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Frust und Verständnis für Streik im kommunalen Nahverkehr

Das Bild zeigt einen älteren Mann mit grauen Haaren und Schnurrbart in der Fahrerkabine einer Straßenbahn. Er trägt einen dunkelblauen Pullover und eine Schlüsselkarte an einem Halsband.

Seit mehr als 30 Jahren arbeitet Roland Ebert als U-Bahn- und Straßenbahnfahrer in Frankfurt. Obwohl er seinen Job mag, findet er: Die aktuellen Arbeitsbedingungen sind nicht mehr tragbar, der Druck ist zu groß.

"Wir müssen rund um die Uhr zu 100 Prozent bei der Sache sein", sagt Roland Ebert. Seit 32 Jahren ist er Straßenbahn- und U-Bahnfahrer bei der VGF in Frankfurt. Ebert mag seinen Job. "Mit den Fahrgästen umzugehen, zu helfen", das mache ihm Spaß.

Über die Jahre seien die Bedingungen aber immer schwerer geworden. "Der Verkehr hat extrem zugenommen", sagt Ebert. Früher habe es auch mal ruhigere Zeiten gegeben, zum Beispiel nach dem Berufsverkehr. "Heute fährt man nur noch Fahrtzeiten hinterher."

An der Endhaltestelle komme man so gut wie immer mit Verspätung an. Und da die Pausen im Depot immer kürzer würden, sei oftmals nicht einmal Zeit, um auf die Toilette zu gehen. Einige Kolleginnen und Kollegen würden deshalb während ihrer Schichten nichts mehr trinken. "So kann es nicht weitergehen", findet Ebert.

Verdi fordert 35-Stunden-Woche

Deswegen beteiligt sich der 55-Jährige an dem dreitägigen Streik im Nahverkehr, zu dem die Gewerkschaft Verdi aufgerufen hat. Der Ausstand trifft neben Frankfurt auch Wiesbaden, Kassel und Teile Gießens.

Im laufenden Tarifkonflikt geht es vor allem um verbesserte Arbeitsbedingungen für die rund 8.000 Beschäftigten in Hessen. Verdi fordert unter anderem eine 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich und ein 13. Monatsgehalt in voller Höhe.

Das Bild zeigt drei türkisfarbene Ubahnen im Depot. An den Fensterscheiben der Fahrerkabinen sind Fähnchen mit der Aufschrift "Verdi" angebracht, außerdem kleben Schilder mit der Aufschrift "Warnstreik" auf dem Fenster.

Für Mitarbeitende mit langer Betriebszugehörigkeit soll eine weitere, höhere Entgeltgruppe kommen. Zugleich sollen die untersten drei Entgeltgruppen gestrichen werden, um den Job für Berufseinsteigerinnen und -einsteiger attraktiver zu machen, so die Verdi-Forderungen.

"Viele können mit dem Druck nicht umgehen"

Im jüngsten Angebot der kommunalen Arbeitgeber fehlten "wichtige Kernpunkte", hieß es im Frankfurter Streikaufruf der Gewerkschaft. Das Angebot sei "in Bezug auf Entlastung sowie Entgeltgruppen" unzureichend.

Das sieht auch Roland Ebert so. "Vom Arbeitgeberverband kam bisher überhaupt nichts", sagt er. Das Thema Entlastung sei noch nicht einmal angesprochen worden. Dabei sei das auch in Bezug auf - fehlenden - Nachwuchs ein wichtiger Punkt.

Neue Kolleginnen und Kollegen würden den Job wegen des Drucks teilweise wieder aufgeben, sagt Ebert. Zwischendurch mal in ein Brot zu beißen, einen Schluck zu trinken oder einfach mal fünf Minuten Luft zu holen sei kaum möglich. "Viele können damit nicht umgehen." Zuletzt musste die VGF wegen Personalmangels ihren Fahrplan ausdünnen.

Verantwortung für bis zu 800 Menschen

Ebert weiß, dass viele Pendlerinnen und Pendler kein Verständnis für den erneuten Streik im Nahverkehr haben. Sein Wunsch: dass sie sich einmal mit den Arbeitsbedingungen der Fahrerinnen und Fahrer auseinandersetzen und sich die Unterschiede zu beispielsweise einem Bürojob deutlich machten.

"Wenn man im Büro die Faxen dicke hat, dann macht man mal für fünf Minuten die Augen zu", sagt der 55-Jährige. "Das können wir im Fahrdienst definitiv nicht. Wir haben die Verantwortung für bis zu 800 Leute."

Er hofft, dass diese Botschaft auch den Verhandlungstisch erreicht. Bis dahin legt er seine Arbeit nieder - noch bis zum Ende der Spätschicht in der Nacht von Freitag auf Samstag

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