War was? Geldautomat

Nirgends werden so viele Geldautomaten gesprengt wie in Hessen. Mittlerweile wäre es fast eher eine Nachricht, wenn mal keiner gesprengt würde. Ein klarer Fall für "War was?".

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Zwei Geldaumatensprengungen in einer Nacht

Geldautomatensprengung
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Hessen, das Bundesland, in dem immer was los ist. An dieser Stelle wirft unser Kolumnist Stephan Reich mit seiner Glosse "War was?" jeden Freitag einen ganz eigenen Blick auf die Nachricht der Woche. Nehmen Sie diesen Blick bitte auf keinen Fall ernst.

Keinerlei Scherben und Trümmer, keine aufgescheuchten Nachbarn, kein Bild der Verwüstung – es war ein ungewohnter Anblick, der sich Ermittlern gestern in der Sparkasse Neu-Anspach im Hochtaunuskreis bot. Nach kurzer Begutachtung des Nicht-Tatorts bestätigte die örtliche Polizei: Im hessischen Anspach ist ein Geldautomat tatsächlich nicht gesprengt worden. "Nein, hier ist wirklich absolut nichts passiert", hieß es seitens der Polizei.

Eine echte Überraschung angesichts der aktuellen Frequenz von Geldautomatensprengungen in Hessen. Entsprechend perplex waren auch die Anwohner. "Wir hatten uns schon mit Ohropax eingedeckt, wegen der zu erwartenden Explosionen. Aber nichts", so eine Nachbarin. Selbst die Bankmitarbeiter wurden von der ausbleibenden Sprengung kalt erwischt. "Ich dachte, ich könne heute zu Hause bleiben. Aber jetzt muss ich arbeiten", so ein enttäuschter Sachbearbeiter.

Eine regelrechte Geldautomatensprengungsepidemie

Tatsächlich geht die Nicht-Sprengung des Geldautomaten in Neu-Anspach gegen einen hessenweiten Trend. In keinem anderen Bundesland hat die Zahl der Geldautomaten-Sprengungen im laufenden Jahr so deutlich zugenommen, 54 Prozent mehr gesprengte Geldautomaten bedeuten bundesweiten Rekord. Zuletzt wurden in Neu-Isenburg und Lollar Automaten gesprengt, es vergeht eigentlich kaum mehr eine Nacht, in der nicht irgendwo jemand einen Automaten in die Luft jagt, Experten und überambitionierte Kolumnisten sprechen bereits von einer regelrechten Geldautomatensprengungsepidemie.

Umso erstaunlicher der unversehrte Neu-Anspacher Geldautomat. Auch wenn der genaue Nicht-Tathergang noch unklar ist, sickerten Stunden nach der Nicht-Tat mehr und mehr Informationen durch, was genau eigentlich nicht passiert ist. "Wir ermitteln nicht mit Hochdruck", hieß es seitens der Polizei, das Puzzle füge sich so langsam.

"Es ist offenbar einfach gar nichts passiert"

Demnach habe gegen zwei Uhr früh keine Gangsterbande die Sparkasse betreten. Niemand habe einen lauten Knall gehört, es seien auch keine maskierten Gangster mit der Beute geflohen, die es ja auch nicht gegeben habe. All das sei auch zu keinem anderen Zeitpunkt in der Nacht geschehen. Weswegen die Ermittler nun vor einem Rätsel stehen. "Es ist offenbar wirklich einfach gar nichts passiert. Das ist sehr untypisch für hessische Geldautomaten."

Klar ist aber auch: Das muss nicht so bleiben. Bestätigt sich die exponentielle Zunahme an Automatensprengungen, dürfte auch der Automat in Neu-Anspach in den nächsten Wochen fällig sein, die Anwohner haben ihr Ohropax also nicht umsonst gekauft. "Da bin ich aber froh", so die Nachbarin.

Banken kommen nicht mehr hinterher

Im Anschluss dürfte dann aber alsbald Ruhe herrschen. Hochrechnungen mathematisch unbegabter Kolumnisten zufolge könnte schon in wenigen Monaten ein Punkt erreicht sein, an dem die Banken in Hessen mit der Herstellung neuer Automaten nicht mehr hinterherkommen - und die Gangster damit beschäftigungslos sind.