Viele Ex-Trainer landeten beim FCK Unheimliche Verbindung zwischen Lilien und Roten Teufeln lässt Kohfeldt kalt
Es gibt keinerlei Gerüchte über einen Abgang von Florian Kohfeldt bei Darmstadt 98. Sollte er aber dereinst einen neuen Job suchen, scheint seine nächste Station vorgezeichnet. Sofern man abergläubisch ist.
"Alles hängt irgendwo zusammen", das wusste schon die Trainerlegende Dettmar Cramer. "Sie können sich ein Haar am Hintern ausreißen, dann tränt das Auge." Um diese Versuchsanordnung nicht selbst durchführen zu müssen, lässt sich dieser Tage auch die 2. Fußball-Bundesliga zur Illustration der großen Zusammenhänge heranziehen.
Schlanke 15 Trainerwechsel haben sich die Klubs im Fußball-Unterhaus in der laufenden Spielzeit gegönnt. Florian Kohfeldt und Darmstadt 98 sind dieser Tage so etwas das glückliche Paare, das auf einer Kreuzfahrt das Captain's Dinner noch gemeinsam einnimmt, während die anderen schon beim dritten Landgang einen ansässigen Scheidungsanwalt aufgesucht haben. Kohfeldt und die Lilien haben sich bereits ein aufrichtiges Ja-Wort für die kommende Saison gegeben.
Lieberknecht entlassen und eingestellt
15 Mal jedoch gaben Sportvorstände und Manager dem Bedürfnis nach einer neuen Ansprache, Impulsen oder Konsequenzen nach. Die Lilien halten an dieser Statistik dabei durchaus ihre Aktien. Torsten Lieberknecht war sogar der Erste, der in dieser Zweitliga-Saison die Papiere bekam. Eben jener Lieberknecht heuerte unlängst bei seinem Herzensklub Kaiserslautern an.
Das war am 22. April. Danach musste André Breitenreiter bei Hannover 96 gehen, warf Aufsteiger Preußen Münster Sascha Hildmann raus, setzte Schalke 04 Kees van Wonderen vor die Tür, entließ Greuther Fürth Jan Siewert, klingelte der 1. FC Köln Friedhelm Funkel aus der Rente und ersetzte ein gewisser Munier Raychouni für zwei Saisonspiele Andreas Patz beim bereits abgestiegenen Schlusslicht Jahn Regensburg.
Verrückte Serie setzt sich fort
Das ist in diesem Ausmaß zwar ein statistischer Ausreißer nach oben, aber durchaus noch handelsüblich. Wer in dem Kugelhagel der letzten Patronen noch den Durchblick behalten hat, dem könnte eine vermeintliche Fußnote aufgefallen sein: Dass Lieberknecht in Kaiserslautern anheuerte, war nicht bloß eine der herzerwärmenderen Geschichten dieser Tage. Es schreibt vielmehr eine beinahe unheimliche Serie fort.
Lieberknechts Vorgänger beim FCK heißen Markus Anfang - natürlich - Friedhelm Funkel, Dimitrios Grammozis und Dirk Schuster. Kohfeldts Vorgänger am Böllfenfalltor: Lieberknecht, Anfang, Grammozis, Schuster. Oder anders: Die letzten vier Darmstädter Trainer gingen ausnahmslos alle später zum 1. FC Kaiserslautern. In den vergangenen 15 Jahren waren zudem Norberg Meier und Kosta Runjaic für beide aktiv.
Kohfeldt erneuert sein Bekenntnis
Dem kann sich auch Kohfeldt nicht verschließen. Konfrontiert mit der erdrückenden Faktenlage ließ er sich immerhin dazu hinreißen, sein Treuebekenntnis zu erneuern. "Ich hab mich ja ohne Hintertür dazu bekannt, dass ich nächste Saison in Darmstadt sein werde und darauf freue ich mich sehr", sagte der 42-Jährige auf der Pressekonferenz vor dem Spiel in – ausgerechnet – Kaiserslautern. Eine Vorlage für Scherze jeder Güteklasse.
Kohfeldt sah sich aber offenbar durchaus veranlasst, noch einmal mit dem nötigen Ernst zu hinterlegen, dass er die verstärkte Tendenz zum Betzenberg in der Erwerbsbiografien seiner Vorgänger als "einen der größten Zufälle, die es im Fußball je gegeben hat" bewerte.
Nun, ganz so einfach ist es möglicherweise nicht. Beide Klubs haben sich in den vergangenen Jahren sportlich durchaus angenähert. Mit dem Auto trennen Darmstadt und Kaiserslautern schlappe 100 Kilometer. Lieberknecht etwa wohnt weiterhin in der Wissenschaftsstadt im Südhessischen.
Für den Personenkreis, der in der 2. Bundesliga Trainerjobs vergibt, fand sich bislang nicht ganz ohne Grund nur selten eine Anschlussverwendung als Innovationsmanager im Silicon Valley. Lieberknecht und Stefan Leitl (erst Hannover, jetzt Hertha BSC) sind allein in dieser Saison schon vom einen Zweitligaklub zum nächsten gewechselt. Wenn bei Hannover, Schalke, Regensburg, Paderborn oder Köln, bei denen allesamt noch unklar ist, wer sie in der kommenden Saison coachen wird, wieder einige sehr bekannte Gesichter auftauchen – wer wäre davon überrascht?
Premiere auf dem Betzenberg
Auch wenn die Anekdote verführerisch zu Albernheiten einlädt, wollte der SVD-Coach zur Sicherheit noch einmal das Offensichtliche wiederholen. Über ein Engagement in der Pfalz habe er sich selbstverständlich keine Gedanken gemacht – nicht mal in ferner Zukunft. Das alles sei "nichts, womit ich mich ernsthaft beschäftige".
Vielleicht hätte Kohfeldt sich seine Ausführungen wenige Minuten zuvor trotzdem verkniffen, wenn er diese Frage hätte kommen sehen. Eingangs plauderte er noch freimütig: "Es ist meine Premiere. Ich war noch nie auf dem Betze." Auch da schob er aber gleich einordnend hinterher: "Das heißt nicht, dass ich deshalb nicht schlafen kann."
Kohfeldt, das dringt aus jeder Pore, hat in Darmstadt für den Moment sein Glück gefunden. Seine Einschätzung, dass die Trainergeschichte zwischen Darmstadt und Kaiserslautern einer der größten Zufälle im Fußball sei, lässt sich gleichwohl kaum halten. Dafür ist schon zu viel geschehen. Ein FCK-Trainer Florian Kohfeldt wäre dereinst nur ein weiteres "Ausgerechnet".