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Bakterium bedroht Zuckerrübenernte in Südhessen

Mann steht vo einem Acker und hält eine Zuckerrübe in der Hand

Ein Bakterium namens Stolbur macht Landwirten zunehmend das Leben schwer. Die Zuckerrübenernte ist in Gefahr. Auch vor anderen Feldfrüchten macht die Krankheit nicht Halt. Und sie breitet sich aus.

Wenn Landwirt Sebastian Schaffner vom Erlenhof in Riedstadt-Wolfskehlen (Groß-Gerau) auf einen seiner Äcker geht und eine Zuckerrübe aus dem Boden zieht, hat er immer häufiger ein Problem: Seine Rüben sind oft schrumpelig und lassen sich verbiegen.

Viele seiner Pflanzen haben die Gummirübenkrankheit - ausgelöst durch ein Bakterium, das Zikaden übertragen. Die Insekten saugen an den Rüben und legen darin ihre Eier ab. So überträgt sich Stolbur.

Doch das sei nicht das einzige Problem, mit dem die Landwirte derzeit zu kämpfen haben, sagt Landwirt Schaffner. Die Zikade, offensichtlich ein Nutznießer des Klimawandels und der zurückliegenden viel zu trockenen Jahre, breite sich zunehmend aus. Und sie trage gleich zwei Bakterien in sich, die schädlich für Zuckerrüben und andere Pflanzen seien.

Schrumpelige, leicht verderbliche Rüben

"Angefangen hat alles mit einem Bakterium, das die Krankheit SBR (Abkürzung für Syndrome Basses Richesses, Anm. d. Red.) verursacht und das den Zuckergehalt in der Rübe reduziert", erzählt Schaffner. Das sei schon schlimm genug, denn der Zuckergehalt der Rüben könne dadurch um die Hälfte sinken.

Das zweite Bakterium, Stolbur, lasse die Zuckerrüben schließlich schrumpeln und gummiartig werden. "Das kann sogar einen Totalausfall verursachen", sagt Schaffner. Denn durch den Befall könne die Rübe schon auf dem Feld oder später im Lager verderben, bevor sie weiterverarbeitet werden könne.

In jüngster Vergangenheit sei ihm immer mehr aufgefallen, dass er welke Rüben in seinen Feldern habe, berichtet der Landwirt. Diese säßen auch recht locker im Erdreich. Zum Beweis zieht Schaffner an einer befallenen Frucht, die nur allzu bereitwillig nachgibt und an der gleich zwei weiße, nur wenige Millimeter große Zikadennymphen zu sehen sind. Spätestens dann, wenn Sebastian Schaffner die sonst starre Rübe biegt, sind die Auswirkungen von Stolbur offensichtlich.

10.000 Hektar stark befallen - allein bei Zuckerrüben

Weil die Zikade auch Wein, Kartoffeln oder Karotten befällt, sei schnelles Handeln nötig, findet Schaffner. Er setzt auf neue Pflanzenschutzmittel, die in der Entwicklung seien, aber noch zugelassen werden müssten. Auch hoffe er, dass die Politik die gesetzlichen Vorgaben für Fruchtfolgen lockert. Außerdem könnten neue Züchtungen resistenter werden gegen Stolbur. Das Problem sei ja keinesfalls auf Südhessen begrenzt. 

Das bestätigt Christian Lang, der Vorsitzende des Verbands der Hessisch-Pfälzischen Zuckerrübenanbauer: "Aktuell sehen wir eine Ausbreitung in Bayern. Bei uns in Hessen ist die Gummirübenkrankheit schon bis in die Wetterau angekommen." Eine Fläche von 10.000 Hektar sei derzeit stark befallen, dazu komme die schwach befallene Fläche, die fünfmal so groß sei - und das beziehe sich allein auf den Zuckerrübenanbau. Befallene Kartoffeln seien dort nicht mit eingerechnet.

"Und die Zikade wandert jedes Jahr 20 bis 30 Kilometer", warnt Lang, auch über Landesgrenzen hinweg. Der Zuckerertrag der befallenen Rüben sinke um bis zu 40 Prozent, der Schaden gehe in die Millionen. An Gegenmitteln werde zwar derzeit geforscht, aber Lang ist sich sicher: "Auf konventionellem Weg werden wir der Zikade und den Bakterien nicht beikommen. Wir müssen unser Verhältnis zur Gentechnik überdenken."

Ohnehin steigen die Preise für Zucker

Denn auch wenn die gesetzlichen Vorgaben für Fruchtfolgen gelockert würden und nach Rüben auch mal Mais angebaut werden dürfte: "So lindern wir das Problem nur, beseitigen lässt es sich nicht", sagt Lang. Neben der Gummirübenkrankheit machten auch Wanzen und Waldkakerlaken den Landwirten das Leben schwer.

Für Bauern wie Sebastian Schaffner ist die Gummirübenkrankheit ein herber Schlag ins Kontor. Denn die Preise für Zucker auf dem Weltmarkt steigen wegen Ernteausfällen und Exportbeschränkungen in anderen Ländern. Wegen Stolbur entgeht den heimischen Landwirten nun ein gutes Geschäft. Nicht auszuschließen, sagt Schaffner, dass manche Gemüsearten von unseren Äckern verschwinden.

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