hr-Hessentrend: Rheins Erfolg und die Grenzen seiner "Realpolitik"
Ohne die CDU geht in Hessen weiterhin gar nichts. Dieses Ergebnis des hr-hessentrends ist nicht zuletzt ein Erfolg von Ministerpräsident Rhein und seines präsidialen Regierungsstils. In einem wichtigen Punkt hat er aber noch nichts erreicht. Ein Kommentar.
Boris Rhein und seine hessische CDU können sich freuen: Ohne sie geht politisch nichts in Hessen, wie der neue hr-Hessentrend zeigt. Die Union liegt völlig unangefochten weit vor allen anderen Parteien, und hat auch noch viel höhere Zustimmungswerte als die CDU unter Kanzler Friedrich Merz im Bund.
Rhein hat bisher mit seinem eher präsidialen Führungsstil viel richtig oder wenig falsch gemacht. Er lächelt und winkt sich durch den Hessentag, er facht keine großen Kontroversen um die hessische Politik an, wie es einst sein Vorgänger Roland Koch tat. Er verteilt Geschenke für geneigte Wähler wie das Hessengeld, mit dem private Immobilienkäufer subventioniert werden.
Über den Niederungen der Landespolitk
Proteste dürfen seine Fachminister entgegennehmen, so wie SPD-Wissenschaftsminister Timon Gremmels die geplanten Einsparungen bei den Universitäten erklären muss. Der Ministerpräsident schwebt hoch über solchen Niederungen der Landespolitik. Und ein ernstzunehmender Herausforderer ist nicht in Sicht.
Die SPD hat von der Regierungsbeteiligung nicht profitiert, sie hat noch einmal an Zustimmung verloren. Ihr Frontmann Kaweh Mansoori macht bislang nur Schlagzeilen durch die unglückselige Entlassung seiner parteilosen Staatssekretärin Lamia Messari-Becker, nicht aber durch Sacharbeit. Sein allererstes Gesetz will er erst diese Woche in den Landtag einbringen, nach fast eineinhalb Jahren im Amt.
Die Grünen kommen auch nicht auf die Beine. Sie machen wacker Oppositionsarbeit und versuchen, die Regierung mit immer neuen Vorschlägen vor sich her zu treiben – das bemerken die Wähler aber gar nicht, zumindest zahlt es sich nicht für die Grünen aus.
Und die AfD ist so stark wie schon bei der Landtagswahl. Bei der Frage, welche Partei die wichtigsten Aufgaben lösen könnte, hat sie sogar fünf Punkte zugelegt, während SPD und CDU bei dieser Frage deutlich verlieren. Die Hessen trauen ihr also immer mehr zu, sie hat sich als Partei längst etabliert.
In diesem Punkt hat Rheins Strategie bisher versagt. Mit dem Wechsel zur SPD als Koalitionspartner wollte er eine "Renaissance der Realpolitik" verbinden. Das sollte ein Angebot der Mitte für verlorene Wähler sein, vor allem in der Migrationspolitik, und sie von der AfD zurück locken aus dem extremen ins konservative Lager. Das hat überhaupt nicht funktioniert. Migration ist für die Hessen immer noch ein ungelöstes Problem, die AfD profitiert davon und ist stabil zweitstärkste Partei im Land.
Das ist für die Demokratie bedenklich, weil es deutliche Anhaltspunkte dafür gibt, dass die AfD rechtsextrem ist. Machtpolitisch muss das Rhein kurzfristig aber keine Sorgen machen. Die AfD kann ihre starke Stellung nicht in Regierungspolitik ummünzen, weil niemand mit ihr koalieren will.
Und SPD und Grüne? Sie sind Zwerge im Vergleich zur Union. Deshalb geht politisch auch auf Weiteres nichts ohne Rhein und seine CDU.