Preise steigen um bis zu 36 Prozent Fernwärme wird in Frankfurt deutlich teurer
Wer in Frankfurt mit Fernwärme heizt, dürfte in diesen Tagen unangenehme Post bekommen. Denn der Energieversorger Mainova erhöht die Preise drastisch. Bei den Kunden sorgt das für Ärger.
Anita Mesch aus Frankfurt wird in Zukunft wohl deutlich mehr Geld für ihre Heizkosten zur Seite legen müssen. Sie nutzt Fernwärme für ihre Drei-Zimmer-Wohnung in Frankfurt: "Diese umweltfreundliche Art zu heizen hat mir anfangs gut gefallen", erzählt die 57-Jährige. Aber mittlerweile fürchtet sie, das könnte bald zum teuren Luxus werden.
Meschs Fernwärmeanbieter Mainova hat ihr schriftlich mitgeteilt, dass die Preise um 25 bis 36 Prozent steigen werden. "Ich bin sauer, dass so eine Preiserhöhung überhaupt möglich ist und ich nichts dagegen tun kann."
Rund 300 Euro Mehrkosten im Jahr
Im vergangenen Jahr hat Mesch für die Fernwärme knapp 1.160 Euro gezahlt. Für dieses Jahr rechnet sie mit rund 300 Euro mehr. Dabei hat die Frankfurterin erst eine Preiserhöhung hinter sich, obwohl sie die Heizung immer weiter runterdreht: "Ich habe den Winter bei 19,5 Grad verbracht, das reicht."
Ein neues Preissystem, das es in sich hat
So wie Anita Mesch beziehen in Frankfurt rund 60.000 Haushalte Fernwärme, hauptsächlich von der Mainova. Seit Anfang der Woche verschickt der Energieanbieter an alle Kunden Briefe und informiert sie, dass er zum 1. Juli für Fernwärme ein neues Preissystem einführt, mit einer neuen Berechnungsformel.
Für die Mehrheit der Kunden, vor allem Privatleute in Mehrfamilienhäusern, ergibt sich demnach eine Preiserhöhung von durchschnittlich 26 Prozent. Bei Großkunden, etwa Unternehmen, steigen die Preise zwischen 25 und 36 Prozent. Die Preiserhöhungen begründet die Mainova damit, dass sie investieren müsse, um die Fernwärme zunehmend klimaneutral erzeugen zu können.
Millioneninvestitionen für die Klimawende
"Den Kohleausstieg ziehen wir in Frankfurt vor", sagt Martin Giehl, der im Mainova-Vorstand für die Fernwärme zuständig ist: "Wir stellen unser Heizkraftwerk West schon 2026 von Kohle um auf Gas, außerdem soll das Kraftwerk künftig Wasserstoff nutzen können". Langfristig könne man damit pro Jahr rund 400.000 Tonnen CO2 sparen, allerdings koste die Umstellung die Mainova über 300 Millionen Euro.
Ein weiterer Preistreiber: Die Mainova müsse generell immer mehr Geld ausgeben, erklärt Giehl. An steigenden Kosten, etwa für Gehälter und Brennstoffe, müsse man die Kunden beteiligen und werde auch deshalb die Preise erhöhen. Allerdings habe es in den letzten Jahren auch Preissenkungen gegeben.
Mainova: Preiserhöhungen sind rechtens
Rechtlich sieht sich der Frankfurter Energieversorger auf der sicheren Seite. Denn man habe alle alten Fernwärmeverträge gekündigt und den Kunden neue Verträge vorgelegt. "Sie können entscheiden, ob sie das Angebot annehmen oder sich für eine andere Technologie entscheiden", sagt Mainova-Vorstandsmitglied Giehl.
Bleiben die Kunden untätig und beziehen einfach weiter die Fernwärme von der Mainova, haben sie aus Sicht des Energieanbieters den Vertrag damit trotzdem anerkannt. Die Verbraucherzentrale Hessen überprüft die Preiserhöhungen aktuell.
Für viele gibt es keine Alternative
Von der Fernwärme zu einer anderen Technologie zu wechseln, dürfte für die betroffenen Kunden allerdings in den meisten Fällen zu aufwendig sein. Und auch wenn es laut Mainova für die Fernwärme in Frankfurt keinen generellen Anschlusszwang gibt, ist diese in manchen Neubaugebieten wie dem Riedberg oft durchaus verpflichtend.
Dort wohnt auch Anita Mesch, in einem Haus mit mehreren Parteien. "Ich kann ja jetzt nicht sagen, ich kündige die Fernwärme und hole mir einen Öltank", meint die 57-Jährige. Einen Ausweg sieht sie derzeit nicht. Bei der Mainova heißt es, wer die Preiserhöhungen finanziell nicht stemmen könne, könne sich beim Energieversorger melden und einen Zahlungsaufschub anfragen.
Manche Fernwärmefans werden abgeschreckt
Generell verzeichnet das Unternehmen seit dieser Woche zum Thema Fernwärme mehr telefonische Anfragen als üblich. Zugleich ist die Mainova dabei, ihr Fernwärmenetz auszubauen. Bisher besteht es aus 310 Kilometer langen Rohren, bis 2024 sollen weitere 450 Kilometer dazu kommen.
Stephan Emmel sah darin lange eine Chance. Der 66 Jahre alte Rentner wohnt in Frankfurt-Heddernheim in einem Reihenhaus, in unmittelbarer Nähe zu einer Fernwärmeleitung der Mainova, und suchte einen Ersatz für seine 26 Jahre alte Gastherme. Deshalb hatte er sich intensiv um einen Fernwärmeanschluss bemüht.
Jetzt nicht mehr: Die neuesten Entwicklungen bei der Mainova haben Emmel abgeschreckt. "Ich habe mich mit meiner Frau für eine neue Gastherme entschieden, da habe ich erst einmal meine Ruhe." Allerdings dürfte auch das Heizen mit Gas für ihn durch die steigenden CO2-Preise langfristig immer teurer werden, so dass es beim Heizen wohl keine einfache und billige Lösung geben wird.