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Diese fünf Kultkneipen sind aus ihren Städten nicht mehr wegzudenken

Glasmosaik von Bierkrügen

Wohnzimmer, Partyhöhle und Zufluchtsort - das alles kann die Kneipe um die Ecke sein. Doch Inflation, steigende Mieten und Personalmangel machen es den Wirten nicht leicht, viele müssen aufgeben. Wir stellen fünf Läden vor, die dem Trend trotzen - und wo Stammgäste zu neuen Wirten wurden.

Die mit Corona verbundenen Einschränkungen sind überstanden. Trotzdem läuft in vielen Kneipen der Betrieb nicht wie vorher. Die größte Herausforderung für die Kneipen seien die gestiegenen Energiekosten, sagt Oliver Kasties, Interims-Geschäftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (DEHOGA).

Aber auch Personalmangel und Konsumzurückhaltung nennen die Wirtinnen und Wirte als für sie problematische Entwicklungen. Die Menschen gehen weniger aus - und sie geben weniger Geld aus. "47 Prozent der Kneipenbesitzer fürchten eine existenzbedrohende Lage", sagt Oliver Kasties.

Aber es gibt auch Gegenbeispiele. Kneipen, die schon seit vielen Jahren ein fester Bestandteil und Mittelpunkt ihrer Stadt oder ihres Stadtteils sind. Was sie so besonders macht und was sie aus vergangenen Krisen gelernt haben, erzählen die Wirte hier.

"Die Theke" in Darmstadt

Ein Mann im roten Pullover hinter einem Biertresen

"Alles hier drin ist von 1983", sagt Thomas Hess stolz über die Einrichtung seiner Kneipe. Als er "Die Theke" am Rand der Darmstädter Innenstadt 2004 übernahm war klar: Der Charme muss erhalten bleiben. Gäste hätten hier schließlich schon ganz besondere Momente erlebt, erzählt er: "Leute haben sich hier drin kennengelernt und danach geheiratet."

Relativ neu ist in der Kneipe nur das "Aquarium". Als 2007 das Rauchverbot in der Gastronomie eingeführt wurde, musste Hess kreativ werden. Seine Kneipe besteht nur aus einem Raum. Ein eigener Raucherbereich war auf den ersten Blick nicht umsetzbar. Mit Glas und Holz trennte er eine Ecke der Kneipe ab - mit einem Schiebefenster zur Theke, dem Herz der kleinen Kneipe. Auf das selbstgebaute "Aquarium" ist er noch immer stolz.  

Ungefähr so stolz wie auf die zwölf Biersorten an seiner Theke und die Gastfreundschaft seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: "Ich lege großen Wert darauf, dass die Leute prompt bedient werden, wenn sie reinkommen." Das Personal sei angewiesen, sie wie Freunde zu behandeln. Und für die Stammgäste zapfe man hinter der Theke schon ein Bier, sobald sie durch die Tür kommen.

"Lokalbahnhof" in Offenbach 

Ein Mann mit Cowboyhut lehnt an einer Kneipen-Wand

Die Kneipe "Lokalbahnhof" liegt passend zum Namen in der Bahnhofstraße in Offenbach - auch wenn es da heute gar keinen Bahnhof mehr gibt. Aber bis 1955 stand der Lokalbahnhof der heute stillgelegten Eisenbahnstrecke zwischen Frankfurt und Offenbach nur wenige Meter entfernt von der heutigen Kneipe. Der Vorgänger von Wirt Holger Horns hatte die Idee, die Geschichte in der Kneipe wieder aufleben zu lassen. Heute entdeckt man überall in der Kneipe Anspielungen auf den historischen Bahnhof.  

Horns selbst war lange Stammgast im "Lokalbahnhof". Als der alte Besitzer den Laden aufgeben wollte, seien viele erschüttert gewesen, erinnert sich Horns: "Unser zweites Wohnzimmer kommt unter die Räder." Also übernahm er die Kneipe 2021 selbst. Und mit den Räumen auch die Philosophie seines Vorgängers: "Tresenwürfelei und Spielautomaten sind nichts für uns. Wir setzen auf gepflegte Konversation." Das Konzept scheint aufzugehen: Die Altersspanne der Besucher reicht von Anfang 20 bis über 80 Jahre.

"Lorbass" in Gelnhausen

Zwei Männer mit Vollbärten und Tattoos hinter einem Tresen

Die Musikkneipe "Lorbass" in Gelnhausen (Main-Kinzig) gibt es seit 1980 - seit zweieinhalb Jahren unter neuer Leitung. Die früheren Mitarbeiter Nicolas Jung und Alexander Schmidt haben die Kneipe im Oktober 2020 übernommen. Der Vorbesitzer hatte den Betrieb wegen der Coronaauflagen nicht weiterführen wollen.

In der Belegschaft seien damals viele Tränen geflossen, erinnert sich Schmidt. In vielen Gesprächen unter den Mitarbeitern hätte es geheißen: Wäre schön, wenn das unser Laden wäre. "Und wir zwei haben dann gesagt: Warum probieren wir es nicht einfach?", erinnert sich Schmidt.

Besonders stolz sind Jung und Schmidt auf die Vielfalt ihres Pubs: Fast jede Musikrichtung und jedes Alter treffen sich im Lorbass. Bands aus der ganzen Welt treten auf der kleinen Bühne auf und die Kneipe eignet sich zum Feiern und um gemütlich eine der 15 Biersorten zu testen, die sie an ihrer Theke ausschenken.  

"Ulenspiegel" in Gießen

Ein Mann und eine Frau stehen in einer Kneipe

Während andere ihre Kneipen während der Pandemie schließen mussten, haben Tobias und Brigitte Bach eine neue eröffnet. Vorher hatten sie einen Club und daneben ein kleines Restaurant betrieben. "Corona hat uns mit den harten Fakten konfrontiert", erinnert sich Tobias Bach. Das Restaurant lohnte sich einfach nicht mehr.

Wegen Corona aufzugeben war für beide nicht denkbar: "Den Laden dicht zu machen und einen Job in der freien Wirtschaft suchen war für uns nie eine Option. Dafür sind wir zu lange und auch zu gerne in der Gastro, um so etwas auch nur zu denken", sagt Tobias Bach. Ein neues Konzept musste her. Und so wurde 2020 aus dem Restaurant "Kleiner Lenz" die Kneipe "Ulenspiegel 53".

Der Ulenspiegel-Club nebenan, in dem am Wochenende wild gefeiert werden kann, ist unter der Woche Ausrichtungsort für Kulturveranstaltungen wie Konzerte und Poetry Slams.

"Joe’s Garage" in Kassel

Ein Mann sitzt an einem Tresen-Tisch, im Hintergrund amerikanische Automotive

Wer "Joe’s Garage" betritt macht einen Zeitsprung in das Amerika der 60er Jahre - und landet in einer Autowerkstatt mit Bildern von Autos und Straßenschildern an den Wänden. "Ganz früher hatten wir auch mal einen Cadillac hier stehen. Aber die Partys am Wochenende haben ihn nach anderthalb Jahren zerpflückt", erinnert sich Besitzer Carsten Bischoff.  

Seit 1991 führt Bischoff die Kneipe und hat es seither nie bereut: "Es ist und war mein Leben." 1996 kommt nicht nur Miteigentümer Dirk van der Werft ins Team, sondern auch eine große Leinwand in die Kneipe. Pünktlich zur Fußball-Europameisterschaft. Das erste Public Viewing in Kassel ist geboren. Aber auch an Lesungen von Rudolf Schenker von den "Scorpions" und Martin Semmelrogge erinnern sich die Besitzer gerne zurück.  

"Für viele ist das auch ein Stück Heimat, das haben wir beim Corona-Lockdown gesehen", erzählt Bischoff. Viele der Gäste habe er in der Nähe der Kneipe bei einem Kiosk gesehen. Auch da ging die Kunden-Pflege weiter: "Denen hab habe ich ab und an eine Kiste gebracht, bevor das Bier abläuft bei uns."

Ihre Kommentare Was macht eine echte Stammkneipe für Sie aus?

9 Kommentare

  • Hallo,

    Für mich muss eine Kneipe ein stimmiges Konzept haben. Da muss alles zusammenpassen. Ansprechende Location, gutes Bier (spezielle Biersorten wie Duckstein, gerne auch Becks, vielleicht auch Jever, aber bitte kein Krombacher) und auch eine Speisekarte für den kleinen und großen Hunger. Aufmerksames Personal ist wichtig, ich möchte nicht erst am Tresen anrufen müssen, um mein nächstes Bier zu bekommen (habe ich alles schon erlebt). Halbwegs stimmige Preise runden das Ganze ab.

    Viele Grüße

    Fred Erik

  • Ich bin kein Kneipengänger.

    Aber ich finde, eine Stammkneipe sollte vom Ambiente und Eindruck her nicht austauschbar sein, am besten mit einem Original als Wirt, und sie sollte im Idealfall schon immer dagewesen sein.
    In meiner Stadt gibt es das "Spässchen" mit einer Wirtin, die mit Sicherheit viele Geschichten erzählen könnte, Bildern mit längst vergessenen Stadtansichten darauf und einer Stammtischbesatzung, die Dich freundlich begrüsst, auch wenn Du nur alle 5 Jahre mal zum Frühschoppen kommst.

    Vor ein paar Jahren hatten sie dort ihr 100jähriges - ich hoffe, dass noch mal mindestens so viele Jahre folgen!

  • Nichts, weil ich kein Kneipengänger bin.

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