Der Waldecker Bundestagsabgeordnete Nolte lässt sich immer wieder von der russischen Zeitung Iswestija interviewen und geißelt dort die deutsche Ukraine-Politik. Der AfD-Politiker findet das nur logisch.

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AfD-Politiker aus Waldeck in russischer Zeitung

Der nordhessische AfD-Politiker Jan Nolte bei einer Rede im Februar 2024 im Deutschen Bundestag
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Die Leser der Iswestija, einer der größten Zeitung Russlands, haben es kürzlich mal wieder schwarz auf weiß bekommen: Nicht Russland sei der Aggressor in der Ukraine, sondern der Westen habe die Entwicklung mit seiner aggressiven Politik verschuldet. Russland in der Opferrolle - als Kronzeuge dieser in Putins Reich offiziellen These tritt im Iswestija-Artikel Jan Nolte auf, AfD-Bundestagsabgeordneter aus dem nordhessischen Wahlkreis Waldeck.

Nolte nutzt die russische Bühne, um mit der deutschen Sicherheitspolitik der vergangenen Jahrzehnte abzurechnen. Anlass ist die Entsendung deutscher Soldaten nach Litauen, einem Nato-Land, das direkt an Russland grenzt. Nolte findet, Deutschland setze damit eine militärische Eskalation fort, die schon 1999 mit der Nato-Osterweiterung begonnen habe. Diese Politik richte sich gegen Russland und sei bedauerlich.

Nolte: Wo ist das Problem?

Auf hr-Anfrage bestätigte Nolte die wörtlichen Zitate. Er finde nichts dabei, wenn er einem russischen Medium genau das sage, was er sonst auch vertrete, etwa auf Social Media. Er gebe der Iswestija schon seit 2018 immer wieder Interviews. Die Formulierung "Aggression gegen die Russische Föderation" im Titel des oben genannten Artikels stamme allerdings nicht von ihm, er spreche lieber von einer "Eskalationsspirale".

Kritik an Russlands Überfall auf die Ukraine findet sich wenig überraschend in den Iswestija-Artikeln mit Nolte-Beteiligung nicht. Dabei legt er gegenüber dem hr Wert darauf, dass er den russischen Angriff für einen Fehler halte. Bei der Iswestija fällt das weg, und damit kann der AfD-Mann offenbar gut leben. "Dass eine solche Zeitung andere Aussagen von mir hervorhebt, als eine deutsche Zeitung das tun würde, ist auch klar", schrieb er dem hr.

Experte: Linientreue Gesprächspartner gesucht

Kreml-nah und linientreu sei die Iswestija, sagt Mikhail Polianskii, der sich am Leibniz-Institut für Friedens- und Konfliktforschung in Frankfurt mit russischer Politik beschäftigt. Die Zeitung sei 1917 als Mitteilungsblatt der Sowjets gegründet worden. Noch heute sei sie eine der führenden Zeitungen des Landes und gehöre zur Nationalen Mediengruppe des Milliardärs Juri Kowaltschuk, der als Putin-Freund gelte.

Warum eine so bedeutende Zeitung immer wieder einen vergleichsweise unbekannten deutschen Politiker interviewt, ist unklar. Nolte ist Mitglied im Verteidigungsausschuss des Bundestags, eine Sprecher-Funktion hat er nicht inne. Auf eine hr-Anfrage hat Iswestija bisher nicht reagiert. Der Russland-Experte Polianskii erklärt es so: Die Iswestija suche sich Interviewpartner, die zu ihrer Linie passen.

Weitere russlandfreundliche AfD-Politiker

Auch andere AfD-Politiker sind durch Auftritte in russischen Medien aufgefallen, etwa der nordrhein-westfälische Bundestagsabgeordnete Eugen Schmidt. Im russischen Radio kritisierte er Deutschland als Unrechtsstaat, in dem Andersdenkende unterdrückt würden. Im Bundestag rief er im Februar 2022 in perfektem Russisch: "Wollen die Russen Krieg? Nein!" Eine Woche später überfielen russische Truppen die Ukraine.

Aktuell steht Petr Bystron in der Kritik, der auf der AfD-Liste für die Europawahl auf Platz zwei rangiert. Bystron gab mehrfach dem prorussischen Internetportal Voice of Europe Interviews. Er sieht sich mit dem Verdacht konfrontiert, dass das Medium ihn für Interviews bezahlt habe. Nach ARD-Recherchen geht es um 20.000 Euro. Bystron bestreitet die Vorwürfe und sieht sich als Opfer einer Medienkampagne.

Iswestija-Stammgast Nolte argumentiert ähnlich. Dem hr schickte er eine Resolution der AfD-Fraktion, die er nach eigener Aussage selbst geschrieben hatte. Darin ist von "medialen Verdrehungen" der AfD-Positionen die Rede. Die Partei müsse ihre Positionen deshalb so darstellen, "dass es Medien und dem politischen Gegner nicht zu leicht gemacht wird, sie zu entstellen". Bei der Iswestija scheint Nolte da keine grundsätzlichen Bedenken zu haben.

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