Nach ihren Zugewinnen bei der Hessen-Wahl versucht die AfD erneut, was bisher in mehreren Anläufen scheiterte: Sie beansprucht einen Posten im Präsidium des Landtags. Die Chancen für ihre Kandidatin Anna Nguyen stehen eher schlecht.

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Erneuter Streit um Platz für AfD im Landtagspräsidium bahnt sich an

Die AfD-Politikerin Anna Nguyen
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Wenn der neu gewählte Landtag am 18. Januar zu seiner konstituierenden Sitzung zusammenkommt, wird ein Politiker der AfD die Eröffnungsrede halten. Die Ehre wird ihrem Fraktionsmitglied Bernd-Erich Vohl zuteil, weil er mit 73 Jahren der älteste aller 133 Abgeordneten ist.

Schon vor fünf Jahren stellte die AfD gemäß der Geschäftsordnung den Alterspräsidenten. Er wird lediglich in der Premierensitzung einer Legislaturperiode gebraucht und auch nur so lange, bis der Landtag sein reguläres Präsidium gewählt hat.

Wie alle anderen Fraktionen einen Dauerposten im Präsidium zu besetzen, gelang der AfD bislang aber nicht. Nach einer Handvoll vergeblicher Anläufe in der alten Wahlperiode hat die Fraktion am Mittwoch angekündigt, nun die Frankfurterin Anna Ngyuen als Kandidatin für die Vize-Präsidentschaft ins Rennen zu schicken.

Freier Platz, aber ...

Die angestellte Unternehmensberaterin sei "eine Tochter christlich-vietnamesischer Flüchtlinge", schreibt die AfD. Ein Präsidiumsplatz für die 33-Jährige, die neu in den Landtag kommt, wäre frei: Als ihre Partei bei der Wahl 2018 erstmals den Einzug ins Landesparlament geschafft hatte, erhöhten die anderen Fraktionen die Zahl der Vizepräsidenten sogar eigens von fünf auf sechs.

Doch obwohl damit theoretisch alle Fraktionen einen Vizepräsidenten hätten stellen können, bekam keiner der im Lauf der folgenden Jahre kandidierenden AfD-Politiker die erforderliche Mehrheit. Für den zuletzt angetretenen Co-Landeschef Andreas Lichert stimmten nicht einmal alle Mitglieder der AfD-Fraktion.

Pochen auf Rolle der Oppositionsführerin

Bei der Bekanntgabe der Kandidatur Nguyens betonte die AfD nun, dass sie den Vorschlag in ihrer neuen Rolle als Oppositionsführerin mache. Sie wurde bei der Landtagswahl mit 18,4 Prozent der Stimmen zweitstärkste Partei hinter der CDU. Sollte Nguyen scheitern, wäre das laut AfD "ein schlechtes Zeichen für die Demokratie".

Doch die Aussichten für die AfD-Kandidatin sind wegen grundsätzlicher Bedenken der anderen Fraktionen schlecht. Die AfD in Hessen bezeichnet sich selbst als bürgerlich-konservativ. Der Landesverfassungsschutz hat sie als rechtsextremistischen Verdachtsfall eingestuft, der nachrichtendienstlich beobachtet werden darf.

Gegenwind nach Wahlerfolg

Eine inhaltliche Zusammenarbeit mit der Partei lehnen alle anderen Fraktionen kategorisch ab. Sie verwiesen in der Frage der Vize-Präsidenten zudem darauf, dass jede und jeder Abgeordnete selbst frei entscheiden dürfe, ob sie oder er einen Kandidaten wählt oder nicht.

Dass sich an dieser ablehnenden Haltung nichts ändern wird, wurde erst Ende des vergangenen Jahres wieder deutlich. Kurz vor Weihnachten kam der Landtag eigens zu einer zusätzlichen Sitzung zusammen, um ein von CDU, Grünen, SPD und FDP gemeinsam initiiertes "Demokratiepaket" zu beschließen. Zentrale Maßnahmen richten sich gegen die AfD und ihre größer werdende Fraktion.

Kein Platz in G10-Kommission

So werden die Mitglieder der G10-Kommission des neuen Landtags vom Parlament gewählt und nicht entsprechend dem Landtagswahlergebnis benannt. Andernfalls hätte die AfD aufgrund ihres Wahlerfolgs erstmals einen Platz erhalten. Die Kommission befindet über die Zulässigkeit von Telefonüberwachungen des Verfassungsschutzes.

Außerdem darf gegen Abgeordnete wegen schlechten Benehmens künftig ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 3.000 Euro verhängt werden.

Auf eine Regelung, um auch einen möglichen Alterspräsidenten der AfD zu verhindern, verzichteten ihre Gegner in Hessen bisher. Der Bundestag änderte vor Jahren aus diesem Motiv eigens seine Geschäftsordnung. Seitdem eröffnet der dienstälteste Abgeordneter die konstituierende Sitzung.

Bleibt Wallmann Präsidentin?

Das Vorschlagsrecht für die Besetzung der Spitze des Landtagspräsidiums hat wieder die CDU als stärkste Fraktion. Die Wiesbadener Unionspolitikerin Astrid Wallmann übernahm die Präsidentschaft am 31. Mai 2022 von Boris Rhein, als dieser zum Ministerpräsidenten gewählt wurde.

Ob Wallmann Präsidentin bleibt, war am Mittwoch noch offen. "Mir liegt noch kein Wahlvorschlag vor", sagte sie. Die 44-Jährige wird auch für ein Ministeramt in der künftigen schwarz-roten Landesregierung gehandelt.

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