Schüler benutzt Tablet im Unterricht

Das junge hessische Fach "Digitale Welt" wird ab dem Herbst an 52 weiteren Schulen unterrichtet. Nach knapp einem Jahr vergibt das Kultusministerium eine ausgezeichnete Note für das Pilotprojekt. Doch wer bildet eigentlich die Lehrer aus?

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Schulfach "Digitale Welt" – Bilanz nach einem Jahr

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Wie funktionieren Algorithmen? Was genau ist ein Netzwerk? Diese und noch viele weitere Fragen werden im Fach "Digitale Welt" behandelt. Es soll zeigen, wie Informatik eingesetzt werden kann, um die Welt nachhaltiger zu gestalten. Das Fach wird bundesweit nur in Hessen unterrichtet, die Pilotphase endet nun mit dem Schuljahr.

Das sei aber noch nicht das Ende des Fachs, betonte Kultusminister Alexander Lorz (CDU) am Mittwoch. Im Gegenteil: Im kommenden Schuljahr würden 52 weitere Schulen "Digitale Welt" anbieten. Damit könnten mehr als 9.000 Schülerinnen und Schüler das Fach belegen.

Zum Ende der Pilotphase zog das Kultusministerium ein positives Fazit. Minister Lorz sprach am Mittwoch von positiven Rückmeldungen, die die Relevanz des Faches zeigten. Man wolle weiter Vorreiter in Deutschland sein.

Erfahrungen aus Kassel

An insgesamt zwölf Schulen wurde das Fach im nun ablaufenden Schuljahr in mehreren fünften Klassen getestet – auf freiwilliger Basis und ohne Benotung. Die Georg-August-Zinn-Schule in Kassel hat an dem Pilotprojekt teilgenommen. Insgesamt belegten laut Schulleiter Dominik Becker 80 Schülerinnen und Schüler das neue Fach.

Becker ist zufrieden mit der Pilotphase, bei Eltern, Schülern und Lehrkräften sei das Fach gut angekommen. Lehrerin Lara Thiemann ist ebenfalls überzeugt, dass die Kinder viel lernen und "die Relevanz für ihre Lebenswelt erkennen". Das Fach breche außerdem die Geschlechtertrennung auf. Es ermutige Mädchen, sich mit digitalen Themen zu beschäftigen und wecke beispielsweise deren Interesse am Programmieren.

"Digitale Welt" soll grundlegende Kompetenzen der Informatik mit der ökonomischen und ökologischen Bildung verbinden. Im Unterricht werden auch Themen wie Datenschutz, Cyberkriminalität und Mediennutzung aufgegriffen.

Lehrerin Lara Thiemann steht vor einer Tafel

Die einzige Herausforderung sei die Weiterbildung. "Informatik ist kein gängiges Fach", erklärt Thiemann. "Interessierte Lehrkräfte müssten sich das Wissen selbst aneignen." Sie selbst unterrichtet Deutsch, Politik und Deutsch als Zweit- und Fremdsprache.

Schulfach kommt zu spät für Landeselternbeirat

Bei all der Begeisterung aus dem Kultusministerium werden auch kritische Stimmen laut. So bezeichnet der Vorsitzende des Landeselternbeirates, Volkmar Heitmann, das Schulfach als "Schaufenster-Politik". Dieses Fach hätte bereits vor zehn Jahren gestartet werden sollen.

"Es soll angeblich darum gehen, die Kinder für das Fach Informatik zu begeistern. Die Kinder sind davon begeistert, aber es fehlen die Lehrkräfte", kritisiert Heitmann. Es müsse die Basis dafür geschaffen werden, dass flächendeckend IT unterrichtet werden kann.

Im Unterricht werden für manche Einheiten Tablets eingesetzt. Diese werden in Kassel vom Medienzentrum gestellt, aber das ist nicht an allen Schulen der Fall. Hier offenbart sich ein Problem, denn seit Anfang des Jahres sind mobile digitale Endgeräte explizit von der Lehrmittelfreiheit ausgeschlossen. Das heißt, dass Eltern oder Schulträger diese Geräte anschaffen müssen. Elternbeiräte sehen darin die Gefahr einer wachsenden sozialen Ungerechtigkeit.

FDP spricht von "Fake-Fach"

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"Digitale Welt": Wie lautet die Bilanz?

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Auch die Landtagsfraktion der FDP findet deutliche Worte für das Pilotprojekt. Generalsekretär Moritz Promny bemängelt die fehlenden inhaltlichen Vorgaben und die fachfremden Lehrkräfte. Die Ausweitung auf 52 weitere Schulen sieht Promny als "Tropfen auf den heißen Stein". Sinnvoller wäre demnach Informatik als Pflichtfach. Die "Digitale Welt" bezeichnete Promny als "Fake-Fach".

Evaluation noch nicht abgeschlossen

Die Projektphase wurde durch das Hasso-Plattner-Institut in Potsdam und die Goethe-Universität in Frankfurt wissenschaftlich begleitet. Bisher vorliegende Ergebnisse bezeichnet das Ministerium als "vielversprechend". Nach der finalen Auswertung werde man schauen, wie es mit dem Schulfach weitergehen solle, so Lorz.

An der Georg-August-Zinn-Schule werden die Schülerinnen und Schüler nun auch in der sechsten Klasse weiter in "Digitale Welt" unterrichtet. Gleiches gilt für die anderen Schulen, die an dem Pilotprojekt teilgenommen haben.

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