Firmengelände und Kraftwerk des Versorgungsunternehmens Energieversorgung Offenbach (EVO) von oben betrachtet

In Hessen wird Heizenergie noch überwiegend durch Kohle und Gas gewonnen. Mit der klimaschädlichen Wärmegewinnung soll zum Beispiel in Offenbach bald Schluss sein. Bis 2030 will der dortige Versorger EVO grüne Fernwärme liefern.

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In Offenbach soll aus schwarzer Fernwärme grüne Fernwärme werden

Firmengelände und Kraftwerk des Versorgungsunternehmens Energieversorgung Offenbach (EVO) von oben betrachtet
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Stefan Fenchel kümmert sich um das Haus seines Vaters in Dietzenbach. Und macht sich natürlich Gedanken darum, wie er künftig heizen wird. Bisher läuft dort eine alte Ölheizung, Baujahr 1985. Fenchel weiß: "Es wird mit Sicherheit kommen, dass die ausgetauscht werden muss."

Fenchel ist Kälteanlagenbauer von Beruf, er kennt sich aus mit Wärme und Kälte. Der 58-Jährige wurde hellhörig, als es hieß, dass das Fernwärmenetz für Dietzenbach ausgebaut werden solle. Grüne Fernwärme - das wäre für ihn die Wunschlösung, wenn er die alte Ölheizung nicht mehr nutzen kann.

Aber die Frage, ob Fenchel und andere Kunden in absehbarer Zeit grüne Fernwärme beziehen können, wird erst mal woanders entschieden.

Holzpellets sollen Kohle ersetzen

So soll die Wärmegewinnung im benachbarten Offenbach künftig grüner werden. Das Versorgungsunternehmen Energieversorgung Offenbach (EVO) liefert schon viel Fernwärme. Im Heizkraftwerk der EVO werden Fernwärme und Strom für die Rhein-Main-Region bisher aber alles andere als klimaneutral erzeugt: mit Kohle. Dadurch entstehen pro Jahr etwa 200.000 Tonnen an CO2-Emissionen, also klimaschädliches Kohlendioxid.

In sechs Jahren solle Schluss sein mit der Kohle, sagt der EVO-Sprecher Harald Hofmann: "Bis 2030 wollen wir unseren Kunden grüne Fernwärme liefern."

Bisher arbeitet das Heizkraftwerk mit zwei Kohle-Kesseln zur Fernwärme- und Stromerzeugung. Einer soll künftig mit Holzpellets aus der Region betrieben werden. Inwieweit das die CO2-Emissionen entscheidend mindern würde, ist umstritten. Der zweite Kohle-Kessel soll 2030 komplett abgeschaltet werden.

Abwärme von Turbinendampf und Rauchgasen nutzen

Das reicht noch lange nicht für die angestrebte Klimaneutralität. Deshalb plant Energieversorgung Offenbach auch Umbauten in ihrem zweiten Kraftwerk, im sogenannten Energiewerk. Dort entsteht momentan Fernwärme, unter anderem auch für Dietzenbach, indem Müll- und Klärschlamm verbrannt wird. Auch dort soll die CO2-Bilanz verbessert werde.

"Wir wollen Anlagen bauen, mit denen wir die Abwärme von Turbinendampf und Rauchgasen nutzen können", sagt EVO-Sprecher Hofmann. Auch mit der Abwärme von Rechenzentren könne man Fernwärme erzeugen. Insgesamt sollen Investitionen in Höhe von etwa 150 Millionen Euro die EVO-Fernwärme klimaneutral machen.

Das bis 2030 hinkriegen zu wollen, ist ziemlich ehrgeizig. Deshalb sagt Hofmann auch: "Wir müssen Anlagen neu bauen, wir müssen Genehmigungsverfahren durchlaufen, und wir haben nur noch sechs Jahre Zeit."

Nachfrage nach Fernwärme wächst

Mit nachhaltig grüner Fernwärme wären die Heizungen aller angeschlossenen Haushalte auf einen Schlag klimaneutral. In ganz Hessen sind das bislang immerhin um die zehn Prozent.

Energieversorger wie EVO wissen: Das Interesse an Fernwärme steigt beständig, obwohl die Zahl der Anschlüsse bisher überschaubar ist. So beziehen bundesweit bisher nur etwa 6,1 Millionen Wohnungen Fernwärme. Das sind gerade mal 14,2 Prozent des gesamten Wohnungsbestandes. Das will die Bundesregierung ändern.

2045 soll jeder Dritte mit Fernwärme heizen

Ihr Ziel ist es, künftig jedes Jahr 100.000 Wohnungen neu ans Fernwärmenetz anzuschließen. Wenn das klappt, könnte im Jahr 2045 jeder dritte Haushalt mit Fernwärme geheizt werden. Möglichst mit grüner Fernwärme, so der Plan.

Bisher wird Fernwärme in Deutschland noch überwiegend mit Kohle und Gas erzeugt. In nordeuropäischen Staaten ist das anders: In Norwegen stammen 91 Prozent der Fernwärme aus erneuerbaren Energien, in Schweden 80 Prozent, in Dänemark immerhin schon 64 Prozent. In Deutschland liegt die Quote der erneuerbaren Energien derzeit bei 18 Prozent.

Wichtige Rolle der Kommunen und Verbraucher

Ob und wie sich das ändert, liegt nicht zuletzt an den Kommunen. Städte wie Dietzenbach stehen vor der Aufgabe, bis spätestens 2028 eine kommunale Wärmeplanung zu erstellen. Darin könne die Fernwärme eine wichtige Rolle spielen, sagt der Dietzenbacher Bürgermeister Dieter Lang (SPD). Da es bereits 1.200 Hausanschlüsse gebe, sei es sinnvoll zu prüfen, wo dieses Netz erweitert werden könne.

"Sie können an Ihrem Gebäude ganz, ganz viele intelligente Dinge tun, um den Wärme- und den Energieverbrauch zu reduzieren", sagt Bürgermeister Lang. Damit meint er beispielsweise Fassadendämmung, neue Fenster oder die Dämmung von Dächern. Mit der grünen Fernwärme könne es schließlich noch etwas dauern.

Stefan Fenchel, den Dietzenbacher Hausbesitzer, stört das nicht: "Ich muss ein bisschen warten. Aber ich wäre der Erste, der dabei ist, dieses Netz zu nutzen." Ihm sei klar, dass der Netzausbau "von heute auf morgen nicht zu machen ist". Aber er hofft darauf, dass sein Haus und das seines Vaters dann von der grünen Fernwärme profitieren könnten - vorausgesetzt, sie bleibe bezahlbar.

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