Zur öffentlichen Begehung der Salzbachtalbrücke am Samstag sind zahlreiche Menschen gekommen.

Mit Wochenbeginn wird die südliche Salzbachtalbrücke der A66 in Wiesbaden wieder für den Verkehr freigegeben. Zuvor gab's aber den "Tag der offenen Brücke": Tausende Menschen spazierten über das Bauwerk.

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Tausende spazieren über Salzbachtalbrücke

Menschenmasse auf der Brücke
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Die Stadt Wiesbaden hatte am Samstag ihren ganz eigenen Brückentag: Schon kurz nach der Eröffnung tummelten sich am Vormittag hunderte Menschen auf der südlichen Salzbachtalbrücke an der A66. Die Stadtpolizei in Wiesbaden sprach am späten Nachmittag von rund 10.000 Besucherinnen und Besuchern.

Die Veranstalter hatten zur öffentlichen Begehung durch Fußgänger, Fahrradfahrer und Skater eingeladen, bevor die rund 300 Meter lange Brücke am Montag offiziell wieder für den Verkehr freigegeben wird. Vor zwei Jahren war das Bauwerk wegen herabfallender Teile gesperrt und schließlich gesprengt worden.

Ab Montagnachmittag soll der Verkehr uneingeschränkt rollen

Nach Angaben der Autobahn GmbH des Bundes stehen am Montag wieder je zwei Fahrstreifen in Richtung Frankfurt und Rüdesheim zur Verfügung. In Richtung Frankfurt sollen ab spätestens 17 Uhr "alle Fahrbeziehungen" frei sein. Die massive Verkehrsbeeinträchtigung im Rhein-Main-Gebiet durch die Brückensperrung ist dann Geschichte. Bis Mitte 2025 soll dann noch die Nordbrücke in Richtung Rüdesheim fertig gebaut werden.

Erleichterung bei Anwohnern und Pendlern

Anwohnerin Elke Scharmann aus Wiesbaden freut sich. Vorbei ist dann der morgendliche bange Blick aus dem Fenster: Staut sich der Verkehr wieder im Viertel, komme ich aus der Einfahrt raus? Völlig unkalkulierbar sei das gewesen, sagt Scharmann: "Wir müssen ja alle pünktlich zur Arbeit erscheinen." Aber an manchen Tagen habe kompletter Stillstand geherrscht. Dann habe sie statt ein Viertelstunde eine Dreiviertelstunde Anreisezeit zur Arbeit gehabt.

Die Belastung sei "enorm" gewesen, bestätigt ein Nachbar. "Ich bin gottfroh, dass die Salzbachtalbrücke wieder eröffnet wird."

Zwar ist die Salzbachtalbrücke gerade einmal 300 Meter lang. Doch seit der Sprengung vor zwei Jahren mussten 80.000 Fahrzeuge pro Tag eine großräumige Umleitung fahren - oder im Schritttempo durch die Stadt. Für Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende (SPD) ein "verkehrstechnischer Alptraum", für Pendler eine tägliche Tortur.

Havarie und Sprengung

Die wichtige Verbindung zwischen dem Rheingau und Wiesbaden bis nach Frankfurt war vor rund zwei Jahren gesprengt worden. Zuvor war im Sommer 2021 das Lager eines Pfeilers am südlichen Brückenteil eingebrochen. Der Überbau sackte ab, Betonteile fielen auf die darunterliegende Bundesstraße. Die Brücke wurde aus Sicherheitsgründen gesperrt und schließlich am 6. November 2021 gesprengt.

Zwischenzeitlich waren die darunterliegende Bahnstrecke sowie die B263 gesperrt - perfekt war das Verkehrschaos in der Region.

Kosten auf 225 Millionen Euro gestiegen

Das erste der beiden Brückenteile war nach Einschätzung von Bertram Kühn, Professor für Bauingenieurwesen an der THM in Gießen, vergleichsweise schnell fertig. Es habe kein Baurecht mehr geschaffen werden müssen und der Neubau war bereits in Planung gewesen.

Die Gesamtkosten liegen bei etwa 225 Millionen Euro - 2018 waren noch 146,4 Millionen Euro veranschlagt worden. Als Grund für die Kostenerhöhung hatte die Autobahngesellschaft die allgemein gestiegenen Baupreise genannt. Der nördliche Bauteil soll laut Autobahn GmbH bis Mitte 2025 fertig werden.

Nächstes Großbauprojekte bereits in Planung

Nach der Eröffnung der neuen Schiersteiner Brücke der A643 zwischen Wiesbaden und Mainz vor wenigen Monaten ist noch einiges an Arbeiten geplant. So sollen an dem Autobahnkreuz bis 2028 unter anderem Rampen, Brücken und Stützwände entstehen.

Auch andernorts stehen in den kommenden Jahren Sanierungen und Neubauten maroder Brücken an. Zu den künftig wichtigen Verkehrsprojekten zählen allein neun Maßnahmen an der A45 zwischen dem Gambacher Kreuz bei Gießen und der Landesgrenze zu Nordrhein-Westfalen. Der hessische Verkehrsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) hatte erklärt, dass auf dieser Strecke angesichts des hohen Lkw-Aufkommens besonders viele Autobahnbrücken marode sind.

"Bis zu 90 Prozent der Brücken müssen neu gebaut werden"

"Das wird uns sicher die nächsten 20 Jahre beschäftigen", sagt Brückenexperte Kühn zu dieser Strecke. "In etwa 90 Prozent der Brücken müssen neu gebaut werden." Laut ADAC müssen auf der A45 insbesondere die Talbrücken Langgöns und Blasbach ersetzt werden - in beiden Fällen laufe ein Planfeststellungsverfahren. Bei der Talbrücke Lemptal sei das Verfahren bereits abgeschlossen.

Ein weiteres wichtiges Projekt sei der Ersatzneubau der Rampen am Rüsselsheimer Dreieck (A60/A67), der laut Autobahn GmbH Ende 2026 fertig werden soll.

Marode Brücken aus den Sechzigern

Auf der Suche nach maroden Brückenbauwerken müsse man nur nach links und rechts schauen, sagt Bauexperte Kühn: "Die meisten Brücken sind in der Wirtschaftswunderzeit ab 1960 entstanden und sind nicht für diese hohen Verkehrslasten ausgelegt."

Eigentlich seien Brücken dafür ausgelegt, 100 Jahre zu halten. Zur Bauzeit von Brücken wie der Salzbachtalbrücke sei allerdings nicht damit gerechnet worden, dass der Verkehr derart stark ansteigen würde.

ADAC: "Brücken fangen alle gleichzeitig an zu bröckeln"

Laut Oliver Reidegeld, Sprecher des ADAC Hessen-Thüringen, waren Sanierungen in der Vergangenheit aus finanziellen Gründen immer wieder hinausgeschoben worden: "Jetzt bekommt man die Quittung dafür - dass die Brücken heute alle gleichzeitig anfangen zu bröckeln."

Auch vor dem Hintergrund der Schuldenbremsen-Urteile und Fragezeichen um künftige Haushalte sehen die Experten die Finanzierung von Infrastrukturprojekten als Herausforderung. "Man sollte jetzt auch keine Mittel dafür kürzen, sonst gibt es wieder Sperrungen", sagt Reidegeld. Kühn zufolge ist neben Finanzfragen auch der Personalmangel ein Problem.

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