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67 rechte Chatgruppen bei hessischer Polizei - zum Teil mit Kinderpornografie

Die Grafik zeigt eine Hand, wie sie ein Mobiltelefon in der Hand hält, auf dem rechtsextreme Nachrichten zu sehen sind.

Seit Anfang dieses Jahres sind vier Beamte und eine Beamtin der hessischen Polizei wegen rechter Chatgruppen angeklagt. Im Innenausschuss des Landtags zeigte sich nun die Dimension dieser Vorfälle: Insgesamt soll es 67 rechte Chatgruppen bei der Polizei gegeben haben - zum Teil auch mit kinderpornografischen Inhalten.

Was der hessische Innenminister Peter Beuth (CDU) am Donnerstag im Innenausschuss des Landtags berichtete, offenbart eine neue Dimension des Skandals um rechte Chatgruppen innerhalb der hessischen Polizei. Insgesamt seien 67 Chatgruppen bekannt geworden, wovon 35 Anlass für strafrechtliche Ermittlungen gegeben hätten, sagte Beuth, nachdem die Linksfraktion einen dringlichen Berichtsantrag in dem Ausschuss gestellt hatte.

Doch nicht nur die Zahlen schockieren, auch die Inhalte: In den Chatgruppen soll neben rechtsextremen und antisemitischen Inhalten auch kinderpornografisches Material geteilt worden sein.

"Allein 110 Polizeikräfte haben sich in diesem Kontext strafrechtlich relevant verhalten, unklar, wie viele weitere tatenlos zugeguckt haben", sagte dazu Torsten Felstehausen, der Parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion im Landtag. "Diese Dimensionen sind skandalös und in ihrer Größenordnung kaum fassbar."

Klima der Angst innerhalb der Polizei

"Wir reden über schlimme Straftaten," sagte Heike Hofmann, die innenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion. Jedem einzelnen Fall müsse entschlossen mit allen Mitteln des Straf- und Disziplinarrechts nachgegangen werden. Und: "Das Ausmaß und der Umfang dieser Chats sind besorgniserregend."

Rechtsextreme und antisemitische Äußerungen und der Austausch kinderpornografischer Bilder seien "völlig inakzeptabel", sagte Hofmann. "Für uns ist klar, dass eine neue Fehler- und Führungskultur bei der hessischen Polizei implementiert werden muss."

Konkret bedeute das, bei der Polizei dürfe nicht weiter ein Klima herrschen, indem sich Beamtinnen und Beamte nicht trauen, Versäumnisse ihrer Kolleginnen und Kollegen zu melden. Immer wieder höre sie aus Polizeikreisen, dass diesbezüglich dort "sehr viel Angst" bestehe, sagte Hofmann.

Innenminister Peter Beuth (CDU) ordnet vor einer Sitzung des Innenausschusses im Hessischen Landtag seine Akten.

Chatgruppen durch NSU 2.0-Zufall entdeckt

Die Staatsanwaltschaft Frankfurt hat im Januar 2022 Anklage gegen fünf Beschuldigte des 1. Frankfurter Polizeireviers erhoben, vier Männer und eine Frau im Alter zwischen 31 und 37 Jahren. Ihnen werden das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, Volksverhetzung, Gewaltdarstellung, Beschimpfung von religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnissen und Besitz sowie Verbreitung pornografischer Schriften vorgeworfen.

Die verdächtigen Chatgruppen waren nur durch einen Zufall im Rahmen der Ermittlungen um die "NSU 2.0"-Affäre aufgefallen. Im August 2018 waren Ermittlungen gegen Unbekannt eingeleitet worden, nachdem die Frankfurter Rechtsanwältin Seda Basay-Yildiz ein Fax erhalten hatte, das neben Beleidigungen und Drohungen auch private Daten von ihr und Angehörigen enthielt.

Nachforschungen ergaben dann, dass kurz vor Versenden des Drohfaxes ihre Einwohnermeldedaten von einem Dienstrechner aus dem 1. Revier abgefragt worden waren. Eine der fünf Angeklagten ist der Staatsanwaltschaft zufolge eine Polizeioberkommissarin, die zum Abfragezeitpunkt mit ihren Zugangsdaten eingeloggt war.

Im weiteren Verlauf stießen die Ermittler schließlich auf die rechte Polizei-Chatgruppe. Seitdem sind in Hessen eine ganze Reihe von Polizei-Chats mit rechtsextremen Inhalten öffentlich geworden.