Nahaufnahme eines gefüllten Bierglases mit der Aufschrift "Binding - Römerpils" und einem Eintracht-Wappen darüber. Auf dem Bild eine kleine, farbige Grafik mit dem Schriftzug "war was?".

Das letzte Bier ist abgefüllt, die Binding-Brauerei verlässt Frankfurt. War was? schreibt den tieftraurigen Abschiedsbrief.

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Binding verabschiedet sich aus Frankfurt

Ein Binding Bier im Glas vor der Frankfurter Skyline.
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Hessen, das Bundesland, in dem immer was los ist. An dieser Stelle wirft unser Kolumnist Stephan Reich mit seiner Glosse "War was?" jeden Freitag einen ganz eigenen Blick auf die Nachricht der Woche. Nehmen Sie diesen Blick bitte auf keinen Fall ernst.

Liebes Binding,

als ich vor einigen Wochen die Schlagzeile "Binding macht dicht" las, dachte ich nur: Na ja, weiß ich doch, das ist doch der Sinn der Sache. Aber dann traf es mich wie der Schlag: Nicht deine Wirkung war gemeint, sondern dein Standort. Du würdest Frankfurt verlassen, und ich erfuhr es aus der Presse.

Eine Beziehung wie im Rausch

Die Nachricht traf mich härter als ein Carolus Doppelbock auf nüchternen Magen. Vor lauter Schreck musste ich erst mal ein Carolus Doppelbock auf nüchternen Magen trinken. Ich dachte ja, wir wären füreinander geschaffen. Ich, der Kolumnist mit dem Körperbau eines Braukessels. Du, die kühle Blonde vom Sachsenhäuser Berg. Und nun soll alles vorbei sein?

Dabei haben wir doch so viel miteinander erlebt, es war eine Beziehung wie im Rausch. Dieser eine Abend, als wir … äh. Oder damals, als … äh. Na ja, und die ganzen anderen Anlässe, an die ich mich nicht mehr so richtig erinnere, du weißt schon. Aber schön war es ganz bestimmt, auch wenn du mir immer wieder mal Kopfschmerzen bereitet hast.

War die Maß einfach voll?

Liegt es vielleicht an mir? Wollte ich zu viel? Oder hat unserer Beziehung die nötige Stammwürze gefehlt? Haben wir uns in all den Jahren auseinandergelebt, in einer Beziehung voller alter Routinen? Aber ein Alt hattest du ja gar nicht im Sortiment. Oder bist du immer noch verletzt wegen dieser dummen Sache damals, als ich mit der Grünen aus Jever abgestürzt bin? Das war ein herber Fehler, ich weiß.

Vielleicht habe ich das alles auch nicht gemerkt? Vielleicht hatte sich da schon länger etwas zusammengebraut, vielleicht gärte es unter der Oberfläche. Oder die Maß war einfach voll. Und jetzt sind Hopfen und Malz verloren. Du ziehst nach Nürnberg, willst dort ein neues Leben anfangen. Ausgerechnet Nürnberg, in Franken gibt es doch Biere an jeder Ecke, da bist du eines von vielen. Zieh doch gleich nach Köln und werde ein billiges Kölsch.

Ein Abgang mit fadem Beigeschmack

Und anscheinend kannst du es ja gar nicht erwarten, sitzt auf gepackten Kästen. Das letzte Binding ist schon abgefüllt, sogar ein paar Tage früher als geplant. Ein Abgang mit fadem Beigeschmack, als würde ich ein Beck‘s trinken. Und nun? Du sagst, du kommst trotzdem weiter nach Frankfurt, und vielleicht werde man sich mal über den Weg laufen, in einer Kneipe oder im Supermarkt, und dann auf die alten Zeiten anstoßen. Aber im Ernst: Das ist nicht mehr mein Bier.

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