Eine medizinisch technische Assistentin üebrprüft eine Blutprobe

Künstliche Intelligenz kann große Datenmengen schnell auswerten. Das will sich ein Marburger Forscherteam zunutze machen. Es arbeitet an einer KI, die Blutproben analysiert. Sie könnte dabei helfen, dass weniger Antibiotika verschrieben werden.

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KI-Projekt an der Uni Marburg

Mann sitzt vor einem Compterbildschirm mit einer Tabelle
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Ein Antibiotikum oder kein Antibiotikum? Für viele Ärzte ist das oft die Frage, wenn sie einen Patienten mit einer Infektion behandeln sollen. Im Zweifel entscheiden sich Mediziner häufig dafür, die Medikamente zu verschreiben - zu häufig, wie Studien und Befragungen immer wieder ergeben.

Einer der Gründe: Um die Ursache für die Erkrankung herauszufinden, sind Laboruntersuchungen nötig, und die können mitunter zwei bis drei Tage oder länger dauern. Derweil können sich die Infektionen verschlimmern.

Antibiotika wirken aber nur bei bakteriellen Infektionen, nicht gegen Viren oder Autoimmunerkrankungen wie Morbus Crohn. Mehr noch: Bei bestimmten Autoimmunkrankheiten können Antibiotika sogar schädlich sein.

Kann KI Infektionsarten unterscheiden?

Hier setzt ein Projekt eines Forscherteams der Philipps-Universität Marburg an, das jüngst zu Ende gegangen ist. Die Frage war: Kann Künstliche Intelligenz (KI) schnell und zuverlässig virale von bakteriellen Infektionen unterscheiden?

Die Antwort ist ja. Das Team hat Blut von 80 Patientinnen und Patienten mit einfachen Tests auf Entzündungsparameter analysiert, die sowohl bei viralen und bakteriellen Infekten und auch bei Autoimmunerkrankungen vorkommen.

Das Team habe bewusst einfache Tests genommen, wie sie zum Beispiel in Notaufnahmen verwendet werden, denn dort muss es schnell gehen, erklärt Studienleiter Jörg Hoffmann, Oberarzt am Universitätsklinikum Gießen Marburg. Die Ergebnisse wurden dann mit denen von 38 gesunden Kontrollpersonen verglichen.

Resultate liegen sehr viel schneller vor

Mit den gewonnenen Daten wurde eine speziell entwickelte KI gefüttert. "Es ist eine so genannte erklärbare KI", sagt Michael Thrun, Dozent für Mathematik und Computerwissenschaft an der Uni Marburg und als KI-Experte an der Studie beteiligt. "Das bedeutet: Die KI hat nicht nur eine Diagnose durchgeführt, sondern auch erklärt, wie diese Diagnose zustandekommt."

Nach dem Training der KI und einer Validierung konnte die KI die beiden Patientengruppen auseinanderhalten und zwischen bakteriellen und viralen Infektionen und Autoimmunerkrankungen unterscheiden - und das innerhalb von weniger als zwei Stunden und mit einer Genauigkeit von 80 bis 90 Prozent.

KI könnte helfen, Behandlungsfehler zu vermeiden

Langfristig seien viele Anwendungen der KI denkbar, sagt Thrun, "das könnte toll werden in Zukunft." Doch das Team sei noch ganz am Anfang. Zunächst müsste die KI an größeren Patientengruppen getestet werden.

Dann könnte sie zum Beispiel im Krankenhaus eingesetzt werden, um schnell die richtige Behandlung zu wählen und Fehler zu vermeiden.

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