Vom Azubi zum Bürgermeister Hessens jüngster Rathaus-Chef legt in Lautertal los

Bei der Bürgermeisterwahl in Lautertal löste Lukas Becker seinen Vorgesetzten ab. Nun will der 26 Jahre alte Verwaltungsmitarbeiter zeigen, dass er den Job besser kann. Er hat bereits Ideen - auch für die Inneneinrichtung.

Ein jungenr Mann steht in Hemd und beiger Jacke neben einem Schild, auf dem "Rathaus" steht
Wo es zum Lautertaler Rathaus geht, muss Lukas Becker niemand mehr sagen. Der ehemalige Verwaltungs-Azubi gewann im Oktober gegen seinen Chef bei der Bürgermeisterwahl und ist ab 1. Juli Rathaus-Chef. Bild © hessenschau.de
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Es war eine Revolution, die Lukas Becker im vergangenen Jahr im Rathaus von Lautertal anzettelte. Und er gewann den Machtkampf und die abschließende (Wahl-)Schlacht. In der Vogelsberg-Gemeinde (2.300 Einwohner) wurde er im Oktober zum Bürgermeister gewählt. Am Montag hat er sein Amt angetreten.

Das Besondere an der Personalie: Becker war erst wenige Monate mit seiner Ausbildung als Verwaltungsfachangestellter fertig und trat beim Zweikampf an der Urne gegen seinen Chef Dieter Schäfer an, den 58 Jahre alten Bürgermeister (parteilos).

Am Wahlabend durfte sich Becker über die geglückte Wachablösung freuen. 60,1 Prozent stimmten für den jungen SPD-Politiker. Und der ist gerade einmal 26 Jahre alt.

Viel Aufmerksamkeit für jüngsten Bürgermeister

Das Ergebnis sorgte aufgrund der besonderen personellen Konstellation (Schüler gegen Lehrmeister) für viel Aufsehen. Auch wegen eines Superlativs: Becker war zum jüngsten Bürgermeister Deutschlands gewählt worden.

Inzwischen wurden in anderen Bundesländern noch jüngere Bürgermeister und Bürgermeisterinnen gewählt. Der Jüngste in Hessen ist Becker aber immer noch, wie aus einer Auflistung des Netzwerks für junge Bürgermeister*innen hervorgeht.

Der Rummel um seine Person ist Becker aber mittlerweile "too much" (dt. "zu viel"). Deswegen sagte vor seinem Amtsantritt auf hr-Anfrage: Gespräch für einen Online-Bericht? Okay. Aber bitte kein TV-Team.

Vorgänger-Bürgermeister tief enttäuscht

Der abgewählte Lautertaler Bürgermeister Dieter Schäfer sitzt in dunklem Jacket an seinem Schreibtisch und blickt ernst in die Kamera.
Der abgewählte Bürgermeister Dieter Schäfer. Bild © hessenschau.de

Amtsinhaber Dieter Schäfer war zunächst baff: Becker sei ihm mit seiner Kandidatur in den Rücken gefallen. "Davon war ich auch menschlich sehr enttäuscht", sagte der 58-Jährige. Was das für Folgen für die Zusammenarbeit in einer kleinen Gemeindeverwaltung hatte?

Zum Spießrutenlauf hätten sich die vergangenen Monate wegen des Wahlausgang nicht entwickelt, sagte Becker. Es sei unaufgeregt weiter gegangen im Rathaus: "Fair und ohne Benachteiligungen", so Becker. Amtsinhaber Schäfer ist derzeit im Urlaub und nicht zu sprechen. In der nächsten Woche erfolgt die Übergabe der Amtsgeschäfte.

Das Büro soll schöner werden

Die Zeitenwende vollzieht sich für Becker am Montagmorgen. "So gegen 6.30 Uhr / 7 Uhr", wie er sagt. Dann geht's ins neue Büro. "15 Meter oder auch drei Räume weiter - ein kurzer Arbeitsplatzwechsel." Bis er sich am neuen Schreibtisch wohl fühlen wird, muss aus seiner Sicht aber noch einiges passieren.

Auf Verwaltungsdeutsch sagt er: "In der räumlichen Ausgestaltung gibt es Verbesserungspotenzial." Er hätte auch sagen können: Das Büro gefalle ihm so nicht. Da sei etwa dieser "merkwürdige Gelbton an den Wänden". Die Möbel seien noch gut in Schuss. "Aber es braucht ein paar schöne Bilder und Pflanzen - dann passt das."

"Der Aufgabe gewachsen"

Neben den Fragen nach der Inneneinrichtung soll es dann Inhaltlich weitergehen. Dass er alles bewältigen wird, daran hat Becker keinen Zweifel:

"Ich bin der Aufgabe, die auf mich zukommt, auf jeden Fall gewachsen. Ich freue mich darauf und habe viele Ideen und kann auch die Vorgänger vor Herrn Schäfer fragen." Und: Was eine Kommune brauche, habe er "von der Pike auf" gelernt.

Kümmern will er sich um eine bessere Versorgung im ländlichen Raum. Es gebe in Lautertal keinen Arzt und keinen Supermarkt. "Ich bin optimistisch, dass ich in den kommenden Jahren Ergebnisse liefern kann." Er sei gut vernetzt, seit 2016 in der Kommunalpolitik aktiv.

Anfangs hatte er mit Politik und Verwaltung nichts am Hut. Nach der Mittleren Reife - kein Abitur - und einer Ausbildung zum Industriemechaniker orientierte er sich dann aber um.

Kernkompetenz: "Gut mit Menschen auskommen"

Was er nun braucht, um ein guter Bürgermeister zu sein? Er antwortet schnell und muss nicht lange überlegen. "Man muss die Kompetenzen haben, gut mit Menschen und unterschiedlichen Charakteren auszukommen."

In der Gemeindeverwaltung sei Durchhaltevermögen nötig: "Vieles lässt sich nicht schnell erledigen." Doch Becker will sich die nötige Zeit nehmen. Er könne sich sogar vorstellen, als Bürgermeister in Rente zu gehen.

Termine, Termine, Termine

Doch zunächst einmal wird er nicht nur als Gemeinde-Mitarbeiter in Lautertal ankommen müssen, sondern auch als Mitbürger. Becker ist erst vor kurzem nach Lautertal gezogen, in den Ortsteil Hörgenau. Dort ist das Rathaus. Zuvor wohnte er einige Autominuten entfernt - auch im Vogelsbergkreis, aber in Gemünden (Felda).

Die ersten Tage als Bürgermeister in der neuen Vollzeit-Heimat sind im Kalender schon gut gebucht. Termine, Termine, Termine: Versammlung der Bürgermeister im Vogelsberg, Treffen mit der Verkehrswacht und wegen Kita-Personal. Zudem das Mega-Thema Energieversorgung - eine große Bandbreite. Langweilig wird es nach der erfolgreichen Revolution für Becker bestimmt nicht als Bürgermeister von Lautertal.

Weitere Informationen

Sendung: hr4 für Osthessen, 28.06.2024, 14.30 Uhr

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Quelle: hessenschau.de