Oberbürgermeisterwahl in Kassel Stichwahl findet nur mit Schoeller statt - Geselle tritt nicht an

Paukenschlag bei der Oberbürgermeisterwahl in Kassel. Bei der Wahl erreichten Amtsinhaber Geselle und Grünen-Kandidat Schoeller die Stichwahl. Doch Geselle macht einen Rückzieher. Er tritt nicht an.

Sven Schoeller im Kasseler Rathaus
Sven Schoeller (Grüne) Bild © Leonie Rosenthal (hr)
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Bei der Oberbürgermeisterwahl in Kassel hat kein Kandidat die notwendige absolute Mehrheit erreicht. Amtsinhaber Christian Geselle (unabhängig) erhielt laut vorläufigem Endergebnis die meisten Stimmen. Er kam auf 31,5 Prozent.

Damit würde Geselle am 26. März bei einer Stichwahl eigentlich gegen den Zweitplatzieren Sven Schoeller (Grüne) antreten. Dieser erhielt 27,8 Prozent der Stimmen. Doch Geselle trat am Abend von der Stichwahl zurück und wird nicht erneut antreten, wie er in der hessenschau sagte.

Geselle kritisiert "schmutzigen Wahlkampf"

"Ich möchte das, was in den vergangenen Wochen und Monaten passiert ist, meiner Familie nicht mehr zumuten. Das steht für mich an erster Stelle", sagte Geselle in der Sendung. Er sei sich bewusst, dass seine Entscheidung einige Wählerinnen und Wähler enttäusche, wolle sich aber schützend vor seine Familie stellen.

Geselle bezeichnete den Wahlkampf gegen ihn als "schmutzig". Der bisherige Amtsinhaber war nach einem Streit mit seiner Partei bei der Wahl als unabhängiger Kandidat und nicht für die SPD angetreten.

Damit verbleibt Schoeller als einziger Kandidat bei der Stichwahl. Am 26. März haben die Kasseler dann nur die Möglichkeit, Schoeller zu wählen oder nicht zu wählen. Das sagte Wahlleiterin Anja Morell im Rathaus.

Letztendlich muss der Wahlausschuss am Mittwoch darüber entscheiden, ob Schoeller alleine in der Stichwahl antreten darf. Dann braucht dieser für einen Wahlsieg mindestens 50 Prozent der Stimmen. Andernfalls käme es zu einer Neuwahl, dann wieder mit mehreren Kandidaten.

40,9 Prozent Wahlbeteiligung

Bei der Wahl am Sonntag folgt Ex-Justizministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU) mit 16,8 Prozent auf Rang drei. Isabel Carqueville (SPD) belegt mit 12,8 Prozent Platz vier. Es folgen Violetta Bock (Linke) mit 9,2 Prozent und Stefan Käufler (Die Partei) mit 2,0 Prozent. Alle Ergebnisse in der Übersicht, auch für Ihren Stadtteil, finden Sie auf hessenschau.de.

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Die Wahlbeteiligung lag bei 40,9 Prozent und ist damit deutlich höher als bei der vergangenen Oberbürgermeisterwahl. 2017 betrug sie 35,6 Prozent. Die Amtszeit des derzeitigen Oberbürgermeisters Geselle endet am 21. Juli 2023.

Schoeller zeigt sich erstaunt

Grünen-Kandidat Schoeller zeigte sich im Rathaus erstaunt über Geselles Rücktritt: "Ich habe so etwas persönlich noch nie erlebt", sagte er gegenüber dem hr. Er finde es schade, alleine in die Stichwahl zu gehen. Es sei besser für die Demokratie, wenn es zwei Bewerber gebe, betonte Schoeller.

Gleichzeitig freute er sich über sein Ergebnis: "Es war sicherlich nicht nur eine Personenwahl." Da es sechs Bewerberinnen und Bewerber gegeben habe, hätten die Themen im Wahlkampf schon eine Rolle gespielt. "Mir war es wichtig, deutlich zu machen: Ich bin ein OB über alle Parteigrenzen hinweg", so Schoeller.

Die Grünen haben ihr historisch bestes Ergebnis bei einer Oberbürgermeisterwahl in Kassel eingefahren. Sollte Schoeller bei der Stichwahl genug Stimmen für sich gewinnen, wäre er der erste grüne Oberbürgermeister in Kassel.

Kühne-Hörmann "akzeptiert persönliche Entscheidung"

Für die Drittplatzierte Kühne-Hörmann von der CDU war bereits vor der Auszählung klar, dass es schwierig werden könnte, in die Stichwahl zu kommen. "Wir haben nicht so ein großes Potential in dieser Stadt", sagte sie in der hessenschau.

Sie sieht den Rückzug Geselles als "persönliche Entscheidung, die zu respektieren ist". Der Wahlkampf habe viele Ecken und Kanten gehabt.

Carqueville: "So ist Demokratie"

Die SPD erzielte das historisch schlechteste Ergebnis bei einer OB-Wahl in Kassel. "Wir haben nicht geschafft, unsere Themen an die Wahlurne zu bekommen. So ist aber Demokratie", sagte die Viertplatzierte, Isabel Carqueville, am Abend. Gemeinsam mit ihrem Team habe sie für jede Stimme gekämpft. Sie sei stolz auf diese Leistung und dankte ihrem Wahlkampfteam.

Linken-Kandidatin Violetta Bock zeigte sich ebenfalls zufrieden mit ihrem Ergebnis. "Ich finde, wir haben einen super Wahlkampf gemacht. Wir haben Themen gesetzt", sagte sie im hessenschau extra. Für die Stichwahl habe es zwar nicht gereicht, aber man werde den verbliebenen Kandidaten Sven Schoeller (Grüne) jetzt an den Versprechen messen, die er gemacht habe.

Es ist erst das zweite Mal in der Geschichte der Stadt, dass sich ein Kandidierender nicht im ersten Wahlgang durchsetzen konnte. Zuletzt hatte Bertram Hilgen (SPD) bei der OB-Wahl 2005 erst in der Stichwahl gegen Georg Lewandowski (CDU) gewonnen.

Über 145.000 Wahlberechtigte

Exakt 145.621 wahlberechtigte Kasselerinnen und Kasseler konnten sich am Sonntag zwischen den Bewerberinnen und Bewerbern entscheiden. Bis Freitag hatte die Stadt Kassel 27.438 Briefwahlunterlagen ausgestellt. Das sind mehr als doppelt so viel wie bei der letzten OB-Wahl im Jahr 2017. Damals hatten 13.425 Menschen per Briefwahl abgestimmt, 40.845 Menschen hatten ihre Stimme im Wahllokal abgegeben.

Neben der OB-Wahl in Kassel fanden am Sonntag noch zahlreiche weitere Wahlen statt. So waren die Menschen in 18 hessischen Gemeinden aufgerufen, einen Bürgermeister oder eine Bürgermeisterin zu wählen. Außerdem wurde im Rheingau-Taunus-Kreis ein neuer Landrat gewählt. Dort setzte sich CDU-Politiker Sandro Zehner durch.

In Hünstetten (Rheingau-Taunus) durften die Bürger am Sonntag nicht nur einen neuen Landrat wählen, sondern auch Ja oder Nein zur Windkraft sagen. Sie entschieden sich mehrheitlich für den Bau von Windkraftanlagen.

2017 war Geselle klarer Sieger

Bei der vergangenen Oberbürgermeisterwahl in Kassel Im Jahr 2017 war Geselle, damals noch für die SPD, im ersten Wahlgang mit 56,6 Prozent gewählt worden. SPD-Bürgermeister haben in der nordhessischen Stadt eine lange Tradition. Vor Geselles Amtszeit, von 2005 bis 2017, saß Sozialdemokrat Bertram Hilgen im Chefsessel des Rathauses, von 1993 bis zur Übernahme Hilgens war Kassel mit Georg Lewandoski zum ersten und bisher einzigen Mal CDU-regiert.

Die Stichwahl am 26. März in Kassel ist an demselben Tag wie die Oberbürgermeister-Stichwahl in Frankfurt. Auch in Darmstadt wird ein neues Stadtoberhaupt gewählt: Am 19. März findet dort die OB-Wahl statt, eine mögliche Stichwahl am 2. April.

Weitere Informationen

Sendung: hr-fernsehen, hessenschau extra, 12.03.2023, 20.15 Uhr

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Quelle: hessenschau.de/Michelle Goddemeier