Ein Mann hält zwei bunte Handpuppen in den Händen und lächelt in die Kamera. Im Bildhintergrund unscharf ein Kindergartenraum.

Erzieher Marco Reith will mehr Männer für die Arbeit in Kitas begeistern. In Fulda hat er mit seiner Arbeit schon erste Erfolge verbucht. Unterstützung gibt es von einer Bildungsgewerkschaft. Denn in Kitas wird ohne Ende Personal gesucht - ganz gleich welchen Geschlechts.

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Rollen-Klischees aufbrechen: Was mehr Männer für Kitas bringen

Ein Mann, am Tisch sitzend, hält zwei bunte Handpuppen in den Händen und spielt. Vor ihm im Bildvordergrund sitzen zwei Kinder (unscharf). Im Bildhintergrund unscharf ein Kindergartenzimmer mit Spielsachen.
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Den Kindern in der Kita "Fantasia" in Fulda ist es womöglich egal, wer ihnen mit Handpuppen etwas vorspielt. Hauptsache es ist lustig oder spannend - oder am besten beides. Marco Reith ist es aber nicht egal. Der Erzieher und Leiter der Kindertagesstätte im Stadtteil Harmerz will erreichen, dass mehr Männer in Kitas arbeiten.

Der 47-Jährige engagiert sich dafür, dass Männer in Kitas nicht mehr so deutlich in der Minderheit sind. Das Geschlechter-Verhältnis sei gesellschaftlich gewachsen und massiv im Ungleichgewicht. Sein Credo lautet: Mehr Männer in die Kitas!

"Der Erzieher-Beruf in Kitas wird zwar als Frauen-Domäne betrachtet. Doch das muss sich ändern. Das ist für mich eine Herzensangelegenheit. Und unsere Bemühungen für mehr männliche Mitstreiter haben auch schon Früchte getragen."

Fulda schon erfolgreich - Bilanz dennoch ausbaubar

Denn in Fulda zum Beispiel hat sich der Anteil der männlichen Erzieher in den vergangenen zehn Jahren gesteigert - wenn auch auf weiterhin sehr überschaubarem Niveau: von etwa drei Prozent auf heute 5,5 Prozent. Das sind 18 von 329 Erziehungskräften in den städtischen Kitas, wie die Stadt mitteilte.

Doch die Zahlen sind im landesweiten Vergleich noch niedrig. In Hessen liegt der Männer-Anteil in Kitas durchschnittlich bei 9,7 Prozent. Das geht aus dem Fachkräfte-Barometer Frühe Bildung 2023 hervor.

Aber die Stadt Fulda darf auf eine weiter positive Entwicklung hoffen. Denn der Nachwuchs ist im Kommen. In diesem Jahr sind sechs von 29 Auszubildenden männlich - das sind knapp 21 Prozent, wie die Stadt mitteilte.

Gegen veraltete Rollenbilder

Die Stadt engagiert sich in der Geschlechter-Gerechtigkeit und gibt Marco Reith Freiräume, damit er als Botschafter für seinen Beruf unterwegs ist. Wenn er nicht die Kita in Harmerz leitet, besucht er zum Beispiel Schulen oder Berufsmessen. Dort wirbt er für den Job - und schaut besonders nach dem männlichen Personal von morgen.

Die Gesellschaft und die Rollenbilder der Berufe seien weiter im Wandel, sagt Reith. "Früher hieß: Erziehungsarbeit in Kitas ist ein weiblicher Beruf. Frauen würden ja auch schließlich nicht KfZ-Mechaniker oder Dachdecker werden. Doch das ist natürlich falsch und überholt. Männer können ohnehin genauso sensibel sein wie Frauen als Erzieherinnen."

Reith findet: Es sei wichtig, Rollen-Klischees aufzubrechen, die es auch weit im 21. Jahrhundert noch gibt. "Männer können auch beim Spielen in der Puppenecke eine gute Figur machen und Frauen beim Fußballspielen mit den Kleinen. Jeder hat seine Stärken und Schwächen - unabhängig, ob Mann oder Frau."

Ein Mann (mittig) und zwei Frauen (rechts und links) sitzen am Tisch und lächeln in die Kamera. Vor ihnen liegen Kalender und Listen. Im Bildhintergrund unscharf ein Kindergartenraum.

Wichtige Bildungsarbeit leisten

Natürlich spielt auch das Geld bei der Geschlechterverteilung in den Kitas des Landes eine Rolle. Als Hauptgründe für die miese Männer-Quote unter den Erziehern nennt etwa das Bundesfamilienministerium "geringe Entlohnung, das traditionelle Bild des männlichen Familienernährers und die nicht entlohnte Ausbildung".

Dem entgegnet der Fuldaer Reith: Der Erzieher-Beruf sei finanziell nicht mehr so unattraktiv wie früher. Das Gehalt habe sich verbessert, für Berufseinsteiger liege es bei rund 3.200 Euro brutto. Und das sei auch gut so, denn der Erzieher-Job leiste wichtige Bildungsarbeit.

"Das Klischee der Bastel-Tanten, die Kaffee trinken und sich nett unterhalten können, stimmt in keiner Weise", betont Reith. Man begleite die Kinder dabei, wichtige Kompetenzen zu Beginn ihrer Bildungslaufbahn zu entwickeln.

Gewerkschaft: "Mehr Männer wären gut"

Unterstützung erhalten Kommunen wie die Stadt Fulda und Kita-Botschafter Marco Reith etwa von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Hessen. "Inhaltlich wäre es auf jeden Fall gut, wenn mehr Männer in Kitas als Fachkräfte arbeiten würden. Kinder, sowohl Jungen als auch Mädchen, brauchen männliche Rollenvorbilder", sagte der Landesvorsitzende Thilo Hartmann. Wenn die Tätigkeit in Kitas nicht mehr als reiner Frauen-Job wahrgenommen werden solle, dann müssten Kinder sehen und lernen, dass eben auch Männer einfühlsam sein können und trösten.

Doch auch besonders mit Blick auf den Fachkräftemangel sei es wichtig, etwas gegen die "weiterhin niedrigen Quoten männlicher Beschäftigter" zu tun, wie Hartmann mit Blick auf neueste Studien sagte.

Zu wenige Erzieher, zu wenige Plätze

Der Bertelsmann Fachkräfte-Radar für Kitas und Grundschule 2023 geht davon aus, dass der Mangel an Kita-Plätzen vor allem für die unter Dreijährigen problematisch ist. Die Zahl der fehlenden Plätze trotz Betreuungswunsch der Eltern beträgt zwischen 12,7 Prozent in Frankfurt und 54,3 Prozent im Kreis Groß-Gerau.

Aber auch bei Kindern, die älter als drei Jahre sind, fehlen Kapazitäten. Der Anteil der Kinder ohne Platz schwankt hier zwischen 0,5 Prozent in Kassel und 18,9 Prozent in Offenbach.

Bis zum Jahr 2030 fehlen mindestens 18.800 Fachkräfte

Laut dem Ländermonitor der Bertelsmann-Stiftung fehlen bis zum Jahr 2030 mindestens 18.800 Fachkräfte in Hessens Kitas. Die Ausbildungskapazitäten müssten um 108 Prozent gesteigert werden. Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, wurde in Hessen bereits Personal aus Kolumbien rekrutiert.

Marco Reith hofft, dass man gar nicht soweit in die Ferne schweifen muss für neues Personal, vor allem auch für weitere Männer, die in Hessens Kitas tätig werden. Zumindest wenn sie - wie er - keine Scheu haben, auch als Erwachsener mit Handpuppen zu spielen.

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