenlebenden Paares eskaliert. Es wurde viel getrunken, laut Musik gehört, und das Wohnzimmer glich irgendwann einem "Saustall", wie geschildert wurde. Das störte die junge Frau. Sie stellte ihren Partner zur Rede. Er nannte sie eine "Spaßbremse". Die Party war beendet. Kaum waren die Anwesenden weg, begann der 27-Jährige auf seine Freundin einzuprügeln.

Dann nahm er einen Schraubenzieher und stach aufs Gesicht, in den Hals und den Oberkörper ein. Die Frau schrie um ihr Leben und verblutete innerhalb weniger Minuten. Die von Zeugen alarmierte Polizei nahm den 27-Jährigen widerstandslos fest. Erst jetzt dämmerte es dem Mann, was passiert war. Er stammelte gegenüber den Beamten: "Ich wollte das nicht. Ich habe Scheiße gebaut." Die Polizei solle seiner Freundin helfen. Er wolle doch kein Mörder sein.

Angeklagter einschlägig vorbestraft

Es war nicht der erste Gewaltausbruch des Mannes in einer Beziehung, wie das Gericht resümierte. In den Vorjahren war er bereits zweimal zu Geldstrafen verurteilt worden, nachdem er sich an seinen Partnerinnen tätlich vergriffen hatte. Seine 21-jährige Freundin, die auch schon mal zum Opfer wurde, hielt dennoch zu ihm.

Das Gericht befand: Durch seine eingeschränkten geistigen Fähigkeiten habe der Angeklagte die Folgen seines Handelns nicht abschätzen können. Seine Steuerungsfähigkeit sei nicht aufgehoben, aber erheblich eingeschränkt gewesen. Die Intelligenzminderung des Mannes habe sich wie eine "Schranke im Kopf" des Mannes ausgewirkt.

Gutachter: Unfähig 250 Milliliter abzumessen

Wie man sich den geringen IQ im Alltag vorstellen können, hatte ein Gutachter im Prozess zu veranschaulichen versucht. Der Mann habe etwa nicht den Unterschied zwischen einem Fluss und einem See oder zwischen einer Treppe und einer Leiter benennen können. Zudem habe er zum Beispiel Schwierigkeiten, mit einem Messbecher 250 Milliliter Wasser abzumessen.

Eine leichte Kränk- und Reizbarkeit hätten dazu geführt, dass der Mann die Kontrolle verloren habe. Er sei nicht in der Lage, Kritik anzunehmen, Konflikte zu lösen und Einfühlungsvermögen zu zeigen.

Oberstaatsanwältin Christine Seban, die auf neun Jahre wegen Totschlags plädiert hatte, sagte, sie wolle das Urteil prüfen. Das Rechtsmittel der Revision ist zugelassen.

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