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Pfarrer in Rente: Betroffene einerseits erleichtert – andererseits enttäuscht vom Bistum

Blick auf den Limburger Dom entlang weiterer Gebäude.

Der frühere Westerwälder Bezirksdekan geht in den Ruhestand. Er soll als Pfarrer zwei Frauen sexuell belästigt haben. Eine Betroffene ist nun einerseits erleichtert - andererseits weiterhin enttäuscht vom Umgang des Limburger Bistums mit dem Fall.

Im Fall des Westerwälder Pfarrers Winfried Roth kehrt endlich Ruhe ein – oder zumindest der Ruhestand. Nachdem er im vergangenen Jahr nach Vorwürfen der sexuellen Belästigung als Bezirksdekan zurückgetreten war, hat seine Pfarrei in Hachenburg (Westerwald) nun bekanntgegeben: Roth wird nicht mehr zurückkehren aus einer Auszeit vom Pfarramt, die er sich im Dezember genommen hat. Er ist inzwischen in Rente gegangen.

Die rheinland-pfälzische Pfarrei Maria Himmelfahrt Hachenburg gehört zum katholischen Bistum Limburg. Im Gemeindebrief und einer Mitteilung, die auch auf der Facebookseite und der Webseite der Pfarrei veröffentlicht wurde, heißt es:

Es habe verschiedene Gespräche gegeben, man gehe diesen Schritt als Bistum nun in gemeinsamer Verantwortung mit Pfarrer Roth und danke ihm für seinen langjährigen Dienst.

Vorwürfe 2021 bekannt geworden

Hintergrund der Diskussion um den Pfarrer sind Fälle von sexueller Belästigung, die mehrere Jahre zurückliegen, aber erst 2021 bekannt wurden. Roth soll in den Jahren 2000 und 2007 zwei Frauen verbal und körperlich belästigt haben.

Obwohl die Vorwürfe im Bistum bekannt waren, war Roth noch zum Bezirksdekan befördert worden. Die Beilage Christ & Welt der Wochenzeitung Die Zeit hatte zuerst darüber berichtet.

Eine der Frauen, die unter dem Pseudonym Mathilda Frei auftritt, schilderte auch gegenüber dem hr ihre Erlebnisse. Sie hatte als Gemeindereferentin in einem Abhängigkeitsverhältnis zu Roth gearbeitet und kritisierte auch den Umgang des Bistums mit ihr in den Jahren nach den Vorfällen.

Betroffene: "Gefühl der Ambivalenz"

Roths Renteneintritt verbindet Frei nun mit einem "Gefühl der Ambivalenz". Einerseits sei sie erleichtert, dass der Pfarrer sich im dienstlichen Kontext nicht mehr übergriffig verhalten könne, gleichzeitig mache es sie wütend, dass er bei vollem Gehalt ohne persönliche Konsequenzen in Rente gehen könne. Die ausgesprochene Dankbarkeit für seinen Dienst sei "schwer auszuhalten", sagt Frei.

Außerdem kritisiert sie erneut den aus ihrer Sicht enttäuschenden Umgang des Bistums mit den Betroffenen: Die Mitteilung über den Ruhestand sei im Gemeindeblatt "still und leise" erfolgt, ohne die Hintergründe zu benennen und die Betroffenen vorher zu informieren.

"Wir beiden Betroffenen haben es, so wie damals die Entschuldigung, aus den sozialen Medien erfahren." Das sei intransparent und unsensibel gegenüber den Betroffenen, meint sie.

Bistum weist Kritik zurück

Das Bistum selbst weist diese Kritik an der Kommunikation zurück. Es sei üblich, den Renteneintritt eines Pfarrers innerhalb der Pfarrei zu kommunizieren und keine Pressemitteilung dazu herauszugeben.

Normalerweise gebe ein Pfarrer, der in Ruhestand geht oder die Pfarrstelle wechselt, dies selbst in seiner Pfarrei bekannt, sagt Bistumssprecher Stephan Schnelle. "Da Pfarrer Roth sich in einer Auszeit befand und nicht im Dienst war, ist der Weg der Mitteilung in den Gottesdiensten und der Veröffentlichung auf der Webseite gewählt worden."

Jeder könne die Webseite besuchen und sich informieren, sagt Schnelle. Von mangelnder Transparenz könne keine Rede sein. Warum die Hintergründe dort nicht genannt wurden, kommentierte das Bistum nicht.

Kommission sieht Versäumnisse

Im vergangenen Jahr hatte bereits eine Kommission zur Aufarbeitung den Fall untersucht: Sie bescheinigte Bischof Bätzing zwar aufrichtige Anteilnahme, aber auch eine zu lasche Aufsicht. Die Kommission kam zu dem Schluss, dass nicht zuletzt bei der Aufarbeitung der Vorwürfe viel schief gelaufen sei. Das Bistum habe die Opfer zu lange nicht ernst genommen, hieß es.

Roth hatte die Vorwürfe laut Bistum zum Teil eingeräumt und Reue gezeigt, aber insbesondere einen ihm vorgeworfenen körperlichen sexuellen Übergriff weiterhin abgestritten. Strafrechtlich relevant war sexuelle Belästigung zur mutmaßlichen Tatzeit nicht, sie gilt erst seit 2016 als eigener Straftatbestand.