Markus Krösche vor dem Spiel in Dortmund.

Neues RB, Durchlauferhitzer für Talente, falsche Trainerentscheidung - es gab immer wieder Kritik an Eintracht-Vorstand Markus Krösche. Doch ein Blick auf sein Wirken zeigt, warum Frankfurt unbedingt mit ihm verlängern will.

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Sommermärchen 2024 wird KROOOOOOOOS!

Toni Kroos, Kapitän der deutschen Nationalmannschaft, gibt den Ton an, im Hintergrund ein Meer aus Deutschlandfahnen und Fans (Collage). Text: Sommermärchen '24 wird KROOOOOOS.
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Viel dreht sich in Frankfurt gerade um Verträge. Unweit vom Waldstadion am DFB-Campus beschäftigen Ausrüster- und Trainerverträge den deutschen Fußball. Doch auch bei der Eintracht steht eine wichtige Entscheidung an: über den neuen Kontrakt von Markus Krösche. Ein Austausch zwischen Aufsichtsrat und Vorstand hat stattgefunden, viel deutet auf eine Verlängerung des bis 2025 geltenden Arbeitspapieres hin. Der Klub soll optimistisch sein, dass sich Krösche für die Eintracht und damit gegen etwaige Offerten der Konkurrenz entscheiden werde, berichten verschiedene Medien. Das deckt sich mit Informationen des hr-Sport.

Eine weitere Zusammenarbeit würde Sinn ergeben - für beide Seiten. So hat sich Krösche nun im Staff und Kader ein Team nach seinem Gusto zusammengestellt und könnte erstmals einen Transfersommer ohne großen Umbruch angehen. Bei der Eintracht kann der 43-Jährige schalten und genießt das Vertrauen der Gremien. Krösche selbst betonte, wie wohl er sich aktuell fühle. Und für die Eintracht wäre es das wohl wichtigste Papier der mittelfristigen Zukunft. Krösche stand immer wieder in der Kritik, die Mannschaft nur nach Wiederverkaufswert zusammenzustellen oder gerade in der Stürmersuche daneben gegriffen zu haben. Ein Blick auf vier heißdiskutierte Punkte:

Stürmer-Transfers

Über allem steht der 95-Millionen-Euro-Transfer von Randal Kolo Muani nach Paris. Erst in allerletzter Sekunde wurde der Deal festgezurrt. So bedauerte auch Krösche, keinen Ersatz zur Hand gehabt zu haben. In der Gewissheit eines gescheiterten Deals mit Paris hatte er Rafael Borré bereits abgegeben. Doch warum hatte die Eintracht nicht im Vorgriff auf den Kolo-Muani-Deal einen Angreifer verpflichtet? Die Entscheidungsträger im Klub kalkulieren, dass so ein Schritt mindestens 20 Millionen Euro beim Preis von Kolo Muani gekostet hätte. Am Markt wäre registriert worden: Die Eintracht muss verkaufen!

Das "Replacement" Hugo Ekitiké kam dann im Winter an den Main, allerdings mit erheblichen Fitnessrückständen. Bei der Eintracht hieß es, er habe monatelang nicht mit der Pariser Mannschaft trainiert. Beobachter aus Frankreich sehen das anders, unter anderem der PSG-Reporter der "L'Equipe" Loic Tanzi sagt auf Nachfrage: "Er hat jeden Tag mit der Mannschaft trainiert, nur bei Taktikübungen für die anstehenden Spiele war er außen vor."

So oder so, bei der Eintracht sind sie ohnehin davon überzeugt, dass Ekitiké den Fitnessrückstand aufholen könne. Einen Spieler seines Formats zu einem "marktunüblichen Preis" und für weniger als der Hälfte des im Sommer geforderten Gehalts musste der Klub holen. Demnach sind beide großen Entscheidungen der vergangenen Transfer-Fenster mehr als nachvollziehbar. Über die (weiteren) Winter-Transfers diskutiert "FUSSBALL 2000" in der aktuellen Ausgabe:

Umbruch

Mitunter standen anderthalb Jahre nach dem Europapokal-Triumph nur noch "zwei Helden von Sevilla" bei der Eintracht auf dem Rasen. Der Komplettumbruch lief in Rekordzeit ab und wirkte zeitweise sehr kühl. Als Borré, der Schütze des entscheidenden Elfmeters 2022, nur ein Jahr später als Verkausfskandidat fernab der Mannschaft trainieren musste, befremdete das Vorgehen auch so manchen Mitspieler. Doch fairerweise sollte angefügt werden, dass sich viele Abgänge der Europapokalsieger-Mannschaft nicht vermeiden ließen: Filip Kostic soll die Zusage für einen Wechsel gehabt haben, Djibril Sow, Daichi Kamada oder Evan N'Dicka wollten sich verändern, Martin Hinteregger beendete seine Karriere, das Angebot für Jesper Lindström aus Neapel erschien zu voluminös, um es abzulehnen.

In Krösches Amtszeit fallen zwar Fehlgriffe wie Sam Lammers, Jens Petter Hauge oder Lucas Alario. Gleichzeitig schlugen Kolo Muani, Willian Pacho, Omar Marmoush oder Hugo Larsson voll ein. Den Vorwurf, nur auf junge Spieler mit Wiederverkaufswert zu setzen, konterte Krösche sowohl bei der Pressekonferenz mit Sebastian Rode wie auch beim Statement zur Nationalelf-Nominierung von Robin Koch: "Es zeigt, dass wir neben vielen jungen Spielern auch erfahrene Nationalspieler in unseren Reihen haben." Krösche und sein Team müssen nun sicherstellen, die Achse der erfahrenen Spieler Trapp-Koch-Skhiri-Götze länger zu halten.

Scouting

Rund um die Eintracht wurde gerade bei der Demission von Ben Manga immer wieder der Vorwurf laut, dass der Klub sein Scouting nur noch auf Daten auslege und nicht mehr aufs Live-Scouting. Dabei verfolgen die Hessen beide Methoden, wie sich in Gesprächen mit Verantwortlichen feststellen lässt. Die Strategie lässt sich am Transfer von Larsson aufzeigen. Anfang des vergangenen Jahres fahndeten die Frankfurter nach einem technisch versierten zentralen Mittelfeldspieler. Die Rohdaten aus einem von Krösches Team angefertigten System mit eigenen Algorithmen spuckten zwischen 20 und 30 passende Namen aus. Daraus filterte das Scouting-Team sechs Kandidaten für die Eintracht heraus, unter anderem Larsson.

Im nächsten Schritt beobachtete die Eintracht ihn fünf Mal live. Bei diesen Sichtungen achtet der Klub auch auf das Verhalten bei Auswechslungen oder beim Warmmachen. Die Frage: Wie verhält sich der Spieler in der Gruppe? In den folgenden Gesprächen konnte die Eintracht Larsson von einem Engagement am Main überzeugen, sodass er besser dotierte Angebote aus England ausschlug. Im Spätsommer entschied sich die Eintracht dazu, keinen weiteren zentralen Mittelfeldspieler zu holen, weil Krösche & Co. nach den ersten Eindrücken Larsson die Stammelf zutrauten. Laut dem Portal transfermarkt entwickelte sich Larssons Marktwert in dieser Zeit von unter zehn auf 28 Millionen Euro - er gilt als Eintrachts wertvollster Spieler.

Trainerfrage

Am heftigsten stand Krösche bei der Entscheidung gegen Erfolgstrainer Oliver Glasner in der Kritik. Allerdings ließen dem Vernehmen nach das Verhältnis des Trainers zur Führung und zu großen Teilen des Teams auch nicht mehr viel Spielraum zu. Mit der Inthronisierung von Dino Toppmöller ging Krösche ein Wagnis ein. In dieser Saison wirkt es noch so, als wenn die Eintracht zu viel auf einmal wollte: neuer Trainer, neuer Spielstil, eine Mannschaft im Umbruch. Das waren zu viele Baustellen für ein solides Fundament.

Für seine taktischen Fähigkeiten und seinen zwischenmenschlichen Umgang wird Toppmöller allenthalben geschätzt. Doch die blutleeren Auftritte in den Pokalwettbewerben werden noch länger eine Hypothek für ihn darstellen. Die Zukunft des Trainers ist jedoch bei weitem nicht an jene des Vorstands gekoppelt. Krösche kann viele andere Erfolge vorweisen, die in den obigen Punkten noch gar nicht zur Sprache kamen: den üppigen Transferüberschuss, die Etablierung einer zweiten Mannschaft und nicht zu vergessen den Europapokalsieg in seiner ersten Saison. Auch deswegen dürfte Krösches Vertragsverlängerung ganz oben auf der Eintracht-Agenda stehen.