Die Fraktion der Grünen im Römer in Frankfurt unterstützt den Oberbürgermeisterkandidaten Mike Josef (SPD) bei der Stichwahl am kommenden Sonntag. Der Partei-Vorstand tut das nur indirekt, er scheint die Niederlage der eigenen Kandidatin noch nicht verarbeitet zu haben.

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Grüne tun sich schwer mit Wahlempfehlung für Stichwahl

Mike Josef und Uwe Becker nebeneinander auf blauem Hintergrund. Auf der Collage eine kleine Grafik mit einer blau eingefärbten Fläche (Umriss Stadt Frankfurt), dem Wappen der Stadt Frankfurt und einem Wahlkreuz.
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"Grüne unterstützen Josef", titelt ein Onlineportal auf den Videowänden in den Frankfurter U-Bahn-Stationen. Diese Schlagzeile verkürzt allerdings die Haltung der Grünen deutlich.

Die Grünen-Fraktion im Römer spricht sich zwar klar für den SPD-Kandidaten Mike Josef bei der Stichwahl am Sonntag gegen den CDU-Kandidaten Uwe Becker aus. In einer Pressemitteilung heißt es, dass der SPD-Kandidat den Koalitionsvertrag zwischen Grünen, SPD, FDP und Volt unterschrieben und bisher sehr gut mit den Parteien zusammengearbeitet habe.

Die Frankfurter Grünen-Partei nennt den Namen Mike Josef hingegen mit keinem Wort. Der Vorstand um Julia Frank und Götz von Stumpfeldt empfiehlt den Wählern für die Umsetzung grüner Inhalte zu stimmen - also für die von den Grünen geführte Koalition im Römer. Und zu der gehört der Sozialdemokrat Josef als Planungsdezernent. Also geben sie an dieser Stelle nur eine versteckte und indirekte Wahlempfehlung.

Niederlage noch nicht verdaut

Doch warum gibt es keine einheitliche Wahlempfehlung der Grünen? Warum dieser Eiertanz wenige Tage vor der Stichwahl in Frankfurt? Die Antwort: Der Vorstand der Grünen scheint das Aus seiner Kandidatin Manuela Rottmann noch nicht verdaut haben. Zwar hat Rottmann mit 21,3 Prozent ein sehr gutes Ergebnis im 1. Wahlgang geholt, doch für die Stichwahl hat es in der Grünen-Hochburg Frankfurt nicht gereicht.

Wer sich in der Wahlanalyse die Stimmen für Mike Josef anschaut, wird feststellen, dass ein Viertel von Josefs Wählerschaft sonst seine Kreuzchen bei den Grünen macht. Diese Stimmen haben den Grünen am Ende für den Einzug in die Stichwahl gefehlt.

Viele Argumente sprechen gegen Manuela Rottmann

Es gibt viele Interpretationen, warum sich diese Wählenden für den SPD-Kandidaten und nicht die Grünen-Kandidatin entschieden haben: Rottmann sei in der Stadt zu unbekannt gewesen und eigentlich keine Frankfurterin. Die Zeit sei zu kurz gewesen, um die Wähler von ihren Fähigkeiten zu überzeugen. Bürgermeisterin Narges Eskandari-Grünberg (Grüne) wäre die bekanntere Kandidatin gewesen. Der Bundestrend habe gegen Rottmann gesprochen und viele Argumente mehr. Höchstwahrscheinlich ist es am Ende eine Mixtur aus vielen Gründen, warum Manuela Rottmann es nicht in die Stichwahl geschafft hat.

Rottmann rät zum Schweigen

Manuela Rottmann selbst twittert zu den unterschiedlichen Wahlempfehlungen ihrer Partei: "Si tacuisses philosophus mansisses." Übersetzt: "Wenn du geschwiegen hättest, wärst du ein Philosoph geblieben." Doch die Grünen konnten offenbar nicht schweigen.

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Eigentlich wird Wahlempfehlungen heutzutage nicht mehr viel Bedeutung beigemessen. Sie wirken wie aus der Zeit gefallen. Die Wählerschaft ist in der Regel gut informiert und meinungsstark. Für die beiden Stichwahl-Kandidaten Becker und Josef liegt das größte Potenzial, um neue Stimmen zu holen und die Stichwahl zu gewinnen, bei den 21 Prozent der Wahlberechtigten, die im ersten Wahlgang Manuela Rottmann ihre Stimme gegeben haben.

Vielen von denen wird schon lange klar sein, ob sie am Sonntag bei der OB-Stichwahl ihr Kreuzchen bei Uwe Becker (CDU) oder Mike Josef (SPD) machen oder ob sie gar nicht wählen gehen. Hier gibt es zum Glück doch noch einen Konsens bei den Grünen: Sie rufen die Menschen dazu auf, ihr Wahlrecht in Anspruch zu nehmen.

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