Hochhaus, davor Blumen und Menschen - aus der Froschperspektive fotografiert.

Das Hanauer Landgericht hat einen 48-Jährigen wegen Mordes an seinen zwei Kindern zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Der Richter zeichnete in der langen Urteilsbegründung das Bild eines Tyrannen, der aus "gezielter Rachsucht" handelte.

Videobeitrag

Video

Vater wegen Mordes an Kindern verurteilt

hs 26.05.2023
Ende des Videobeitrags

"Gewalteruption" und "gezielte Rachsucht" - als der Vorsitzende Richter am Landgericht Hanau das Urteil gegen einen Vater verkündet, der seine beiden sieben und elf Jahre alten Kinder getötet haben soll, wird der Schrecken der Tat im Gerichtssaal greifbar. Wegen Mordes wird der 48-Jährige Mann am Freitag zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.

Die Mutter, die als Nebenklägerin die Urteilsverkündung verfolgt, schluchzt auf, auch ihre Anwältin weint, beide liegen sich in den Armen. Das Gericht sieht die Mordmerkmale der Heimtücke und niedrigen Beweggründe gegeben und stellte auch eine besondere Schwere der Schuld fest. In der Regel ist damit eine vorzeitige Entlassung aus dem Gefängnis nach 15 Jahren nahezu ausgeschlossen.

Mit der Tat wollte der Inder laut Anklage seine Frau bestrafen, die sich von ihm getrennt hatte. Minutiös beschreibt der Vorsitzende Richter in seiner Urteilsbegründung die Vorgeschichte der "grausamen Tragödie", die auch eine Geschichte von Migration sei und von Druck, der auf der Familie gelastet habe.

Vater handelte aus "Hass, Wut und Rache"

Während ihn seine Angehörigen in der Heimat für ein "Schwarzes Schaf" gehalten hätten, das nur Schulden bringe, aber kein Geld schicke, habe er sich seiner Frau und den Kindern gegenüber zunehmend "wie ein Tyrann" verhalten und sei wiederholt auch gewalttätig geworden.

Herrschafts- und Besitzanspruch sowie narzisstische Züge hätten sein Verhalten geprägt und zugleich eine wachsende Unzufriedenheit darüber, dass ihm seine Frau und die Kinder nicht gehorchten. "Aus Hass, Wut und Rache wird eine Gewalteruption, ein Fanal", sagte der Vorsitzende.

Richter schildert grausame Szenen vom Tatort

Ermittlungen zufolge hatte der Mann am 11. Mai vergangenen Jahres morgens darauf gewartet, dass seine Frau die Wohnung verließ und dann vor der Tür gelauert, bis die Kinder diese öffneten, um zur Schule zu gehen. In der Wohnung soll er demnach seine Tochter auf ein Bett gedrückt und ihr vermutlich mit einem Messer zweimal tief in den Hals geschnitten haben.

Der Sohn sprang nach Überzeugung des Gerichts in Panik vom Balkon der Wohnung im neunten Stock eines Hochhauses in der Hanauer Innenstadt, dabei hatte er schwerste Verletzungen erlitten, an denen er kurz darauf im Krankenhaus starb.

Das letzte, was der Junge gesehen habe, sei seine verletzte Schwester gewesen und der "Vater, der zum Töten gekommen war", sagte der Vorsitzende Richter. Passanten hatten den Jungen gefunden - sein Vater, der aus dem Haus floh, habe nicht einmal nach ihm geschaut. Das Mädchen war noch auf den Balkon gegangen und hatte auf ihren Bruder hinuntergeschaut. Einige Tropfen ihres Blutes fielen auf den Rücken des Jungen. Kurz darauf starb die Siebenjährige. Wenige Tage nach der Tat war der 48-Jährige in einem Vorort von Paris gefasst worden.

"Gezielte Rachsucht"

Seine Tat habe der Mann geplant und sei "mit gezielter Rachsucht" vorgegangen, so der Richter. Er habe die Wehrlosigkeit der Kinder ausgenützt, indem er ihnen aufgelauert und die Wohnung "zur tödlichen Falle" gemacht habe. Seiner Frau habe er zudem mit dem Tod der Kinder dauerhaft Leid zufügen wollen. Dabei hätte er als Vater die Pflicht gehabt, seinen Sohn und seine Tochter zu schützen.

Das Gericht schloss sich mit dem Urteil dem Antrag der Staatsanwaltschaft an. Der Verteidiger des Mannes hatte in seinem Plädoyer keinen konkreten Antrag gestellt, aber darauf hingewiesen, dass die genauen Vorgänge in der Wohnung am Tattag nicht aufgeklärt worden seien.

Es sei unklar, was den Sohn zu dem Sprung veranlasst habe. Unklar sei zudem, ob sein Mandant nicht mit dem Vorhaben zur Wohnung kam, zumindest zu versuchen, die Kinder nach Indien zu bringen.

Urteilsverkündung dauert zwei Stunden - Täter bleibt stumm

In seinem letzten Wort hatte der Mann einem Übersetzer zufolge vor einigen Tagen erklärt: "Ich bedauere den Tod meiner beiden Kinder." In einer früheren, von seinem Verteidiger verlesenen Erklärung hieß es: "Wegen mir sind meine beiden Kinder zu Tode gekommen." Für das dadurch verursachte Leid trage er allein die Verantwortung. "Meine Tat ist unentschuldbar, ich bedauere sie zutiefst. Niemand kann mir verzeihen, daher frage ich auch nicht nach Vergebung."

Der Vorsitzende Richter nannte diese Äußerungen am Freitag "larmoyant bis in den Prozess hinein". Die Mutter sitze ihm gegenüber, sie habe seit der Tat jeden Tag um die Kinder geweint. "Was spricht dagegen zu sagen 'Bitte verzeih mir'", fragte er den Mann, der der rund zweistündigen Urteilsverkündung stumm und dem Richter zugewandt folgte.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig, dagegen ist Revision zum Bundesgerichtshof in Karlsruhe möglich. Der Verteidiger des Mannes wollte dazu keine Erklärung abgeben.

Weitere Informationen Ende der weiteren Informationen