Markus Krösche

Im Nachwuchs-Fußball in Deutschland läuft vieles schief. Dieser Meinung ist Eintracht-Sportvorstand Markus Krösche. Der 42-Jährige fordert ein "elementares Umdenken". Die Reform der Juniorenligen sei nur ein erster Schritt.

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Krösche will einen neuen Ansatz bei Fußall-Talenten

Axel Hellmann Markus Krösche Eintracht Frankfurt
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Markus Krösche, Sportvorstand von Eintracht Frankfurt und Mitglied der DFL-Kommission Fußball, hat von den deutschen Profivereinen ein "elementares Umdenken" im Bereich der Nachwuchsförderung gefordert. Diese müsse sich "grundsätzlich ändern", sagte Krösche in einem Exklusiv-Interview mit dem kicker. Auch den DFB sieht er "gefordert".

"Seitens der Vereine ist vieles auf der Strecke geblieben", führte Krösche aus: "Irgendwann zwischen 2010 und 2014, also in der absoluten Blütezeit unserer A-Nationalmannschaft mit vielen tollen Spielern, haben wir den Fokus verloren. Das Wesentliche im Nachwuchs ist der Spieler – nicht die Mannschaft", sagte Krösche.

In den Nachwuchsleistungszentren sei aber "sehr stark auf Ergebnisse geachtet" worden. Dieser Ansatz "geht genau in die falsche Richtung", betonte er. Es müsse "viel individueller" ausgebildet werden, forderte der 42-Jährige, man dürfe nicht schon die Jüngsten "mit Taktik und Formationen überfrachten". Stattdessen gehe es um Themen wie Basistechniken und freies Spiel. Außerdem müsse man Talente "so früh wie möglich in den Seniorenbereich bekommen".

DFB-Reform im Nachwuchsbereich "nur ein Baustein"

Der DFB weiß, dass der Nachwuchsfußball ein Problem hat. Deshalb hat er eine Reform der höchsten Jugendligen auf den Weg gebracht, die ab der Saison 2024/25 greift. Für Krösche ist das "nur ein Baustein" zu Lösung des Problems.

"Sie bietet ohne Abstiegsdruck definitiv bessere Voraussetzungen, die Spieler wirklich individuell zu fördern, allen möglichst viel Spielzeit zu geben. Aber wenn wir glauben, wir haben jetzt die Struktur geändert, und in ein paar Jahren haben wir deshalb in Deutschland mindestens acht Weltklassespieler, dann sind wir auf dem Holzweg. Dafür ist die Thematik bei Weitem zu vielschichtig."

Krösche will das Wegkaufen von Talenten einschränken

Doch Krösche will noch mehr. So verlangt der Eintracht-Sportvorstand von den Klubs, sich in einer Art Gentlemen's Agreement darauf zu einigen, die vielen Spielerwechsel untereinander schon im Jugendbereich zu verringern. Dazu schlägt er einen Gebietsschutz vor, wie es ihn in England gibt, "sodass NLZ-Vereine bis zu einem gewissen Alter nur Spieler aus einem bestimmten Umkreis aufnehmen dürfen".

Und: "Bis zum Alter von 18 Jahren brauchen wir eine Salary Cap", also eine Höchstsumme, die einem Jugendspieler gezahlt werden darf, der noch nicht im Profibereich angesiedelt ist, sagte Krösche. Dann sei das Geld für Spieler wie für Berater kein Anreiz mehr, um zu wechseln.

Weitere Maßnahmen könnten ein aufgestockter und ausgeweiteter Fördertopf von DFL/DFB für den Einsatz von U23-Spielern sowie ein Zweitspielrecht für junge Erstligaprofis bei einem Zweit- oder Drittligisten sein. Der DFB müsse darüber hinaus einen Schwerpunkt auf die Trainerentwicklung legen.

Krösche sieht Umdenken bei den Klubs

Für wie realistisch hält Krösche all seine Vorschläge? "Ich stehe mit meinen Gedanken ja nicht allein da. In der DFL-Kommission Fußball beschäftigen wir uns seit einiger Zeit sehr intensiv mit diesen Themen." Generell sei unter den Verantwortlichen der Profiklubs schon ein gewisses Umdenken zu registrieren.

Krösche weiter: "Das Bewusstsein dafür wächst spürbar, dass wir alle auch mal die Vereinsbrille absetzen und überlegen müssen: Mit welchen Maßnahmen und Regularien lässt sich bundesweit die Anzahl der Talente erhöhen, die potenziell Bundesligaprofi werden können? Davon profitieren wir dann perspektivisch alle."