Phillip Tietz feiert nach dem Spiel ungebremst.

Ob Verletzungspech oder Horror-Flug - die Lilien kann im Moment nichts und niemand aufhalten. Stellvertretend dafür steht Stürmer Phillip Tietz. Er wurde innerhalb von einer Viertelstunde vom Chancentod zum Matchwinner.

Audiobeitrag

Audio

Lieberknecht: "Hatten einen Horror-Flug"

Torsten Lieberknecht im Trainingslager in El Saler
Ende des Audiobeitrags

Phillip Tietz ließ keine Zweifel. In der 78. Minute des Auswärtsspiels bei Hansa Rostock bekamen seine Lilien einen Freistoß unmittelbar vor dem Strafraum zugesprochen. Der Stürmer schnappte sich sofort den Ball, legte ihn sich zurecht und taxierte das lange Eck. Für die Umstehenden war klar: Den schießt kein anderer als Tietz - und durch die Position war auch die Richtung klar, in die Torwartecke.

"Marvin Mehlem stand direkt im Blickwinkel (des Torwarts), ich wollte direkt an seiner Schulter vorbei schießen", sagte Tietz hinterher bei Sky. Genauso kam es: Er trat den Ball ins Eck und rannte laut schreiend zur Bank. Es war das Siegtor für Darmstadt und erzählte viel über die Stärke des Teams in der gesamten Saison: voller Fokus, volle Überzeugung und ohne jeden Gedanken an die Rückschläge zuvor.

Enttäuschung und Abgänge im Sommer

Denn 16 Minuten vorher hatte Tietz die Großchance zur Führung vergeben. "Wenn das Ding 0:0 ausgeht, mache ich mir das ganze Wochenende einen Kopf", sagte er. Doch er steckte das negative Erlebnis weg, wie es die gesamte Mannschaft immer wieder getan hatte. Man darf nicht vergessen: Die Lilien scheiterten in der vergangenen Saison hauchdünn am Aufstieg. Nicht wenige Teams sind an so einer Enttäuschung bereits zerbrochen und sogar in den Abstiegskampf gerutscht. Darmstadt aber schwor sich wohl auch bei der Abschlussfahrt nach Mallorca ein, noch einmal zum großen Schlag des Underdogs auszuholen.

Und das trotz namhafter Abgänge wie von Torjäger Luca Pfeiffer und Tim Skarke. Die ganz großen Sprünge auf dem Transfermarkt leisteten sich die Südhessen nicht: Mit Oscar Vilhelmsson, Magnus Warming und Christoph Zimmermann kamen keine großen Namen, erst im Winter griff der Klub für Filip Stojilkovic tiefer in die Tasche. Auch weil das Personal für das Team von Trainer Torsten Lieberknecht immer knapper wird: Mit Aaron Seydel, Klaus Gjasula, Matthias Bader und Patric Pfeiffer fallen vier echte Leistungsträger derzeit aus.

"Horror-Flug" zum Spiel

Auch in Rostock gingen die Sorgen weiter: Zur Pause mussten Tobias Kempe und Jannik Müller raus. Als wäre das nicht schon genug, hatte sich auch die Anreise schwierig gestaltet. "Wir hatten einen Horror-Flug und waren erleichtert, aus dem Flieger herauszukommen", erzählte Lieberknecht später am ARD-Mikro. So wirkte seine Mannschaft auch in der ersten Halbzeit noch etwas durchgerüttelt und kam gegen die Rostocker arg in Bedrängnis.

Aber: Auch diese Schwierigkeiten warfen den Spitzenreiter nicht aus der Bahn. Je länger das Spiel dauerte, umso bestimmender wurden die Lilien. Sie strahlten die Siegesgewissheit von Serientätern aus - mittlerweile sind sie seit 20 Spielen in der Liga ungeschlagen. "So eine Performance ist natürlich Wahnsinn", sagte Tietz. Dann ging er in die Kabine, wo der passende Schlager zur Darmstädter Saison lief: "Der Zug hat keine Bremse."