Reichsbürger-Prozess Zeuge: Maximilian E. wollte Jens Spahn "beseitigen"

Im Terrorprozess gegen die Gruppe Reuß hat ein Ex-General geschildert, wie ihn der Angeklagte Maximilian E. für einen Staatsstreich gewinnen wollte - bei einem Treffen im Biergarten.

Maximilian E. neben seinen Anwälten.
Maximilian E. neben seinen Anwälten. Bild © picture-alliance/dpa

Man merkt Frank L. an, dass er sein gesamtes Berufsleben beim Militär verbracht hat. Mit zackigen Schritten betritt der mittlerweile pensionierte Generalleutnant der Bundeswehr den Verhandlungssaal im provisorischen Gerichtsgebäude in Frankfurt-Sossenheim. Als er am Zeugentisch Platz nimmt, bleibt sein Rücken aufrecht durchgestreckt. Der 66-Jährige sagte am Mittwoch im Frankfurter Reichsbürger-Prozess aus - gegen einen ehemaligen Kameraden.

Maximilian E. soll soll Soldaten geworben haben

Maximilian E. sitzt seit bald einem Jahr auf der Anklagebank: Drahtig, schlank fast schlacksig, lange silbergraue Mähne, grau-schwarzer Schnauzer. Eingerahmt wird der ehemalige Bundeswehroberst von seinen drei Rechtsbeiständen. Neben und hinter ihm haben acht weitere Angeklagte nebst Anwaltsteam Platz genommen, denen der Generalbundesanwalt vorwirft, als Mitglieder einer terroristischen Vereinigung einen bewaffneten Umsturz in Deutschland geplant zu haben.

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Maximilian E. gilt als einer der Rädelsführer. Unter anderem wird ihm seitens der Anklage vorgeworfen, einen bewaffneten Sturm auf das Reichstagsgebäude in Berlin geplant zu haben. Zu diesem Zweck soll er auch versucht haben, weitere Militärangehörige anzuwerben - unter anderem Frank L.

Es soll um die "Tötung" von Jens Spahn gegangen sein

Er und Maximilian E. hätten über Jahrzehnte ein "kameradschaftliches Verhältnis" gepflegt, berichtet Frank L. Dies habe auch weiter bestanden, als E. in der Corona-Zeit "seine eigenen Vorstellungen" bezüglich der Pandemie und den Gegenmaßnahmen der Bundesregierung entwickelt habe. Im August 2021 habe er dann zugestimmt, sich mit "Kamerad E. " in einem Biergarten in einer bayerischen Kleinstadt zu treffen.

Maximilian E. war zu diesem Zeitpunkt in der Szene der "Querdenker" und "Maßnahmenkritiker" bereits eine feste Größe, kritisierte öffentlich bei Demonstrationen angebliche Grundrechtseingriffe und sprach auch schon mal davon, ein paar KSK-Soldaten zum Aufräumen nach Berlin zu schicken. Beim Treffen im Biergarten bestand E. dann darauf, dass die Handys weggelegt werden - es müsse ja nicht jeder zuhören, erinnert sich Frank L.

E. habe ihm dann zu verstehen gegeben, "dass ein Punkt erreicht sei, an dem das Regierungshandeln nicht mehr tolerierbar" sei: "Wir müssen handeln. Das war dann irgendwo schon sein Mantra", berichtet L. Im Laufe des Gesprächs sei deutlich geworden, dass es darum ginge, "ein paar Leute" zu beseitigen. Allen voran den damals noch amtierenden Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). "Am Ende des Tages ging es, um die Tötung von Herrn Spahn", gibt L. zu Protokoll.

Kaum Erinnerung an konkreten Wortlaut

Das Gespräch endet, als Frank L. dem späteren Angeklagten zu verstehen gibt, dass er dessen Weltsicht nicht teilt und keinen Grund sieht "zu handeln". Im Nachgang sei ihm klar geworden, dass Maximilian E. versucht habe ihn zu rekrutieren. Das Gespräch im Biergarten beunruhigte den Generalleutnant jedoch derart, dass er es dem Militärischen Abschirmdienst (MAD) meldet.

Die Aussage von Frank L. könnte ein schwerer Schlag für die Verteidigung von Maximilian E. - und indirekt auch für die übrigen Angeklagten sein. Allerdings muss Frank L. auf Nachfragen von Gericht und Verteidigern mehrfach einräumen, dass wörtlich weder von "Beseitigen" noch "Tötung" die Rede gewesen sei. Seine Aussage stelle eine "sinngemäße" Zusammenfassung des Gesprächs dar. Seine Schlussfolgerungen - so betont L. - ergäben sich aus dem Kontext des Treffens.

Weil Frank L. nur sehr wenige Teile des Gesprächs wörtlich wiedergeben kann, bleiben am Ende des Verhandlungstages Zweifel daran, ob sich der mutmaßliche Rekrutierungsversuch nachweisen lässt. Zumal Frank L. in seiner polizeilichen Vernehmung im Jahr 2023 nur davon sprach, dass E. gegen Vertreter der Bundesregierung "etwas unternehmen" wolle.

Mehrere Verteidiger weisen darauf hin, dass damit auch rechtliche Schritte oder Demonstrationen gemeint sein könnten. Zudem legen Chatprotokolle nahe, dass das Treffen nicht wie von L. behauptet im August 2021, sondern erst im Oktober stattfand. Jens Spahn war da zwar noch Gesundheitsminister - aber nur noch geschäftsführend. Zwei Monate später übernahm die Ampel-Koalition die Regierungsgeschäfte.

Die Vernehmung von Frank L. wird am kommenden Dienstag, 13. Mai, fortgesetzt.

Sendung: hr INFO,

Quelle: hessenschau.de