nnenminister Peter Beuth (CDU) im Hanau-Untersuchungsausschuss

Opferfamilien und Opposition sind vom Auftritt von CDU-Innenminister Beuth vor dem Untersuchungsausschuss enttäuscht. Diesmal übt aber auch der Koalitionspartner harte Kritik – drei Monate vor der Landtagswahl.

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Innenminister Beuth vor dem Hanau-Ausschuss

hs 07.07.2023
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Vier Stunden lang stand Innenminister Peter Beuth (CDU) am Freitag im Plenarsaal des Landtags Rede und Antwort. Seine eigene Partei zählte im Untersuchungsausschuss erwartungsgemäß nicht zu denen, die ihn mit besonders kritischen Fragen zur Arbeit der Sicherheitsbehörden im Fall des Attentats von Hanau unbequem werden wollten.

Wie gewohnt setzte es auch vom Koalitionspartner keine harten Attacken - weder im Ausschuss noch anschließend vor dem Saal bei laufenden Kameras. Erst einmal. Das holten die Grünen per Pressemitteilung nach. Aus sicherer Entfernung - und doch in bislang einmaliger Offenheit.

Gronemann: Vertrauen nicht wiederhergestellt

"Aus unserer Sicht hätten heute Fehler klarer benannt und öffentlich eingestanden werden können", heißt es in der Stellungnahme von Vanessa Gronemann, Obfrau der Grünen im Ausschuss. Weiter: "Auch eine von den Angehörigen geforderte Entschuldigung blieb leider aus."

Und das Fazit: "Die heutige abschließende Sitzung hat somit nicht in ausreichendem Maße dazu beigetragen, verloren gegangenes Vertrauen wiederherzustellen."

Gleiche Kritikpunkte wie Opposition

Gronemann hält dem Koalitionspartner Beuth vor, dass die Angehörigen eine "offene und sensible Kommunikation seitens des Innenministers erwartet" hätten – und das auch schon direkt nach dem Anschlag.

Die Grüne setzt Beuths Verhalten in Kontrast zu seiner Aussage vor dem Ausschuss, die Polizei sei eine lernende Organisation und habe Verbesserungen gerade in der Frage der Opfernachsorge angestoßen. Sie vermisst nach dem Auftritt des CDU-Politikers nach eigenen Angaben auch noch immer Klarheit darüber, wer vom veralteten Notruf der Polizei in Hanau wusste und eine Modernisierung hätte veranlassen müssen.

Damit greifen die Grünen Beuth weitgehend mit den Kritikpunkten an, die auch die Opposition sowie Opferfamilien und die sie unterstützende Initiative 19. Februar anführen.

Streit über Bericht auf die Zeit nach der Wahl verschoben?

Dass sich bei der Aufarbeitung des Hanau-Attentats drei Monate vor der Landtagswahl am 8. Oktober ein öffentlicher Konflikt entzündet, kommt freilich nicht ganz aus heiterem Himmel. Schwarz-Grün hatte bereits beschlossen, den ursprünglichen Zeitplan zu verschieben: Über den Abschlussbericht und abweichende Stellungnahme von Fraktionen soll erst nach der Wahl entschieden werden.

Bei der Landtagswahl treten beide Regierungsparteien als Konkurrenten an. Erstmals will mit Tarek Al-Wazir, Wirtschaftsminister und Vize-Regierungschef, ein Grüner Ministerpräsident werden. Dazu muss er Amtsinhaber Boris Rhein von der CDU ablösen und SPD-Bundesinnenministerin Nancy Faeser als weitere Kandidatin schlagen. Zuletzt lagen die Grünen in Umfragen für Hessen auf dem dritten Platz - weit hinter der Union.

Fraglich ist nun, ob CDU und Grüne nach der Wahl überhaupt noch zu einem gemeinsamen Abschlussbericht über die Erkenntnisse des Hanau-Ausschusses zusammenfinden. Dazu wollte Grünen-Obfrau Gronemann auf Anfrage am Freitagabend nicht weiter Stellung nehmen. CDU und Grüne hatten die Verschiebung offiziell damit begründet, man wolle eine sachliche Diskussion ohne Instrumentalisierung des Attentats.

Lieblings-Bündnisgegner Beuth

In der Innenpolitik unterscheiden sich CDU und Grüne besonders stark. In der Regierungsarbeit spielte das bislang keine spaltende Rolle, da das Prinzip der Arbeitsteilung und der Abarbeitung des Koalitionsvertrags gilt. Die Ressorts des jeweiligen Bündnispartners lassen beide Parteien weitgehend in Ruhe – jedenfalls öffentlich.

Von SPD und Linkspartei, aber auch intern vom eigenen linken Flügel handelte sich die Landtagsfraktion der Grünen deshalb wiederholt den Vorwurf ein, es mit der Koalitionsdisziplin zu übertreiben.

Dass die CDU auf Kosten eigener Prinzipien zu sehr geschont werde, hörten die Grünen schon bei der Aufarbeitung der rechtsextremistischen NSU-Morde. Im laufenden Untersuchungsausschuss zum Mord am CDU-Politiker Walter Lübcke setzte sich dies fort - und bis Freitag auch im Hanau-Ausschuss.

Vorbehalte gegen Innenminister

Der konservative Beuth stieß stets auf besondere Vorbehalte bei den Grünen - aber noch nie wurde das öffentlich so deutlich gemacht wie nun. Als die Nachfolge des vormaligen CDU-Ministerpräsidenten Volker Bouffier zu regeln war, soll der kleinere Koalitionspartner intern Einspruch für den Fall signalisiert haben, dass der Innenminister das Rennen macht.

Am Ende wurde es Rhein. Beuth kündigte später seinen Rückzug aus der Landespolitik zum Ende der Legislaturperiode Anfang des kommenden Jahres an.

Knirschen wird immer lauter

Der beginnende Wahlkampf hat schon anderweitig Spannung in der Landesregierung zu Tage treten lassen. Zuletzt vor allem wegen der Bundespolitik und infolge des umstrittenen Heizungsgesetzes. Vor allem CDU-Bundeschef Friedrich Merz hatte die Grünen im Landtag in Rage gebracht. Zunächst war es ein Lob auf die alte, konservativere Hessen-CDU unter ihren früheren Anführern Alfred Dregger und Roland Koch. Später kam die öffentlich geäußerte Merz-Strategie hinzu, im Bund seien die Grünen der Hauptgegner der Union.

Grünen-Landtagsfraktionschef Mathias Wagner warnte die hessische Union, ihren bisherigen Kurs für eine Linie nach Vorbild von Merz und Bayerns CSU-Ministerpräsident Markus Söder zu verlassen. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit beiden Spitzenmännern zu neuen Leitlinien der Union hatte Rhein kürzlich noch beschwichtigt: Die Zusammenarbeit mit den Grünen in Hessen sei geradezu harmonisch.

Rhein sagte mit Blick auf die Hessen-Wahl allerdings auch: Die Grünen hätten schließlich einen Dreikampf gewollt, "jetzt bekommen sie ihn". Öffentlich war es zuvor schon auf landespolitischer Ebene zur Sache gegangen: als der hessische CDU-Generalsekretär Manfred Pentz auf Twitter gegen das Heizungsgesetz und den zuständigen grünen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck ätzte.

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