Anstecker mit Aufschrift CDU und SPD

Zehn Wochen nach der Landtagswahl haben CDU und SPD den ausgehandelten Koalitionsvertrag abgesegnet. Bei den Christdemokraten gab es eine Gegenstimme, bei den Sozialdemokraten Diskussionsbedarf - und doch eine deutliche Mehrheit.

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CDU und SPD stimmen für Koalitionsvertrag

Spitzenpolitiker beim Applaus
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CDU und SPD in Hessen haben auf ihren Parteitagen am Samstag dem Entwurf des Koalitionsvertrags zugestimmt. Damit ist der Weg bereitet für ein schwarz-rotes Regierungsbündnis im Wiesbadener Landtag. Nach der nun erfolgten Zustimmung beider Parteitage wollen Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) und SPD-Parteichefin Nancy Faeser am kommenden Montag den Koalitionsvertrag unterschreiben.

Die CDU sprach sich auf einem kleinen Parteitag klar für eine Koalition mit der SPD aus. In Frankfurt erhielt der Entwurf des Koalitionsvertrags eine breite Zustimmung bei nur einer Gegenstimme. Es waren 133 CDU-Delegierte anwesend. Die beiden Parteien hatten sich in den vergangenen Wochen auf das 184-seitige Regierungsprogramm für die Jahre 2024 bis 2029 geeinigt.

Zuvor hatte Rhein für den geplanten Koalitionsvertrag mit der SPD geworben und viel Applaus geerntet. "Das ist ein Vertrag, der die Dinge zusammenbringt." Die Versprechen aus dem CDU-Wahlprogramm würden eingehalten, so Rhein. Es sei eine Politik, die die Mehrheit stärke und trotzdem die Minderheiten schütze, so Rhein.

Rhein: Vertrauen in Politik und Demokratie zurückerlangen

Angesichts der vielen aktuellen Krisen seien viele Menschen enttäuscht und verängstigt, sagte Rhein. Sie hätten das Gefühl, dass die Demokratie ein zentrales Versprechen nicht einlöse, nämlich, eine Politik für die Mehrheit der Menschen im Land. Rhein rief dazu auf, Bürgerinnen und Bürgern das Vertrauen in die Politik und die Demokratie zurückzugeben.

Boris Rhein

Er habe die Nase voll davon, wie mit Polizistinnen und Polizisten im Land umgegangen werde, erklärte der Ministerpräsident. Er kündigte ein Paket an, das unter anderem härtere Strafen für Angriffe auf Beamte und Beamtinnen vorsehe. Als "schmerzhaften Punkt" im Koalitionsvertrag nannte Rhein, dass es auch im künftigen Kabinett kein CDU-geführtes Wirtschaftsministerium geben werde. Jedoch seien in einer Koalition auch Zugeständnisse nötig, sagte er.

Eine (angekündigte) Gegenstimme bei der CDU

Der Wiesbadener Horst Klee (CDU) hatte vor der Abstimmung angekündigt, dem Vertragsentwurf nicht zuzustimmen. "Ich bin mit den Leistungen der Landesregierung der letzten Jahre sehr zufrieden. Weil wir auch einen Partner hatten, auf den wir uns verlassen konnten", sagte er mit Blick auf die Grünen, die nach der Aufkündigung des schwarz-grünen Bündnisses nun in die Opposition müssen. Die Sozialdemokratie sei "inhaltlich und personell ausgeblutet", so Klee.

SPD-Treffen in Groß-Umstadt

Die SPD kam ebenfalls zu einem Sonderparteitag in Groß-Umstadt (Darmstadt-Dieburg) zusammen - auch dort stand mit dem Koalitionsvertrag nur ein inhaltlicher Punkt auf der Tagesordnung. Die 317 anwesenden SPD-Delegierten sprachen sich ebenfalls mit großer Mehrheit für das Bündnis mit der CDU aus. Es gab es 253 Ja- und 56-Neinstimmen bei acht Enthaltungen. Somit wurde der Vertrag mit 81,9 Prozent angenommen.

Zuvor wurde auch Kritik geäußert, vor allem am Migrationsteil des Koalitionsvertrags, aber auch am Bildungskapitel mit dem Festhalten am dreigliedrigen Schulsystem und dem geplanten Verbot von Gender-Sonderzeichen. Gleich zu Beginn forderte Juso-Landeschef Lukas Schneider die Ablehnung des Entwurfs: "Wir können ihm in der Form nicht zustimmen."

Nancy Faeser

Hessens SPD-Chefin Nancy Faeser bezeichnete die geplante schwarz-rote Koalition als "Verantwortungsgemeinschaft". Eine "Liebesheirat" sei das angestrebte Regierungsbündnis nicht, sagte die Bundesinnenministerin. "Es ist nicht alles gut in diesem Koalitionsvertrag", ergänzte Faeser mit Blick auf den Entwurf des Regierungsprogramms. Beispielsweise seien dort Ziele in der Flüchtlingspolitik formuliert, "die außerordentlich wehtun". Aber kein Einstieg in die Landesregierung hieße für die SPD, selbst weniger für Migranten tun zu können.

Ex-Generalsekretär Norbert Schmitt sprach sich während des kontroversen Austauschs für eine Zustimmung des Vertrags aus, mahnte aber Änderungen im Partei-Management an – auch bei Wahl der Spitzenkandidaten. Feaser hatte angekündigt, dass das Wahlergebnis noch weiter aufbereitet werde.

Mansoori: Erkennbare SPD-Handschrift

"Wir wissen, dass wir diese Wahl nicht gewonnen haben", sagte der Frankfurter Bundestagsabgeordnete und Vize-Landesvorsitzende Kaweh Mansoori. Aber mit einem Ergebnis von 15 Prozent sei es gelungen, dem Koalitionsvertrag eine erkennbare SPD-Handschrift zu geben.  

Fraktionschef Günter Rudolph trat der Kritik entgegen und fragte nach der Alternative zur Koalitionsbildung. "Wir wollen nach 25 Jahren in der Opposition endlich gestalten." Es gehe darum, die Lebensbedingungen und Lebenschancen der Menschen zu verbessern. Das sei entscheidend für die Frage, wie es mit der hessischen SPD weitergehe. Regierungsbeteiligung bedeute eine Chance, dass das Wahlergebnis in fünf Jahren besser sei, so Rudolph.

Wie geht es weiter?

Nach den geplanten Unterschriften unter dem Koalitionsvertrag am Montag sollen die künftigen Ministerinnen und Minister erst Anfang 2024 bekannt gegeben werden. Der 21. hessische Landtag konstituiert sich am 18. Januar. Dann kann die erste unionsgeführte CDU/SPD-Koalition der hessischen Landesgeschichte in Wiesbaden starten.

Nach der Landtagswahl vom 8. Oktober entschied sich die CDU nach Sondierungsgesprächen gegen ein neues Bündnis mit den Grünen und für Koalitionsverhandlungen mit der SPD.

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