"Ein bisschen Italien für den Odenwald" Betriebe leiden unter Sperrung der B45-Brücke und fordern Turbo-Neubau
Seit mehr als drei Wochen steht der Auto- und Bahnverkehr an der B45-Brücke bei Bad König still. Das hat unmittelbare Auswirkungen auf die Betriebe in der Gegend. Die IHK fordert deswegen, dass man einem Beispiel im italienischen Genua folgt.
Seit gut drei Wochen ist die Zeller Brücke an der B45 bei Bad König (Odenwald) gesperrt. Das sorgt im Odenwald nicht nur für Verkehrschaos in den umliegenden Orten. Auch auf Geschäfte, Märkte und andere Unternehmen hat die Sperrung unmittelbare Auswirkungen.
Rund drei Viertel der Unternehmen im Einzugsgebiet der B45 seien von der gesperrten Brücke betroffen, teilte die Industrie- und Handelskammer (IHK) Darmstadt am Donnerstag mit. Das habe eine Umfrage ergeben, an der 512 Betriebe teilgenommen haben.
Umsatzverluste und Logistikprobleme
Die betroffenen Betriebe berichten demnach von Umsatzverlusten zwischen 1.000 und 20.000 Euro in der Woche. Die Sperrung verursache Probleme bei der Logistik, zudem seien die Unternehmen schlechter für Kunden zu erreichen. Etwa die Hälfte sieht sich laut IHK stark bis sehr stark von der Sperrung betroffen.
"Für viele Unternehmen wird das wirtschaftlich eng, wenn massive Umsatzverluste drohen. Kunden, die verloren gehen, sind nur sehr schwer zurückzugewinnen", sagt Daniel Theobald von der IHK Darmstadt.
Maria Rosa Malerba-Barth, die in Bad König einen Feinkostladen betreibt, berichtet sogar von einem Umsatzrückgang von 48 Prozent. "Die Regale sind gut gefüllt, ich hatte noch reichlich für die Saison eingekauft", sagt sie dem hr. Sie wisse nicht, wie lange sie das so durchhalten kann.
Auch das Restaurant "Poseidon zum Seeblick" in Bad König beklagt deutlich weniger Kundschaft und wachsende Verunsicherung bei den Menschen. "Viele Menschen glauben, Bad König sei derzeit nicht erreichbar oder der Weg mit langen Staus verbunden. Das stimmt so nicht, aber das Bild, das entsteht, schadet uns massiv", schreiben die Betreiber ihre Situation auf Instagram.
"Ein bisschen Italien für den Odenwald"
Die IHK Darmstadt fordert deswegen einen Neubau der Brücke in Rekordzeit. "Wir können uns keinen Tag Verzögerung leisten", sagt IHK-Vertreter Theobald.
Er wünscht sich "ein bisschen Italien für den Odenwald" und bezieht sich dabei auf den Brückenneubau im italienischen Genua, der nach dem tragischen Einsturz 2018 mit 43 Toten in einer rekordverdächtigen Zeit von nur 15 Monaten umgesetzt wurde. Die enge Zusammenarbeit der Beteiligten und die Überwindung bürokratischer Hürden galt dort als Schlüssel zum Erfolg.
Konkreter Zeitplan in Arbeit
Ähnliche Erfolge erhoffen sich die Beteiligten im Odenwald von der sogenannten Projekt-Taskforce, die unmittelbar nach der Sperrung ins Leben gerufen wurde und nun zum ersten Mal zusammengekommen ist. Wie lange der Neubau im Odenwald dauern wird, ist aber noch unklar. Klar ist nur, das komplett neu gebaut wird.
"Untersuchungen in den letzten Wochen haben gezeigt, dass ein Ersatzneubau gegenüber einer Behelfsumfahrung zu bevorzugen ist", teilte die zuständige Verkehrsbehörde Hessen Mobil am Mittwoch nach dem Taskforce-Treffen mit. Im nächsten Schritt wolle man einen konkreten Zeitplan zum Abbruch der Brücke ausarbeiten. "Wir schöpfen alle Möglichkeiten aus, um diesen Abbruch schnellstmöglich durchführen zu können", schreibt Hessen Mobil.
Unterstützung erhält die Verkehrsbehörde vom Odenwaldkreis. "Wir unterstützen den Bauherrn bei jeder Angelegenheit zügig und mit voller Kraft", sagt der Erste Kreisbeigeordnete Oliver Grobeis (SPD). Auch Michelstadts Bürgermeister Tobias Robischon (ÜWG) weiß um die Dringlichkeit: "Hier müssen wir zeigen, dass Deutschland handlungsfähig ist und sich nicht in Bürokratie erstickt."
Auch Bahnstrecke gesperrt
Seit Ende April ist die Brücke auf der größten Verkehrsader im Odenwald gesperrt. Risse im Beton beeinträchtigen die Statik des Bauwerks so stark, dass auch eine Sanierung nicht mehr möglich ist. Autofahrerinnen und Autofahrer müssen seitdem einen etwa 20 Kilometer langen Umweg in Kauf nehmen. Seit Mitte Mai ist auch die unter der Brücke verlaufende Bahnstrecke gesperrt, was die Verkehrsprobleme im Odenwald noch verschärft.