Jubel bei Eintracht Frankfurt

Eintracht Frankfurt zerlegt HJK Helsinki und feiert eine emotionale Europapokal-Party. Trotz der klaren Unterlegenheit des finnischen Rekordmeisters macht der Auftritt Mut, Timothy Chandler bekommt die volle Fan-Liebe. Die Analyse in fünf Punkten.

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6:0 - die Eintracht-Tore zum Nachhören

Szene aus der Partie Eintracht gegen Helsinki
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Eintracht Frankfurt schlägt HJK Helsinki im dritten Spiel der Conference-League-Gruppenphase klar und deutlich mit 6:0 (4:0) und festigt Rang zwei. Die Tore für die Hessen erzielten Junior Dina Ebimbe (12./HE, 89.), Kapitän Robin Koch (27.), Omar Marmoush (30.), Tuta (45.+3) und Ellyes Skhiri (55.).

1. Alle feiern und lieben Timmy

Um zu wissen, was am Donnerstagabend im Waldstadion passiert ist, reicht ein kurzer Rückblick in die Schlussphase des ungleichen Duells zwischen der Eintracht und HJK Helsinki. Die ohnehin schon glückseligen Frankfurter Anhänger feierten Urgestein und Fan-Liebling Timothy Chandler, der in dieser Saison oft nicht mal mehr im Kader steht, bei jedem Ballkontakt, als hätte er gerade das entscheidende Tor im Champions-League-Finale erzielt und gleichzeitig den Abstieg der Offenbacher Kickers besiegelt.

Chandler, in der Schlussphase für Ansgar Knauff ins Spiel gekommen, erzielte zwar selbst keinen Treffer mehr. Dass er mehrmals über seine rechte Seite auffällig wurde und zum krönenden Abschluss das Tor von Ebimbe zum Endstand direkt vorbereitete, reichte aber schon, um den Abend perfekt abzurunden. "Ich habe mich sehr gefreut, dass die Fans ihn so gefeiert haben. Einfach, weil er so ein geiler Typ ist", fasste Torhüter Jens Grahl, der den gesperrten Kevin Trapp ohne Fehl und Tadel vertrat, zusammen. Alle lieben Timmy.

2. Eintracht feiert Europa-Party

Die Timothy-Chandler-Soloshow, die selbst Trainer Dino Toppmöller in seiner obligatorischen Analyse auf der Pressekonferenz ansprach und als "tolle Sache" bezeichnete, war mit Sicherheit der Höhepunkt der Frankfurter Feierlichkeiten. Schon vorher war die Stimmung unter den insgesamt 55.500 Zuschauern, darunter auch knapp 300 aus Finnland, aber endlich mal wieder ausnahmslos ausgelassen. Die Irrungen und Wirrungen um Randal Kolo Muani sind längst vergessen, auch der holprige Saisonstart spielte am Donnerstag absolut keine Rolle.

Die Eintracht, die in der Bundesliga in acht Spielen gerade einmal neun Treffer erzielt hat, schoss sich gegen Helsinki auch den letzten Frust von der Seele und zeigte eine tadellose Vorstellung. Die Gäste aus Helsinki, die mit 33 Meistertiteln zwar als der FC Bayern Finnlands gelten, auf dem Platz dann aber eher an die Uwe-Seeler-Traditionsmannschaft erinnerten, sollten und dürfen für die Eintracht zwar kein Maßstab sein. Sechs Tore und viele weitere Möglichkeiten sind womöglich aber genau das, was die Hessen gebraucht haben, um richtig in Schwung zu kommen.

"Genau so haben wir uns das vorgestellt, wir wollten auf beeindruckende Art und Weise gewinnen. Und das war es", so Toppmöller. "Wir haben uns in einen Rausch gespielt", ergänzte Koch.

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Robin Koch: Haben uns in einen Rausch gespielt

Eintracht-Spieler Robin Koch
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3. Chaibis Standards machen die Eintracht besser

Das Beeindruckendste an der insgesamt sehr guten Frankfurter Leistung waren derweil die von Neuzugang Fares Chaibi getretenen Standardsituationen. Der algerische Nationalspieler bereitete mit Eckbällen zwei Tore direkt vor, aus einem Freistoß folgte der Handelfmeter zur Führung. Chaibi, der erst kurz vor dem Ende der Transferphase als Ersatz für Jesper Lindström zu den Hessen gewechselt war, hebt die bei der Eintracht lange stiefmütterlich behandelt und amateurhaft umgesetzte Disziplin der ruhenden Bälle auf ein komplett neues Level und macht die Hessen damit vom Stand weg besser.

"Wir haben Standards oft trainiert. Jetzt haben wir mit Fares einen, der die Bälle richtig gut bringt", lobte Trainer Toppmöller. Chaibi hat das Füßchen, Spieler wie Koch, der bereits zum zweiten Mal nach einer Chaibi-Ecke traf, Tuta, Ebimbe oder auch Skhiri haben Köpfchen und die nötige Wucht. Eine Kombination, von der die Eintracht noch sehr profitieren könnte und die Hoffnung macht, dass die Zeiten von verstolperten kurzen Ecken oder Flanken ins Nichts in dieser Spielzeit tatsächlich ein Ende finden könnten.

4. PAOK trifft in letzter Sekunde

Wie viel Wert der Heimsieg gegen Helsinki letztlich ist, wird sich allerdings erst noch zeigen müssen. Da Aberdeen im Parallelspiel lange gegen PAOK Saloniki führte, lag die Eintracht zwischenzeitlich zwar auf Platz eins und damit auf Achtelfinal-Kurs. Da die Griechen einen Zwei-Tore-Rückstand in der Nachspielzeit aber noch in einen 3:2-Sieg drehten, bleiben die Hessen mit drei Punkten Rückstand erst einmal auf Platz zwei.

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Jens Grahl: Ein überragendes Gefühl

Eintracht-Torhüter Jens Grahl
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Heißt: Es müsste schon mit dem Teufel zugehen, dass das Team von Trainer Toppmöller, das derzeit fünf Punkte Vorsprung auf Rang drei hat, nicht in der Conference League überwintert. Stand jetzt müsste die Eintracht aber den Umweg über die Zwischenrunde gegen einen der Gruppendritten aus der Europa League nehmen. Klar ist auch: Das Heimspiel gegen PAOK könnte zum Endspiel um den Gruppensieg werden. "Wir wollen Erster werden", stellte Sportvorstand Markus Krösche klar.

5. Jetzt kommt der BVB

Bevor es so weit ist, rückt nun aber erst einmal wieder die Bundesliga und damit das kommende Heimspiel gegen Champions-League-Teilnehmer Borussia Dortmund am Sonntag (15.30 Uhr) in den Fokus. Ziemlich genau ein Jahr nach dem letzten Aufeinandertreffen der beiden im Frankfurter Waldstadion, bei dem der Eintracht beim Stand von 1:1 nach einem klaren Foul von Karim Adeyemi ein Elfmeter verweigert worden war, kommt es zur verspäteten Revanche. "Wir haben mit Dortmund noch eine Rechnung offen", sagte selbst Toppmöller, der vor zwölf Monaten noch Co-Trainer bei Bayern München war.

Seine Botschaft: Emotionen hochhalten, Emotionen nutzen. "Der Sieg heute gibt uns Auftrieb. Das wird ein spannender Vergleich mit dem BVB", so Toppmöller. Die Eintracht scheint genau rechtzeitig in Topform zu kommen und darf sich zudem sicher sein, dass am Sonntag die Eckbälle besser kommen werden als beim letzten Vergleich. Damals trat die nämlich noch ein gewisser Luca Pellegrini.