Marius Weiss

Der SPD-Fraktionsvize im hessischen Landtag, Marius Weiß, zieht Konsequenzen aus der "Parkplaketten-Affäre". Er legt sein Amt als Vorsitzender des Hanau-Untersuchungsausschusses nieder. Weiß will damit ein Zeichen der Glaubwürdigkeit setzen - kurz vor der Nominierung für die Landtagswahl.

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Wirbel um Parkplakette – SPD-Politiker zieht Konsequenzen

hs
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"Als Mensch habe ich einen Fehler gemacht, den ich zutiefst bereue", schreibt Marius Weiß am Dienstag in einer Stellungnahme, die dem hr vorliegt. Auf die Vorwürfe geht er nicht konkret ein.

"Dieser Fehler tut mir unendlich leid." Schlimmer als der rechtliche Vorwurf sei das enttäuschte Vertrauen der Menschen inner- und außerhalb der SPD. "Ich bitte um eine Chance, verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen."

Neben diesen Zeilen der Entschuldigung entschied sich Weiß dafür, den Vorsitz im Hanau-Untersuchungsausschuss niederzulegen. Das Gremium ist auf der Zielgeraden, um mögliches Behördenversagen um die rassistischen Morde am 19. Februar 2020 aufzuklären.

Weiß: Es geht um Glaubwürdigkeit

"Es geht in dem Ausschuss um die berechtigten Erwartungen der Angehörigen an eine Fehlerkultur in der Politik und an politische Verantwortungsübernahme", sagte Weiß. "Das weitere Ausüben des Vorsitzes ist mir nicht glaubwürdig möglich, wenn ich diese Verantwortungsübernahme für Fehler nicht selbst praktiziere."

Die Affäre war Weiß im Ausschuss nicht anzumerken, wie selbst der politische Gegner berichtet. Weiß genießt unter den Angehörigen der Opfer hohes Ansehen. Die Sitzungen dürften nicht "von einer Diskussion über meine Person beeinträchtigt werden", betont Weiß. Als Abgeordneter im hessischen Landtag will der 48-Jährige weitermachen.

Weiß soll Parkplakette kopiert haben

Was war geschehen? Weiß' Ehefrau, die für die SPD-Fraktion arbeitet, soll eine gefälschte Parkplakette des Landtags genutzt haben, so der Verdacht der Staatsanwaltschaft. Die Ermittlungen gegen Weiß wegen Urkundenfälschung wurden Ende März bekannt.

Alles in allem keine Lappalie. Weiß' Bitte um Entschuldigung kommt gerade noch rechtzeitig, bevor die Südhessen-SPD ihre Kandidatenliste für die Landtagswahl am 8. Oktober schließt. Am Mittwoch werden die Namen beim Bezirksvorstandstreffen in Frankfurt festgezurrt. Das gesamte Personaltableau wird beim Landesparteitag am 17. Juni in Hanau beschlossen. Dort muss Weiß' Erklärung aber erst überzeugen.

Weiß ist auf die SPD-Landesliste angewiesen, seit 2008 kam er nur über sie in den Landtag. In seinem Wahlkreis Rheingau-Taunus II unterlag Weiß immer wieder dem CDU-Politiker und Innenminister Peter Beuth. Auch wenn der nicht wieder antritt, ist die CDU in der Region Favorit.

Dublette der Premiumplakette

Parkplätze rund um den Landtag in der Wiesbadener Innenstadt sind ein rares Gut. Die Tiefgarage am Stadtschloss reicht nicht aus, um allen Abgeordneten, Referenten und Beschäftigten einen Parkplatz anzubieten - insbesondere nicht an Tagen mit Plenarsitzungen mit vollem Haus. Daher gibt es für gewählte Abgeordnete eine Art Premiumplakette: sechseckig und lilafarben. Sie berechtigt an allen Tagen zur Einfahrt.

Parkplakette hinter einer Autoscheibe in der Landtags-Tiefgarage

Weiß hat wohl eine Kopie seines Abgeordneten-Parkausweises erstellt und fein säuberlich laminiert. Aufgeflogen ist die Dublette durch einen Kamerascan an der Landtagspforte: Dort wurde dieselbe Ausweisnummer zweimal registriert.

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Marius Weiß äußert sich zur "Parkplaketten-Affäre"

Marius Weiss und Rudolph
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Weil auf den Ausweisen zudem ein glitzernder Hessenlöwe - ein hoheitliches Zeichen also - abgebildet ist, beschäftigt sich auch die Staatsanwaltschaft Wiesbaden mit der Thematik, die bald als "Parkplaketten-Affäre" auf den Landtagsfluren die Runde machte.

Dämpfer im Vorwahlkampf

Für die SPD-Fraktion konnte die Geschichte kaum ungünstiger kommen. CDU und Grüne wurden nicht müde, Erklärungen auch von der SPD-Landeschefin, Spitzenkandidatin und Bundesinnenministerin Nancy Faeser einzufordern. Die Koalition hat die Hoffnung, die Affäre um Weiß zu einer Affäre um Faeser zu machen. Faeser aber schwieg auf mehrfache Nachfrage eisern.

Der betroffene Weiß - wie Faeser auch Jurist - schwieg ebenfalls, möglicherweise zu lange. Er verwies stets auf das laufende Verfahren bei der Staatsanwaltschaft. Selbst in den eigenen Reihen wurden die Genossen ungeduldig: Was ist dran am Vorwurf? Warum muss ein Volksvertreter eine Parkplakette kopieren? Weiß wolle stets auch seine Frau schützen, hieß es.

Weiß im Gespräch mit Pfungstadts Bürgermeister Koch

Die Staatsanwaltschaft ermittelt derweil weiter. Weiß hat die Hoffnung, dass das Verfahren dort in Kürze und ohne Anklageerhebung und somit auch ohne öffentliche Gerichtsverhandlung abgeschlossen werde: "Ich habe der Staatsanwaltschaft signalisiert, dass ich zu einer einvernehmlichen Verfahrensbeendingung bereit bin."

Lob und Kritik

Der Vorsitzende des SPD-Bezirks Hessen-Süd, Kaweeh Mansoori, würdigte Weiß' Stellungnahme: "Seine Bitte um Entschuldigung ist glaubhaft." Und er warb dafür, die Affäre angemessen einzuordnen: "Am Ende geht es auch darum, den Grad einer einmaligen Verfehlung ins Verhältnis zum Gesamtwerk einer Person zu setzen." Weiß habe viel geleistet, daher werde die SPD ihm die Möglichkeit geben, das verloren gegangene Vertrauen wiederherzustellen.

Jürgen Frömmrich, der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen im Landtag, zollte am Dienstag Weiß Respekt für dessen Rückzug vom Vorsitz des Untersuchungsausschusses. "Allerdings hätten wir erwartet, dass sich der SPD-Abgeordnete früher zu Wort meldet und sein Verhalten erklärt", ergänzte Frömmrich. Weiß habe bei vielen Bürgerinnen und Bürgern Vertrauen verspielt.

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