Blechlawine schiebt sich durch Zell "Wir drehen durch": B45-Brückensperrung im Odenwald sorgt für Chaos

Die Sperrung einer vielbefahrenen Brücke bei Bad König sorgt für Verkehrsprobleme im Odenwald. Im kleinen Ortsteil Zell ist regelrecht das Chaos ausgebrochen. Besserung ist nicht in Sicht.

Autos stauen sich in Bad König-Zell
Autos stauen sich in Bad König-Zell Bild © Max Kleemann/hr

Im kleinen Bad Königer Stadtteil Zell herrscht Ausnahmezustand. Seit vor etwas mehr als einer Woche die Brücke an der nahen B45 gesperrt wurde, wird der Ort regelrecht von einer Blechlawine überrollt. "Es ist eine große Katastrophe", klagt eine Anwohnerin mit Blick auf die vielen Autos, die sich Stoßstange an Stoßstange durch die schmale Straße schlängeln, das Dröhnen der Motoren erfüllt die Luft.  

Rund 15.000 Autos sind täglich über die Talbrücke an der Bundesstraße gefahren, die nun wegen Rissen im Beton kurzfristig aus dem Verkehr gezogen wurde. Die von der Verkehrsbehörde Hessen Mobil eingerichtete Umleitung führt eigentlich über Vielbrunn, weiter über die B47 nach Michelstadt zurück auf die B45 – ein Umweg von gut und gerne 20 Kilometern.

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Offizielle Umleitung ist viel länger

"Da hält sich aber niemand dran", berichtet Fred Hartmann, der direkt an der Zeller Durchgangsstraße wohnt. "Die fahren alle hier durch den Ort." Kein Wunder, ist der Umweg durch Zell doch kaum der Rede wert.

Für die Autofahrer ist ein bisschen Stau in Zell deutlich weniger stressig als der weite Umweg über die offizielle Umleitung. Die Anwohnerinnen und Anwohner sind aber bereits nach wenigen Tagen mit den Nerven am Ende. "Tag und Nacht fahren jetzt die Autos hier durch", erzählt eine Betroffene.

Karten mit dem Bereich zwischen Bad König und Erbach, die auch in der Karte beschriftet sind. Dazwischen die Strecke der B45, eine Sperrung derselben, eine Ausweichstrecke und die geplante Umleitung.

Stadt will öfter kontrollieren

Auch Lastwagen drängen sich seit der Brückensperrung durch den Ort, obwohl für sie die Durchfahrt verboten ist. "Viele halten sich auch nicht an Tempo 30." Vor allem im Berufsverkehr kämen Anwohner teilweise kaum noch aus ihren Garagen heraus. Immer wieder komme es auch zu Streit zwischen Verkehrsteilnehmern, die sich gegenseitig anhupen, auchg die Polizei musste schon einschreiten.

Die Stadt ist dabei weitestgehend machtlos. "Das ist leider so, damit müssen wir jetzt leben", sagt Bad Königs Bürgermeister Frank Hofferbert (ZBK) im Gespräch mit dem hr. Ganz tatenlos bleibt die Stadt allerdings nicht. Es wurden bereits Tempo-30-Schilder aufgestellt, auch ein Parkverbot an der Durchgangsstraße wurde erlassen. "Wir werden in Zukunft auch verstärkt Geschwindigkeitskontrollen durchführen und eine digitale Geschwindigkeitstafel aufhängen", verspricht Hofferbert.

Dauer der Sperrung nicht abzusehen

Wie lange die Zeller und Zellerinnen noch unter dem Verkehr leiden müssen, ist völlig unklar. Unmittelbar nach der Sperrung der Brücke versprach Hessen Mobil, man arbeite "mit Hochdruck" an einer Lösung, die Brücke werde so schnell wie möglich abgerissen. Dafür soll eine sogenannte "Projekt-Taskforce" eingesetzt werden, die sich auch um die Verkehrsproblematik kümmern will.

Mehr als eine Woche später lud Hessen Mobil am Donnerstag zu einem Pressetermin an der Brücke, um das weitere Vorgehen zu erläutern. Wirkliche Fortschritte waren aber nicht zu vernehmen. Es war weiterhin die Rede von der Gründung besagter Taskforce, man wolle sich um den Umleitungsverkehr kümmern und mit "hoher Dringlichkeit" eine Lösung finden. Es werde nun geprüft, ob ein Ersatzneubau der Brücke oder der Bau einer Behelfsbrücke schneller umzusetzen ist.

"Dazu werden wir alle Beschleunigungs-Möglichkeiten des Bundes ausschöpfen, die uns zur Verfügung stehen", verspricht Ines Fröhlich (SPD), Staatssekretärin des Verkehrsministeriums. In der Taskforce seien alle beteiligten Parteien vertreten, auch die Bahn. Dort werde man "alle Beschleunigungshebel in Bewegung setzen" und "Genehmigungsprozesse auf kurzen Wegen anstoßen", sagt Fröhlich.

Noch kein Zeitplan

Einen Zeitplan, selbst einen groben, nannten Staatssekretärin und Hessen Mobil allerdings nicht. Ende Mai soll die Taskforce erstmalig zusammenkommen, vielleicht habe man dann etwas mehr Klarheit, hofft Bad Königs Bürgermeister Hofferbert.

In Zell schwant den Menschen bereits Böses: "Das kann noch Jahre dauern", befürchtet eine Anwohnerin. "Aber wir drehen jetzt schon durch."

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B45-Brückensperrung: Wie geht es weiter?

Hessen Mobil-Sprecherin beim Interview
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Sendung: hr1,

Quelle: hessenschau.de/Max Kleemann