Eine Collage eines Weihnachtsmanns auf einem Drahtseil an dem ein Transparent hängt mit der Aufschrift "Klimakrise tötet" mit einer Weihnachtsmarkt Szene im Hintergrund.Liegt im Auf dem Bild eine kleine, farbige Grafik mit dem Schriftzug "war was?".

In Kassel kapert ein Klimaaktivist die Seilbahn des Weihnachtsmanns. War was? fragt sich, welche Auswirkungen das aufs Fest haben wird.

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Kassels Klimakrisen-Weihnachtsmann

Aktivist über dem Kasseler Weihnachtsmarkt
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Hessen, das Bundesland, in dem immer was los ist. An dieser Stelle wirft unser Kolumnist Stephan Reich mit seiner Glosse "War was?" jeden Freitag einen ganz eigenen Blick auf die Nachricht der Woche.

Eine Sache, die mich im Internet wiederkehrend irritiert, sind "witzige" Protestschilder. Immer mal sieht man irgendwo eine Bildergalerie oder einen Post auf Social Media von Leuten, die auf einer Demo gegen was auch immer ein humoriges Schild hochhalten.

Klar, manche sind tatsächlich witzig, ganz ohne Anführungsstriche. Aber meist denke ich, dass das doch den Grund des Protestes unterläuft und die gute Sache zum Selbstzweck macht, um ein paar Lacher und Likes zu kassieren oder irgendwo in einer Bildergalerie aufzutauchen.

In diesem Sinne: Props an den Klimaprotestler aus Kassel, der am Mittwochabend mit der eher unwitzigen Botschaft "Klimakrise tötet" aufwartete. In der ein oder anderen Bildergalerie könnte der Mann dennoch auftauchen, schließlich stand er nicht einfach bräsig mit einem Schild herum, sondern kaperte für seinen Protest das Hochseil des Kasseler Weihnachtsmanns, der dort zweimal am Tag Schlitten fährt. In stolzen 40 Metern Höhe.

Lappland leider abgefackelt

Klimaprotestler kapert Weihnachtsmann-Hochseil, das klingt wirklich nach Nachrichten aus einer dystopischen Zukunft. Wahrscheinlich klebt sich der Mann nächste Woche am Polarkreis auf die Startbahn des Rentierschlittens oder blockiert an Heiligabend die Schornsteine in Kassel.

Die Schlitten-Vorführung am Abend fiel wegen der Aktion übrigens aus. Einige Besucherinnen und Besucher des Weihnachtsmarktes buhten den Aktivisten aus, andere zeigten aber Verständnis für die Aktion. Als er wieder runterkraxelte, wurde er von der Polizei in Empfang genommen.

Es sind ja wirklich wilde Zeiten. Wahrscheinlich hätte ich mich auch nicht gerade gefreut, meiner Tochter erklären zu müssen, warum der Weihnachtsmann an diesem Tag eben doch nicht fliegt. Aber ihr erklären zu müssen, dass der Weihnachtsmann gar nicht mehr kommt, weil Lappland leider abgefackelt ist, wäre noch unerfreulicher.

Weihnachtsmann im Schlauchboot

Denn das ist ja die dystopische Zukunft, auf die wir zusteuern. Das 1,5-Grad-Ziel ist wohl nur noch theoretisch zu erreichen, aktuell steuern wir eher auf drei Grad Erwärmung zu. Die Folgen wären katastrophal, laut Weltklimarat IPCC entscheidet dieses Jahrzehnt über die Zukunft des Planeten. Demnach müssten die Emissionen um fast die Hälfte zurückgehen, während die Investitionen in den Klimaschutz um das drei- bis sechsfache gesteigert werden müssten.

Aber was passiert? Die Nachfrage nach fossilen Brennstoffen steigt sogar. Man muss es so sagen: Wir brennen den Planeten ab.

Da kann man vor Frust schon mal die Wände hochgehen - oder eben ein Weihnachtsmannseil hochklettern. Auch wenn die Form des Protests freilich umstritten ist, die Belange der Aktivisten kann ich absolut nachvollziehen.

Ich möchte nicht, dass der Weihnachtsmann in Zukunft mit dem Schlauchboot kommt, weil die Polarkappen geschmolzen sind. Oder meiner Tochter eine Elementarschadenversicherung unter den Baum legt statt eines Bobbycars oder Puppenhauses. Das wäre dann nämlich wirklich schwierig zu erklären.