Die Eintracht-Spieler jubeln in Magdeburg

Nach einer märchenhaften Saison spielt Eintracht Frankfurt plötzlich Champions League. Eine ganze Stadt schwebt auf Wolke sieben – und können die Hessen ihr Team zusammenhalten, geht das Märchen vielleicht in die Verlängerung.

Eintracht Frankfurt hat im Mai die Europa League gewonnen. Zur Belohnung darf die SGE ab September in der Champions League ran. Und weil der Kader in Breite und Tiefe gut verstärkt wurde, spricht man in Hessens Fan-Kneipen hinter vorgehaltener Hand davon, dass die erste Saison in der Königsklasse ja nicht unbedingt die letzte sein muss.

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Es geht los: Eintracht Frankfurt und Bayern München eröffnen Bundesliga-Saison

Eine Fahne mit dem Eintracht-Logo
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So lief die vergangene Saison

In einem Wort: traumhaft. Nach dem historischen Gewinn des DFB-Pokals 2018 dachte man, die Trophäensammlung in Frankfurt wird dann frühestens in 30 Jahren wieder um einen Pokal reicher. Dass man nur vier Jahre später dann die Europa League gewann und sich damit für die Champions League qualifiziert hat, sorgt bei manchem Eintracht-Fan heute noch für Schnappatmung.

Man muss aber auch gestehen: Der erste internationale Titel seit 1980 übertünchte einige Unzulänglichkeiten dieser Mannschaft. In der Bundesliga sammelte die Eintracht nach eigentlich guter Hinrunde (27 Punkte) am Ende doch eher magere 42 Punkte und landete auf einem grauen elften Tabellenplatz. Im heimischen Stadion gelangen den Hessen gerade einmal vier Siege – nur die Absteiger aus Bielefeld und Fürth waren daheim noch erfolgloser. Die Doppelbelastung aus Europa League und Bundesliga ließ die Beine der Frankfurter im Saisonendspurt doch ganz schön schwer werden.

Wer kommt, wer geht?

Damit das in dieser Saison mit vorläufiger Dreifachbelastung nicht wieder passiert, haben die Hessen den Kader in der Breite und in der Tiefe verstärkt. Mit der Verpflichtung von Mario Götze ist der Eintracht natürlich ein richtiger Coup gelungen, der auch der nationalen wie internationalen Konkurrenz ein deutliches Signal senden soll: Mit Frankfurt ist wieder zu rechnen.

Bei all dem Götze-Hype sollten aber auch ein paar andere Neuzugänge unbedingt Erwähnung finden: Mit Lucas Alario von Bayer Leverkusen haben die Hessen den lange ersehnten Vollblut-Stürmer verpflichtet. Mit Jérôme Onguéné (24) und Hrvoje Smolčić (21) rücken hoffnungsvolle, junge Innenverteidiger nach. Und mit Randal Kolo Muani (23) hat sich die Eintracht einen variablen Angreifer ins Team geholt, der seine Klasse in der Ligue 1 bereits nachgewiesen hat (zwölf Tore in 36 Spielen) und mit Nantes den nationalen Pokalwettbewerb gewonnen hat.

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Eintracht Frankfurt startet in die Mega-Saison | heimspiel! | 01.08.2022

Jubelnde Eintracht-Fans im Stadion. Davor DFB- und Champions-League-Pokal sowie die Meisterschale plus das Eintracht-Logo. Text: Heimspiel: Die Mega-Saison geht los!
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Das vielleicht Erstaunlichste an dem bisherigen Transfersommer war aber, dass der große Ausverkauf ausgeblieben ist. Abgänge wie Erik Durm, Danny da Costa oder Aymen Barkok waren geplant und taten Frankfurt nicht weh. Ihre Stammbesetzung aus der zurückliegenden Saison hat die Eintracht mit Ausnahme von Martin Hinteregger, der seine Karriere frühzeitig beendet hat, beisammengehalten. Gerade bei Filip Kostic, Daichi Kamada und Evan N'Dicka, die alle in ihr letztes Vertragsjahr in Frankfurt gehen, rechnen die Fans quasi täglich mit einem Abgang. Noch hat aber keiner der drei den Verein verlassen. Mit jedem Tag, mit dem das so bleibt, werden die Hoffnungen des ohnehin schon euphorischen Eintracht-Anhangs größer.

Der Trainer

Als in der vergangenen Saison die große Trainer-Rochade in der Bundesliga begann, war noch nicht absehbar, dass ausgerechnet die Eintracht wohl einen Glücksgriff getätigt hatte. Weil Marco Rose nach Dortmund wollte, spannte Gladbach der Eintracht Erfolgstrainer Adi Hütter aus. Der aus Wolfsburg gekommene Glasner trat in Frankfurt in große Fußstapfen und blamierte sich zum Auftakt gleich mal in der ersten DFB-Pokal-Runde in Mannheim. Ein Jahr später redet davon aber niemand mehr.

Während Rose und Hütter ihren Job nach dem letzten Spieltag wieder verloren, gewann Glasner mit seiner ruhigen und offenen Art immer mehr Sympathien. Der Österreicher gilt als ausgesprochen guter Taktiker und ist einer von diesen vielen Trainern aus der RB-Schule, die ihre Sporen in Salzburg verdient haben und den Pressing-Fußball nach ganz Europa trugen. Aggressiv, intensiv und schnell: So wie sie es auch in Frankfurt lieben.

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Pressekonferenz: Eintracht vor dem Saisonstart gegen Bayern

Oliver Glasner während einer Pressenkonferenz am Tisch sitzend.
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Das Problem: Der Pressing-Fußball ist nicht per se darauf ausgelegt, das Spiel gegen tiefstehende Mannschaften zu machen. Das war quasi die Achillesferse der Eintracht in der vergangenen Saison. Glasners neuester Kniff: Im DFB-Pokal-Spiel gegen Magdeburg stellte er den filigranen Techniker Kamada ins defensive Mittelfeld, um eine weitere Kreativkraft im Zentrum unterzubringen. Zwar stellte sich Magdeburg nicht hinten rein, die Eintracht ist aber durch die Positionsänderung des Japaners wieder ein Stück variabler geworden. Es ist davon auszugehen, dass Glasner sein Experiment gegen vermeintlich schwächere Gegner wiederholt.

Im Eröffnungsspiel an diesem Freitag gegen die Bayern (20.30 Uhr) denkt der bald 48-Jährige nun über eine Systemumstellung nach. Aus dem gewohnten 3-4-2-1 könnte am Abend ein 3-5-2 werden. "Wir schauen, was am besten passt. Wenn Bayern mit vielen Spielern im Zentrum spielt, dann könnten wir mit einem 3-5-2 das Zentrum noch mehr verdichten", so Glasners Überlegung. Festlegen wollte er sich zwei Tage vor der Partie aber nicht. Die Eintracht, sie will nicht nur variabel, sondern auch unberechenbar sein.

Die Erwartungen an die Saison

Die Zeiten, in denen man in Frankfurt tiefgestapelt hat, sind vorbei. "Wir haben die klare Zielsetzung, um die europäischen Plätze mitzuspielen und es regelmäßig zu schaffen, international zu spielen", sagte Sportvorstand Markus Krösche. Um die europäischen Plätze "mitzuspielen" ist freilich ein weit gefasster Begriff und natürlich würde man der Mannschaft einen weiteren elften Platz in der Liga doch wieder verzeihen, wenn sie dafür als Underdog die Champions League aufmischt. Ganz unabhängig von einem genauen Tabellenplatz ist die klare Erwartung aber, dass die Eintracht auch in dieser Saison wieder die ganz Großen ärgert – egal in welchem Wettbewerb.