Portraits von Salman Rushdie, Motis Mabuse und Olaf Scholz als Collage zusammengefasst auf einem blauen Hintergrund mit halbtransparenten kleinen Buchmessen-Logos.

Wenn im Oktober die 75. Frankfurter Buchmesse startet, dann wird es voll auf dem Gelände: Die Messe erwartet ein sattes Besucherplus. Auf dem Programm steht viel Politik. Ein dominantes Thema der vergangenen Jahre soll aber keine Rolle mehr spielen.

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Buchmesse erwartet kräftiges Besucherplus

Bücher sind an einem Stand in den Hallen auf der Leipziger Buchmesse ausgestellt (dpa)
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Mit Freude, aber auch einer Portion Unbehagen blickt Juergen Boos, Chef der Frankfurter Buchmesse, auf das 75. Jubiläum der weltgrößten Bücherschau (vom 18. bis 22. Oktober). Zur Freude trägt bei, dass bislang mehr als doppelt so viele Tickets verkauft wurden wie zum gleichen Zeitpunkt des vergangenen Jahres.

Die Zahl der Aussteller sei um etwa zehn Prozent gestiegen, im vergangenen Jahr waren es rund 4.000 aus 100 Ländern. Selbst aus Ländern wie China oder Indien - Länder, von denen er geglaubt habe, sie schotten sich zunehmend ab - seien so viele Verlage wie noch nie präsent, sagte Boos.

Tiefe Verunsicherung in der Branche

Mit Unbehagen blickt Boos dagegen auf die weltpolitische Lage, die sich auch im Programm der Buchmesse widerspiegeln wird. Er sei in den vergangenen Monaten viel unterwegs gewesen, berichtete Boos bei der Vorstellung des Programms am Mittwoch. Dabei habe er eine tiefe Verunsicherung bei Verlagen, Autorinnen und Autoren gespürt.

Das sei unter anderem dem Erstarken autoritärer Populisten und Zensurversuchen von Jugendbüchern zum Beispiel in Amerika geschuldet. Zudem säßen Autorinnen und Autoren etwa in Iran im Gefängnis, Verleger bekämen kein Visum.

Dominierendes Thema: KI

Ein weiterer Grund der Verunsicherung in seiner Branche sei das Thema Künstliche Intelligenz, sagte Boos. Dass etwa ChatGPT mit Büchern gefüttert werde, um sich weiterzuentwickeln, ist für Boos ein klarer Verstoß gegen das Urheberrecht.

Betroffen seien auch Übersetzerinnen und Übersetzer, "die wir als gleichberechtigt neben den Autoren sehen", sagte Boos. Vieles sei eine Grauzone. Fest stehe: "Es ist ein Riesenthema, es geht um viel Geld."

Politische Debatten im Frankfurt Pavillon

Und so wird vor allem der Frankfurt Pavillon auf dem Außengelände wieder zum Zentrum politischer Debatten etwa über Menschenrechte, den Klimawandel und Nachhaltigkeit. Erwartet werden unter anderem Claudia Roth, (Bundesbeauftragte für Kultur und Medien), Deniz Yücel (PEN Berlin) oder Irina Scherbakowa (Schriftstellerin, Mitgründerin der Menschenrechtsorganisation Memorial).

Auf der Literaturbühne von ARD, ZDF und 3sat debattieren unter anderem die Klima-Aktivistin und Gründerin der "Letzten Generation" Lea Bonasera, die ehemalige Femen-Aktivistin Zana Ramadani sowie die KI-Expertin und Gründerin Mina Saidze. Die enge Kooperation mit ukrainischen Verlagen werde fortgesetzt, berichtet Boos. Einen russischen Nationalstand werde es weiter nicht geben.

Salman Rushdie kommt nach Frankfurt

Boos erklärte, er freue sich besonders, dass Autor Salman Rushdie den Weg nach Frankfurt auf sich nehme. Der indisch-britische Schriftsteller wird bei der Buchmesse erwartet und erhält den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Boos sagte, es sei Rushdies erster großer internationaler Auftritt seit dem Attentat vor einem Jahr.

Im August 2022 wurde der von Islamisten bedrohte Schriftsteller in den USA auf offener Bühne mit einem Messer angegriffen. Rushdie ist seitdem auf dem rechten Auge blind. In Frankfurt soll er auch an einer Literaturgala auf dem Messegelände teilnehmen.

Rechte Verlage haben "Lust verloren"

Auf die Frage, ob rechte Verlage bei der Frankfurter Buchmesse vertreten seien, sagte Buchmesse-Sprecher Torsten Casimir, die Lage habe sich verändert: "Es kommt so gut wie niemand mehr. Die haben die Lust daran verloren, bei uns Opfergeschichten zu provozieren." Im Ausstellerverzeichnis werde man die "einschlägigen Verdächtigen" nicht mehr finden.

Last but not least sei die Buchmesse aber auch immer ein Treffpunkt von Prominenten: in diesem Jahr unter anderem die Moderatorinnen Motsi Mabuse und Verona Pooth, der Komiker Otto Waalkes oder der Designer Guido Maria Kretschmer.

Jubiläumsfeiern in der ganzen Stadt

Anlässlich des Jubiläums werden auf dem Paulsplatz 75 Regiestühle aufgebaut, auf denen Besucher über einen QR-Code 75 persönliche Geschichten aus 75 Jahren Buchmesse hören können. Der Messeturm wird mit Hilfe einer Digitalagentur - durch eine VR-App betrachtet - zum größten Bücherstapel der Welt. In einem von 75 Bücherschränken in der Stadt wird ein "goldenes Ticket" versteckt, das Zugang zu allen Buchmesse-Veranstaltungen ermöglicht.

Einiges hat die Buchmesse neu organisiert: Statt stundenlangem Anstehen an Ständen überall auf der Messe gibt es erstmals ein "Meet the Author"-Areal, in dem man vorab einen Termin buchen kann. Die Publikumsveranstaltungen in der Stadt ("Bookfest") finden erstmals ausschließlich in Buchhandlungen, Büchereien und Bibliotheken statt. Neu ist auch ein spezielles Angebot für Familien unter dem Namen "Frankfurt Kids Festival".

Eröffnung mit Bundeskanzler Scholz

Eröffnet wird die Buchmesse am 17. Oktober von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und der slowenische Staatspräsidentin Nataÿa Pirc Musar. Slowenien ist Gastland der Messe und wird sich traditionell im Ehrengast-Pavillon und auf einer großen Zahl von Veranstaltungen in Frankfurt präsentieren. Am 16. Oktober wird der Deutsche Buchpreis vergeben.

2019 waren mehr als 300.000 Besucher nach Frankfurt gekommen, 2022 waren es 180.000.

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